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Leitartikel von Winfried Züfle: Gaddafis letzte Schlacht

Leitartikel von Winfried Züfle

Gaddafis letzte Schlacht

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    Winfried Züfle
    Winfried Züfle Foto: Wagner

    Dieses Mal wird der Diktator den Kopf nicht mehr aus der Schlinge ziehen können. Die Kämpfe können sich zwar noch eine begrenzte Zeit hinziehen, aber Muammar al-Gaddafi hat auf Dauer keine Chance, dem vereinten Druck von Rebellen und Nato zu widerstehen.

    Seit mehr als 40 Jahren beherrscht Gaddafi das ölreiche Land an Afrikas Nordküste. Zunächst versuchte der Oberst, der 1969 durch einen Putsch gegen König Idris an die Macht kam, sich als Sozialrevolutionär darzustellen. Seine kruden Gedanken präsentierte er in einem „Grünen Buch“, das als Kontrastprogramm zum in den 1970er Jahren auch bei der europäischen Linken populären „Roten Buch“ des Chinesen Mao gedacht war. Schon dieses Ansinnen zeigte, dass Gaddafi unter maßloser Selbstüberschätzung leidet. Als er intellektuell nicht durchdringen konnte, verlegte er sich darauf, mit seinen Ölmilliarden den internationalen Terrorismus zu fördern. Unter den Schurken dieser Welt gehörte er bald zu den schlimmsten. Auf sein Konto geht der Absturz eines PanAm-Jumbos 1988 über dem schottischen Lockerbie, bei dem 270 Menschen ihr Leben verloren.

    Seit der Jahrtausendwende versuchte Gaddafi, sich als seriöser Staatsmann zu gerieren, und tatsächlich gelang es ihm, die Wirtschaftsbeziehungen zu den Industriestaaten auszubauen und als Staatsgast nach Paris und Rom eingeladen zu werden. Ironischerweise fällt ausgerechnet in diese Periode der vom Vorbild Tunesien inspirierte Aufstand des Volkes gegen den Alleinherrscher.

    Erstaunlich ist eigentlich nur, dass sich Gaddafi so lange halten kann. Dies liegt an dem Druck, dem die Menschen im Herrschaftsgebiet des Tyrannen ausgesetzt sind, und an der inneren Teilung Libyens. In dem Wüstenland spielt die Stammeszugehörigkeit noch immer eine große Rolle. Die von Gaddafi bevorzugten Stämme haben bis heute nicht mit ihm gebrochen. Die Rebellen, die ihre ersten Erfolge im Osten des Landes erzielten, konnten diese unsichtbare Grenze nicht beseitigen. Hinzu kommt, dass Gaddafi mit viel Geld und auch mit unappetitlichen Zugaben wie Viagra seine Soldateska bei Laune halten konnte. Ob dieser Mechanismus noch funktioniert, wenn die Truppen vor der physischen Vernichtung stehen, ist allerdings fraglich.

    Die Uhr für Gaddafi läuft ab. Die Rebellen konnten dank der Unterstützung durch die Nato-Bomber inzwischen in die Hauptstadt Tripolis eindringen. Es ist nur zu hoffen, dass der Sieg der Rebellen nicht zu einer fürchterlichen Abrechnung mit Gaddafi-treuen Bevölkerungsteilen führt. Unrecht ist kein Fundament für einen neuen Staat. Nach 40 Jahren Diktatur hat Libyen so viele Defizite, dass nicht weitere hinzukommen dürfen.

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