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Kommentar: Gauck setzt Kontrapunkte

Kommentar

Gauck setzt Kontrapunkte

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    Gauck setzt Kontrapunkte
    Gauck setzt Kontrapunkte

    Die Fähigkeit des evangelischen Pastors, den richtigen Ton zu treffen, ohne zu predigen, ist bekannt. Doch es gibt einen zweiten, mindestens ebenso wichtigen Punkt, der seinem Besuch in Oradour-sur-Glane fast 70 Jahre nach dem Massaker der SS besondere Bedeutung verleiht: Gauck hat ein Konzept über den Anlass hinaus.

    Es ist kein Zufall, dass er bereits zwei Schauplätze deutscher Gräueltaten – Lidice in Tschechien und Sant’Anna di Stazzema in Italien – aufgesucht hat. Gauck setzt ganz gezielt Kontrapunkte. Der Besuch ist ein Statement gegen die lange geübte deutsche Praxis, die Familien der Opfer hinzuhalten. Da wurden Entschädigungszahlungen bis vor wenigen Jahren mit Verweis auf fehlende Friedensverträge verweigert. Gleichzeitig weist Gauck mit seinem Besuch die unsäglichen Relativierer in die Schranken, die das Massaker an Zivilisten – ganz wie einst die Nazis – als Vergeltung der Besatzer gegen die Résistance legitimieren.

    Nicht unter den Tisch fallen darf dabei, dass Gauck diese Kontrapunkte nur setzen konnte, weil Paris und auch das jahrzehntelang widerstrebende Oradour ihn eingeladen haben. Eine Geste der Versöhnung, die die aktuelle Aufregung über den deutsch-französischen Zwist um die Zukunft Europas überdauern wird.

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