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Kommentar: Vorsichtige Kurskorrekturen

Kommentar

Vorsichtige Kurskorrekturen

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    Vorsichtige Kurskorrekturen
    Vorsichtige Kurskorrekturen

    Er spricht lieber von der „Weiterentwicklung der kirchlichen Praxis“ und der „Mitverantwortung für eine lebendige kirchliche Lehre“. Doch er sagt damit, dass es so nicht weitergehen kann mit dem Katholizismus in Deutschland. Die Kirche ist (nicht nur in den vergangenen Wochen) in eine schwere Vertrauenskrise gestürzt.

    Die Abweisung einer vergewaltigten Frau in zwei katholischen Kliniken, das Zickzack bei der „Pille danach“ und der Bruch mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle hat eine ungeheuere Debatte ausgelöst. Hartnäckig war das Versagen der Kirche Thema von Talkshows und kritischer Presse. Die bedrängten Bischöfe beklagten „gezielte Stimmungsmache“. Auf ihrer Vollversammlung in Trier mäßigten sie ihre Medienschelte und sprachen bußfertig von „Anlass zur Demut“ und von „eigenem Versagen“.

    Die Wogen glätten wollen sie nun mit zwei Ansätzen: vorsichtige Zugeständnisse an eine zunehmend kritische Öffentlichkeit und ebenso vorsichtige Kurskorrekturen. Kurzfristig nahmen sie immerhin die „Pille danach“ und die Aufarbeitung der sexuellen Gewalt auf ihre Tagesordnung. Und siehe da: Eine veränderte ethische Beurteilung der neuen Präparate für vergewaltigte Frauen ist nicht nur möglich, sondern wurde sogar binnen kürzester Frist vom Vatikan abgesegnet. Offenbar passt sich das bedächtige päpstliche Lehramt dem beschleunigten Takt des modernen Lebens an, wenn der Druck der Öffentlichkeit nur groß genug ist.

    Auch bei der wissenschaftlichen Auswertung des sexuellen Missbrauchs bemüht sich die Bischofskonferenz, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen. Ja, die Wahrheit soll ans Licht kommen, verlässliches Datenmaterial aus den Personalakten erhoben und Erkenntnisse über das Vorgehen der Täter und das Verhalten der Vorgesetzten gewonnen werden, beteuert der Vorsitzende. An diesen klaren Worten wird man Erzbischof Zollitsch messen.

    Weitaus schwerer tun sich die Bischöfe mit Reformen, wie sie auch die große Mehrheit der Katholiken von ihrer Kirche erwartet. Wenn sich im ZDF-Politbarometer von ihnen 84 Prozent für eine Freigabe des Zölibats und 75 Prozent für die Zulassung von Frauen zum Priesteramt sowie 79 Prozent für eine zweite kirchliche Trauung nach einer Scheidung aussprechen, dann zeigt dies, wie wenig die Bischöfe die theologischen Begründungen dafür noch vermitteln können.

    Dabei droht ihnen selbst die treueste Gefolgschaft von der Fahne zu gehen. Die selbstbewusste neue Frauengeneration will sich mit ihren Begabungen und Fähigkeiten ins kirchliche Leben einbringen – oder sie geht woanders hin. Diese klare Botschaft mussten die Bischöfe in Trier zur Kenntnis nehmen. Katholikinnen hören noch viel zu oft in ihrer Kirche, was sie nicht dürfen.

    Zollitsch gelobte in Trier Besserung und konkrete Maßnahmen, damit Frauen ehren- und hauptamtlich mehr Einfluss in der Kirche gewinnen. Tatsächlich erhöht sich seit Jahren in den Diözesen der Anteil von Frauen in mittleren und gehobenen Führungspositionen. Insgesamt bleibt er jedoch immer noch bescheiden.

    Der springende Punkt ist, ob die Frauen einmal auf gleicher Augenhöhe mit Männern im Weiheamt handeln. Kardinal Kasper begeisterte mit der Anregung, das Amt der Diakonin zu schaffen. Es bleibt ein Traum, solange Rom nicht Ja sagt. In Deutschland ließe sich derweil die Einstellung der Kleriker zu Frauen gründlich verändern.

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