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Piraten auf Erfolgskurs

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Piraten auf Erfolgskurs

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    Piraten auf Erfolgskurs
    Piraten auf Erfolgskurs

    Sie werden Politrebellen und Freibeuter genannt, sie surfen auf der Erfolgswelle, entern Parlamente und kapern die deutsche Politik – die Piraten bestimmen plötzlich die Schlagzeilen. Und die etablierten Parteien sind durch den Höhenflug der unkonventionellen jungen Wilden irritiert und aufgeschreckt.

    Wer geglaubt hatte, bei dem triumphalen Einzug der Piraten ins Berliner Abgeordnetenhaus handele es sich lediglich um ein Großstadt-Phänomen, sah sich getäuscht. Auch im Saarland schaffte die vor fünf Jahren gegründete Partei locker den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Jüngste Umfragen sagen ihr den Einzug in die Landesparlamente Schleswig-Holsteins und Nordrhein-Westfalens voraus. Und selbst in Bayern, würde am Sonntag ein neuer Landtag gewählt, wären die Piraten mit fünf Prozent der Stimmen im Maximilianeum vertreten.

    Doch wie bitte erklärt sich der Erfolg einer Truppe, die außer der Forderung nach einem gläsernen Staat und dem Ruf nach mehr Bürgerrechten und Transparenz programmatisch nichts zu bieten hat? Eine Parteilinie, unterfüttert mit Inhalten, haben die Piraten noch nicht gefunden, zu wichtigen Themen wie etwa der Finanzpolitik haben sie sich erst gar nicht geäußert.

    Fakt ist: Die Piraten wildern in allen politischen Lagern. Im Saarland etwa holten sie 15 Prozent ihrer Stimmen bei früheren Wählern von CDU, SPD und Linken, sechs Prozent bei den Grünen. Mehr als 20 Prozent ihrer Wähler gewannen sie in jener Gruppe, die vorher aus Politikverdrossenheit und Enttäuschung über die etablierten Parteien zu Hause geblieben war. Sie punkteten bei Angestellten, Arbeitern und Selbstständigen gleichermaßen – also keinesfalls nur in den Reihen der jugendlichen Twitter- und Facebook-Generation.

    Beim politischen Establishment macht sich zunehmend Unbehagen darüber breit, dass ein Konkurrent Furore macht, von dem laut Umfragen ein Viertel der Wähler gar nicht weiß, wofür er eigentlich steht. Wirklich verstanden wird das Phänomen dieser Bewegung nicht.

    Die Piraten stehen für eine sozial-liberale Politik, sagt Aleks Lessmann, Geschäftsführer des Landesverbandes Bayern. Die Partei habe damit eine ideale Nische gefunden, die SPD und FDP längst frei gemacht hätten. Doch reicht dies, um sich nachhaltig im Parteiensystem zu verankern? Zweifel sind erlaubt.

    Es wird sich zeigen, was passiert, wenn die Piraten erst einmal in den Mühlen der parlamentarischen Arbeit stecken, wenn sie thematisch Farbe bekennen müssen. Oder sind sie tatsächlich nur eine Protestpartei, die in erster Linie von der Schwäche der politischen Gegner profitiert und deren Glanz bald wieder verblassen wird?

    Schon jetzt werden Vergleiche gezogen mit Schweden, dem Ursprungsland der Piraten. Dort hatte die gerade einmal drei Jahre alte Partei im Juni 2009 mehr als sieben Prozent bei der Europawahl geholt. Es war ihr größter Erfolg und gleichzeitig der Beginn eines rapiden Abstiegs. Inzwischen ist die Unterstützung für die schwedischen Piraten in den Meinungsumfragen kaum noch messbar.

    Davon sind die Piraten hierzulande ein gutes Stück entfernt. Sie wollen mit Basisdemokratie weiter für Furore sorgen und damit zu einer dauerhaften Konkurrenz für die etablierten Parteien werden. Noch muss sich erst zeigen, ob die wie Phönix aus der Asche der Politikverdrossenheit aufgestiegenen Senkrechtstarter Lösungen für die drängendsten Probleme des Landes haben. Wie gesagt, programmatisch stecken die Piraten noch in den Kinderschuhen. Ernst nehmen sollte man sie allemal.

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