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Kommentar: Vertrauen verspielt

Kommentar

Vertrauen verspielt

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    Er gilt als haushoher Favorit, glaubt man der Brüsseler wie Berliner Gerüchteküche. Wenn im Sommer kommenden Jahres die Amtszeit von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen endet, hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière angeblich die größten Chancen, die Nachfolge des Dänen anzutreten. Der CDU-Politiker würde damit nicht nur den wichtigsten Posten im nordatlantischen Verteidigungsbündnis übernehmen, sondern auch in die Fußstapfen von Manfred Wörner treten, der von 1988 bis zu seinem Tod 1994 als bislang einziger Deutscher an der Spitze der Brüsseler Kommandobehörde stand.

    Eine Bedingung allerdings gibt es: Thomas de Maizière muss bis dahin als Verteidigungsminister im Amt bleiben. Als Ex-Minister wären seine Chancen praktisch gleich null. Was vor wenigen Wochen noch als völlig undenkbar erschien, ist mit einem Schlag zu einem akuten Problem geworden. Ausgerechnet Thomas de Maizière, der solide, verlässliche, affärenfreie und preußisch-korrekte Vorzeigeminister der schwarz-gelben Koalition, kämpft kurz vor der Bundestagswahl um sein politisches Überleben. Die Umstände um den abrupten Absturz der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ im Mai, die seit Montag ein Untersuchungsausschuss des Bundestags aufzuklären versucht, lassen ihn und seine Amtsführung schlecht aussehen, schon zu Beginn ist der Versuch der Koalition, rot-grüne „Geburtsfehler“ der Euro-Hawk-Beschaffung nachzuweisen, wie eine Seifenblase zerplatzt. Am kommenden Mittwoch, wenn de Maizière selber vor dem Ausschuss Rede und Antwort steht, könnte es für ihn um alles oder nichts gehen.

    Wieder einmal erweist sich das Wehrressort als das schwierigste und affärenanfälligste Ministerium, das es gibt. Ein gewaltiger aufgeblähter Apparat mit zivilen und militärischen Doppelstrukturen an zwei Dienstorten. Thomas de Maizière war im Begriff, im Rahmen der Bundeswehrreform auch sein Haus umzubauen, die Strukturen zu verschlanken, die Zahl der Mitarbeiter zu verringern und eine neue Verantwortungskultur einzuführen, doch das könnte für ihn zu spät kommen.

    Dabei bräuchte die Bundeswehr gerade jetzt einen starken, handlungsfähigen und vor allem unbelasteten Minister, der nicht mit seiner eigenen Verteidigung beschäftigt ist, sondern alle Kraft für sein Ressort zur Verfügung hat. Die Stimmung in der Truppe ist äußerst schlecht, der Vorsitzende des

    Thomas de Maizière, Sohn des legendären Generalinspekteurs Ulrich de Maizière, genoss bei seinem Wechsel ins Wehrressort das Vertrauen der Soldaten, da nach dem glamourösen und sprunghaften Guttenberg preußische Tugenden wie Seriosität, Ordnung und Disziplin in den Bendlerblock einzogen. Zwei Jahre später ist davon nicht mehr viel übrig geblieben, beim Euro-Hawk-Debakel dreht sich alles um die Frage, ob der Minister sein Haus nicht im Griff hatte und von seinen eigenen Leuten nicht informiert wurde, oder ob er vor dem Parlament die Unwahrheit gesagt hat. Beides spricht nicht für ihn. Weder als Verteidigungsminister noch als Nato-Generalsekretär.

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