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Libyen-Krieg mit hohen Risiken

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Libyen-Krieg mit hohen Risiken

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    Libyen-Krieg mit hohen Risiken
    Libyen-Krieg mit hohen Risiken

    Gaddafis Luftwaffe ist ausgeschaltet, der zwischenzeitlich drohende Triumph des Diktators über die Aufständischen verhindert. Ohne das Eingreifen der westlichen Militärallianz wäre der Freiheitstraum der Libyer längst im Blut erstickt worden. Das Nahziel der Uno-Resolution 1973, die Zivilbevölkerung vor den Übergriffen der regimetreuen Truppen zu schützen, ist also erreicht. Der ungleich schwierigere und riskantere Teil der Mission beginnt erst.

    Denn jetzt stellt sich die Frage, wie es eigentlich weitergehen soll. Und sogleich zeigt sich, dass die mit ehrenwerten Motiven und einem Mandat der Vereinten Nationen geführte Militäroperation ohne hinreichende Klarheit über das gemeinsame Ziel und die Bedingungen eines Rückzugs erfolgt ist. Da Gaddafi aus der Luft allein nicht zu besiegen ist und der Tyrann offenbar nicht zur Aufgabe bereit ist, nimmt das Risiko der Nato, in einen langen Bürgerkrieg verwickelt zu werden, bereits greifbare Gestalt an.

    Für einen Sturz Gaddafis, der nach gegenwärtigem Stand nur mit dem Einsatz von Bodentruppen zu erzwingen wäre, haben die Alliierten kein völkerrechtliches Mandat. Aber was passiert, wenn das angestrebte „Gleichgewicht der Kräfte“ zwischen den Truppen Gaddafis und den Rebellen nicht zustande kommt? Dann wird die Versuchung wachsen, zu massiveren Mitteln zu greifen und den Rebellen den Weg nach Tripolis freizubomben. Das käme dann, was das Völkerrecht verbietet, der einseitigen Parteinahme in einem Bürgerkrieg gleich und sorgte womöglich für neuen antiwestlichen Aufruhr in der arabischen Welt. Sosehr man sich ein Ende der Terrorherrschaft Gaddafis wünscht, so sind doch seine Gegner, an deren Spitze viele langjährige Handlanger Gaddafis stehen, keine lupenreinen Demokraten. Der Schutz der Zivilbevölkerung (dann unter umgekehrten Vorzeichen) erforderte auch bei einer Niederlage Gaddafis die längere Präsenz der Nato.

    Man sieht: Auch dieser auf den ersten Blick gerecht anmutende, völkerrechtlich legitimierte Krieg kann in einem Desaster enden und seine hehren Ziele verfehlen. Die Nato führt erstmals Krieg, ohne dass ihr Bündnisgebiet unmittelbar bedroht wäre. Es geschieht im Namen der Menschenrechte, doch um den Preis hoher, von der Bundesregierung zu Recht beschworener Risiken. Erst am Ende werden wir wissen, ob diese Intervention – trotz der unvermeidlichen zivilen Opfer – richtig war und ihren Zweck erfüllte: der Welt zu zeigen, dass ein Despot sein Volk nicht nach Belieben drangsalieren darf, und zugleich dem freiheitlichen Umbruch in der arabischen Welt eine Bresche zu schlagen. Nicht einzugreifen und zuzusehen, das wäre – alles in allem genommen – die schlechtere Entscheidung gewesen.

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