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Leitarikel: Schwarz-Rot im Kommen

Leitarikel

Schwarz-Rot im Kommen

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    Walter Roller
    Walter Roller

    Das Saarland ist zu klein, als dass sich aus dem Ergebnis der Landtagswahl sichere Rückschlüsse auf die politische Großwetterlage im Bund ziehen ließen. Es war ja nur ein Vorspiel zu den ungleich bedeutenderen Mai-Wahlen in Schleswig-Holstein und vor allem in Nordrhein-Westfalen, die zu einem echten bundespolitischen Stimmungstest taugen und zugleich den Auftakt eines langen Bundestagswahlkampfes markieren werden. Interessantes Anschauungsmaterial liefert das Saarland gleichwohl. Im Kleinen ist dort nämlich jenseits landespolitischer Besonderheiten zu besichtigen, was sich im Großen seit längerem abzeichnet.

    Erstens: Schwarz-Gelb hat seinen Kredit verspielt und durch den Niedergang der FDP,  die von ihren enttäuschten Wählern geradezu pulverisiert wird, auf unabsehbare Zeit keine Chance mehr. Weder in den Ländern noch im Bund.

    Zweitens: Es gibt – alles in allem besehen – eine satte Mehrheit links von der Union, aber keine sichere Basis für rot-grüne Regierungsbündnisse. Der SPD, von alter Stärke weit entfernt, ist die Meinungsführerschaft im linken Lager längst entglitten. Und die Bäume der Grünen wachsen halt doch nicht, wie man nun sieht, in den Himmel.

    Drittens: Die neue Unübersichtlichkeit der Parteienlandschaft, die durch den kometenhaften, aus dem Nichts erfolgten Aufstieg der Piraten zusätzlich in Bewegung gerät, macht die Bildung von sogenannten kleinen, aus zwei Parteien gebildeten Koalitionen mangels Masse zunehmend schwieriger.

    Die Modelle „Jamaika“ (CDU, Grüne, FDP) und „Ampel“ (SPD, Grüne, FDP) beflügeln immer wieder mal die Phantasie, sind aber – zumal mit einer aus den Fugen geratenen, ums nackte Überleben kämpfenden FDP – kaum realisierbar. Da überdies dem Volk gerade in unsicheren Zeiten nicht nach Experimenten, sondern nach stabilen Regierungsverhältnissen und möglichst viel gemeinsamem Handeln zumute ist, steigen die Aktien für das großkoalitionäre Modell.

    Das Bündnis der nicht mehr ganz so großen, stetig an Bindekraft verlierenden Volksparteien, das im Lehrbuch der Demokratie eigentlich nur für den Ausnahme- und Notfall vorgesehen ist, gewinnt in einer ausfransenden Parteien-Konstellation an Attraktivität. Gerade das Elend der in Berlin regierenden Koalition, die sich mühsam über die Runden quält und allenfalls ein paar Reförmchen zuwege bringt, taucht die Arbeit der schwarz-roten Allianz in den Jahren 2005 bis 2009 in ein mildes Licht. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung mit dem Gedanken an eine Neuauflage durchaus anfreunden könnte. In der Euro-Frage, die Deutschlands Politik auf Jahre hinaus in Atem halten wird, sitzen Union und SPD längst wieder in einem Boot. Es ist eine aus der Not geborene informelle Große Koalition, die sich 2013 bei Bedarf in eine regierende transferieren lässt.

    Das gilt umso mehr, als Union und SPD auf vielen klassischen Konfliktfeldern längst näher beieinander sind, als es die parteipolitische Rhetorik vermuten lässt. Und je weniger Richtungsstreit in der Sache herrscht, desto mehr kommt es bei Wahlen auf die Führungsautorität und die Zugkraft des jeweiligen Spitzenpersonals an. Deshalb hat Angel Merkel, die unaufgeregte, irgendwie präsidial agierende Kanzlerin, im Spiel um die Macht anhaltend gute Karten. Zwar kommt der CDU-Vorsitzenden der bisherige Koalitionspartner FDP abhanden. Doch wenn es – wonach zur Stunde vieles spricht – am Wahltag X nicht für Rot-Grün reicht, dann ist der Weg für die Fortsetzung ihrer Kanzlerinnenschaft an der Seite der Sozialdemokratie geebnet.

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