Lehrer sind faule Säcke: Als er dieses schlimme Vorurteil hinausposaunte, war sich Altkanzler Gerhard Schröder des Applauses sicher. An den Stammtischen waren sich die Leute einig. Jeder hatte einen Lehrer in seinem Bekanntenkreis, der nachmittags auf dem Tennisplatz anzutreffen war, der mehrmals im Jahr sein Wohnmobil packte und mit der ganzen Familie in wochenlange Ferien aufbrach. Schröder hat damit den Lehrern einen Bärendienst erwiesen. Schließlich sind sie es doch, die gemeinsam mit den Eltern kommende Generationen bilden und auch erziehen sollen. Und die meisten tun das mit hohem Einsatz.
40 Prozent der Lehrer wurden schon bepöbelt
Tatsächlich arbeiten Lehrer im Schnitt 50 Stunden in der Woche, oft am Abend, wenn andere schon längst Feierabend haben. Und am Wochenende. Sie müssen sich neben den Politiker-Frotzeleien auch gefallen lassen, dass ihre Qualifikation angezweifelt wird („Die wissen ja gar nicht, wie es im Berufsleben ausschaut“). 40 Prozent der Lehrer berichten, dass sie schon einmal angepöbelt wurden, vier Prozent wurden bedroht und 1,4 Prozent wurden schon einmal körperlich attackiert. Dazu kommt oft psychischer Druck, wenn beispielsweise übereifrige Eltern immer wieder versuchen, Noten ihrer Kinder mithilfe von Rechtsanwälten anzufechten. Die Konsequenz: Jeder dritte Lehrer leidet einmal in seinem Berufsleben unter Burnout. Viele melden sich erschöpft in den Vorruhestand ab.
Absolventen drängen in die Schulen
Wie kommt es, dass trotzdem so viele junge Menschen den Lehrerberuf anstreben? Kann sein, dass sich viele einfach einen „sicheren Job“ wünschen. Sie staunen dann, wenn sie die zweite Staatsprüfung abgelegt haben und nicht übernommen werden. Natürlich gibt es Bedarfsprognosen. Doch die scheinen viele nicht ernst zu nehmen. So ist bereits bekannt, dass im Jahr 2015 an bayerischen Gymnasien 750 Stellen zu vergeben sein werden, aber jetzt schon absehbar 2330 Bewerber in die Schulen drängen.
Der Lehrerberuf gehört inzwischen wieder zu den angesehensten, wie kürzlich eine Umfrage ergab. Allerdings: Der gleichen Umfrage zufolge sind zwar 39 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass Lehrer viel für die Allgemeinheit tun, aber nur 18 Prozent glauben, dass diese Arbeit auch Spaß macht. Erfreulicherweise aber haben die meisten Lehrer noch Spaß an der Arbeit. Sie mögen die jungen Menschen, mit denen sie es zu tun haben. Und für diese holen sie das Beste heraus – trotz aller Kapriolen der Bildungspolitik.
Die Grundschullehrer versuchen ihre heterogene Schülerschaft über die Lernanfänge hinaus auf die weiterführenden Schulen vorzubereiten. Auch wenn es nicht immer gelingt, den Druck, der sich bei vielen dabei aufbaut, in erträglichem Rahmen zu halten. Die Lehrer haben zwar gewisse Handlungsspielräume, sind aber im Großen und Ganzen an Lehrpläne und andere Rahmenbedingungen gebunden.
Erziehung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Die Gymnasiallehrer, egal, ob sie Anhänger des G8 oder des alten G9 sind, haben jetzt von Radikalreformen genug. Sie wollen ihre Arbeit machen. Dafür fordern sie zu Recht ausreichend Personal, um die Jugendlichen so fördern zu können, wie es zum einen im verdichteten G8 und zum anderen bei einer Schülerschaft mit breit gefächertem Begabungspotenzial nötig wäre.
Auch die Lehrer aller anderen Schularten sind stärker gefordert als früher. Von ihnen wird erwartet, dass sie Kinder und Jugendliche gebildet und gereift den Hochschulen und den künftigen Arbeitgebern übergeben. Dabei wird gerne übersehen, dass die Erziehung der jungen Menschen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Eltern, Lehrherren und auch die Hochschulen können nicht alle Verantwortung auf die Schule abladen.