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Kommentar: Wer hört Wulff noch zu?

Kommentar

Wer hört Wulff noch zu?

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    Jürgen Marks
    Jürgen Marks

    Christian Wulff hat sich selbst schwer beschädigt und auch sein Amt in Mitleidenschaft gezogen. Dabei geht es längst nicht mehr um einen Kredit von Freunden oder günstige Bankzinsen. Es geht auch nicht nur um Halbwahrheiten oder den ungelenken Versuch, die Bild-Zeitung mit „Kriegsdrohungen“ zu erpressen.

    Nein, Christian Wulff ist in den vergangenen Tagen in die Nähe der Lächerlichkeit gestolpert. Ein Staatsoberhaupt, das sich in einem Schaukampf um Glaubwürdigkeit mit dem Chefredakteur eines Boulevardblattes duellieren muss, ist zu leicht für dieses gewichtige Amt.

    Denn Glaubwürdigkeit und Autorität sind die elementaren Voraussetzungen, die ein Bundespräsident erfüllen muss. Wulff hat beides in den vergangenen Wochen scheibchenweise verloren. Damit hat er das Recht verwirkt, die höchste moralische Instanz Deutschlands zu sein. Wer würde ihm noch ehrlich zuhören, wenn er versucht, dem Land Orientierung zu geben? Wulff erntet ja schon Widerspruch, wenn er nur behauptet, „ein guter Präsident“ zu sein.

    Nun wird dieses Land nicht nachhaltig beschädigt, wenn es einen ersten Repräsentanten hat, der noch mitten in seinen Lehrjahren steckt. Deutschland hält auch einen Wulff aus. Egal ob er bleibt oder doch noch zurücktritt.

    Entscheidend wird dagegen sein, ob die Politik aus der Causa Wulff die richtigen Schlüsse zieht. Es darf sich im Sinne des Amtes nicht wiederholen, dass ein Staatsoberhaupt nicht wegen seiner Eignung, sondern aus parteitaktischem Kalkül ausgewählt wird, um dann von der Bundesversammlung gewählt zu werden.

    Stattdessen naht der Zeitpunkt, an dem eine Debatte um die Direktwahl des Bundespräsidenten geführt werden muss. Es mag gute Argumente dafür gegeben haben, die Entscheidung der Politik zu überlassen. Doch spätestens nach der misslungenen Auswahl Wulffs und den Folgeschäden sollten die Menschen das Recht erhalten, ihren Präsidenten selbst zu wählen.

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