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Leitartikel: Freunde werden sie nicht mehr

Leitartikel

Freunde werden sie nicht mehr

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    Winfried Züfle
    Winfried Züfle Foto: Wagner

    Wenn die Chemie nicht stimmt, dann entsteht keine gute Verbindung. Zwischen den Chefs der beiden größten Militärmächte der Welt, US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Wladimir Putin, bestehen offenkundig keine Anziehungskräfte. Beide sind zu unterschiedlich. Der Kremlchef ist ein zupackender, aggressiver Politiker mit einem Hang zur Selbstherrlichkeit und einer tiefen Verachtung für die Mühen der parlamentarischen Demokratie. Der US-Präsident dagegen ist ein Visionär, ein begnadeter Redner, ein Mann des Wortes und ganz sicher ein lupenreiner Demokrat, aber seine Durchsetzungsfähigkeit ist begrenzt, sein Handeln eher zögerlich. Diese beiden Persönlichkeiten passen nicht zusammen.

    Doch sie müssen miteinander auskommen. Mehr noch: Sie sind zum gemeinsamen Erfolg verdammt. Das gebieten die Probleme der Weltpolitik, aktuell ist das vor allem der Fall Syrien. Beim bevorstehenden Gipfeltreffen der stärksten Wirtschaftsmächte der Welt (G20), das morgen im russischen St. Petersburg beginnt, werden Obama und Putin gemeinsam mit den anderen Präsidenten und Regierungschefs am großen Tisch sitzen. Und bis vor kurzem sollte es auch dabei bleiben. Auf eine persönliche Begegnung am Rande wollten Obama und Putin verzichten. Das ist jetzt vernünftigerweise vom Tisch: Unter dem Druck der

    Das Verhältnis zwischen den USA und Russland hat sich seit Jahren immer stärker abgekühlt. Im Hintergrund steht der Anspruch Putins, als Weltmacht wahrgenommen zu werden, ein Anspruch, den sein schwacher Vorgänger Boris Jelzin in den 90er Jahren aufgegeben hatte. Der schöne Traum der

    Zudem haben kleine, bösartige Nadelstiche die russisch-amerikanische Beziehung vergiftet. Angefangen hat die jüngste Eskalation mit einem mysteriösen Todesfall. Der für einen westlichen Investmentfonds tätige Wirtschaftsprüfer Sergej Magnitzki war 2009 in russischer Untersuchungshaft ums Leben gekommen. Nach langem Hin und Her verboten die USA als Reaktion russischen Funktionären, denen sie Menschenrechtsverstöße vorwarfen, die USA zu betreten. Moskau antwortete ebenfalls mit Einreiseverboten. Und es reagierte auf den Tod eines russischen Kindes in den USA mit dem Verbot für alle Amerikaner, Waisen aus Russland zu adoptieren.

    In diesem Sommer schließlich bescherte der Zufall Putin die Gelegenheit, Obama zu düpieren – und er zögerte nicht. Er gewährte dem auf einem Moskauer Flughafen gestrandeten, von Washington gesuchten Geheimnisverräter Edward Snowden Asyl. Dieser hatte das fragwürdige Treiben des US-Geheimdienstes NSA im internationalen elektronischen Datenverkehr aufgedeckt.

    Obama wird den Ärger schlucken müssen. Der US-Präsident kann im Gespräch mit Putin zwar nicht den Bürgerkrieg in Syrien beenden. Aber er muss den Kremlherrscher dazu bringen stillzuhalten, wenn die USA mit Militärschlägen auf den Einsatz von chemischen Massenvernichtungswaffen im Umfeld von Damaskus reagieren.

    Ob es dazu kommt, ist fraglich, denn Obama hat die Entscheidung den Abgeordneten des Kongresses überlassen. Putin wird ihm das als Schwäche auslegen. Man darf auf das Treffen gespannt sein.

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