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Kommentar: Seehofer auf dem Olymp

Kommentar

Seehofer auf dem Olymp

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    Seehofer auf dem Olymp
    Seehofer auf dem Olymp

    Nein, eine Überraschung war es am Ende nicht. Dass Horst Seehofer bei der Wahl zum Parteivorsitzenden ein ausgezeichnetes Ergebnis erhalten würde, war in Reihen der CSU-Delegierten schon vor der Abstimmung erwartet worden. Selbstverständlich werde der Chef vor den entscheidenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD nicht geschwächt, hieß es – so etwa, wie es die Sozialdemokraten eine Woche zuvor mit Sigmar Gabriel getan hatten. Auch, dass Seehofer in die Nähe der bisherigen Spitzenwerte eines Franz Josef Strauß oder Edmund Stoiber kommen könnte, war keineswegs ausgeschlossen worden. Mit 95,3 Prozent, dem besten Resultat seiner fünfjährigen Amtszeit, ist Seehofer nun in jenen sagenumwobenen Bereich vorgestoßen, in dem sich Strauß und Stoiber einst bewegten, die 99 und 97 Prozent der Stimmen erreicht hatten. Er, der die CSU in der Zeit ihrer schwersten Krise übernahm, ist so stark wie nie.

    Seehofer hat die CSU in Bayern zurück zur absoluten Mehrheit geführt, er hat mit seiner Partei einen hohen Anteil am guten Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl und er hat bei den Koalitionsverhandlungen bisher klargemacht, bei seinen vollmundigen Wahlversprechen Wort zu halten: Pkw-Maut für Ausländer, Mütterrente, keine Steuererhöhungen oder Beibehaltung des umstrittenen Betreuungsgeldes – vieles deutet heute darauf hin, dass sich der CSU-Chef mit seinen Forderungen durchsetzen kann.

    Seehofer weiß, dass vor dem Erfolg noch harte Verhandlungen stehen. Von schweren Tagen spricht er selbst. Doch zumindest die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel, lange kein Fan von Autobahngebühr und Betreuungsgeld, hat er schon einmal auf seiner Seite. Ob er letztlich auch die SPD von seinem Bayern-Plan überzeugen kann, bleibt abzuwarten. Zumindest der Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids zum Koalitionsvertrag wird in der CSU durchaus skeptisch beurteilt. Selbst auf die Gefahr hin, Schwarz-Rot könnte am Ende scheitern, beharren die Christsozialen auf ureigenste Positionen. Das Regierungsprogramm müsse so aussehen, dass auch die CSU-Basis zustimmen könnte, wenn sie denn gefragt würde, heißt es auf dem Parteitag.

    So besehen hat Seehofer für die abschließenden Gespräche mit Kanzlerin Merkel und SPD-Chef Gabriel einen klaren Auftrag. Man bekennt sich zwar zur Großen Koalition, jedoch nicht um jeden Preis. Und auch von möglichen Neuwahlen spricht in München kaum einer. Als weitaus wahrscheinlicher wird da schon eine neu aufflammende Debatte um Rot-Rot-Grün gehalten – vor allem nach der jüngsten Öffnung der SPD für ein Bündnis mit der Linkspartei.

    Ungeachtet dessen wird die Union in der heißen Phase der Verhandlungen auf die Umsetzung zentraler Wahlziele pochen. Seehofer hat bereits rote Linien gesteckt, die er nicht überschreiten will. Auf dem Höhepunkt seiner Macht hält er die Trümpfe im Koalitionspoker. Der CSU-Chef muss die Karten nur noch richtig ausspielen.

    Ja, Seehofer braucht jenes taktische Geschick, das er auch in seiner Partei unter Beweis gestellt hat. Trotz seiner Ankündigung, 2018 Abschied von der Politik nehmen zu wollen, und obwohl er in den vergangenen Jahren viele führende Parteifreunde öffentlich gemaßregelt und vor den Kopf gestoßen hat, hat ihn die CSU mit einem Spitzenergebnis sozusagen auf den Olymp gehoben. Seehofer weiß, dass dies nicht so bleiben wird. Schon jetzt wird in der CSU geunkt, bereits nach der EuropaWahl könnten die Zeiten wieder unruhiger werden und die Nachfolgedebatte Schwung aufnehmen.

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