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Kommentar: Die EU hat keine Lust mehr auf das Thema Brexit - und wird hart

Kommentar

Die EU hat keine Lust mehr auf das Thema Brexit - und wird hart

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    Wann kommt der Brexit? Die EU wünscht sich inzwischen vor allem Klarheit.
    Wann kommt der Brexit? Die EU wünscht sich inzwischen vor allem Klarheit. Foto: Kirsty Wigglesworth, dpa

    Niemand zweifelt daran, dass die 27 EU-Staaten einer Verschiebung des Brexits zustimmen. Denn im Falle einer Ablehnung würde Brüssel eine Steilvorlage liefern, um später als der Schuldige für einen ungeordneten Austritt der Briten aus der Union abgestempelt zu werden. Andererseits wollen die Staats- und Regierungschefs aber auch nicht zu allem Ja und Amen sagen, was in London entschieden wird – oder nicht. Zugleich versuchen die Staatenlenker, Premierminister Boris Johnson nicht zu verprellen. Der hatte sich auf den 31. Oktober festgelegt, könnte diesen Termin mit Vertrag sogar noch schaffen, falls in der kommenden Woche das Parlament doch noch mit Mehrheit für den Deal stimmt.

    Donald Tusk will den Brexittermin flexibilisieren: Mehr Entgegenkommen geht nicht

    Aber Brüssel will sich für alle Fälle rüsten. Also braucht die EU27 jetzt einen Beschluss, der beides möglich macht: eine kurze und eine lange Verschiebung. EU-Ratspräsident Donald Tusk drängt deshalb auf eine flexible Lösung, die übrigens keine neue Erfindung ist: Auch das ursprünglich von der EU gesetzte Ultimatum bis zum 31. Oktober hätte Großbritannien problemlos unterbieten können, wenn man sich denn geeinigt hätte. Genau dieses Modell wird die Gemeinschaft nun wieder beschließen: Bis zum 31. Januar 2020 soll der Austritt vollzogen werden. Wenn Johnson früher eine Mehrheit zusammenbekommt, dürfen die Briten auch in wenigen Tagen oder Wochen gehen. Mehr Entgegenkommen geht nicht.

    Früher hätte die EU den Brexit gerne verhindert - jetzt nicht mehr

    Es mag ja sein, dass einige Fanatiker jenseits des Kanals immer noch glauben, die EU arbeite mit allen möglichen Tricks, um den Brexit am Ende doch noch auszuhebeln. Sie irren sich. Nach dem Referendum vor drei Jahren gab es tatsächlich den Gedanken, die Anforderungen an einen Austritt so hoch zu legen, dass Großbritannien sie niemals schaffen würde. Noch bis ins vergangene Jahr hinein nervte Tusk jede britische Regierung damit, dass er in alle Schlussdokumente der Gipfeltreffen hineinschreiben ließ, man werde auf ein Umdenken der Briten in Sachen Brexit wohlwollend reagieren. Doch diese Töne sind verstummt.

    Das quälende Ringen um einen Deal hat die EU müde gemacht. Inzwischen wünschen sich die Mitgliedstaaten nichts mehr als Klarheit, um auf die dann eintretende Situation reagieren zu können. Und um mit London auch die anschließenden Verträge über die beiderseitigen Beziehungen und den gemeinsamen Handel anzugehen. Doch London sollte diese aufkommende Unlust am Brexit-Thema nicht falsch einschätzen: Sie bewirkt nämlich nicht Nachgiebigkeit, sondern zunehmende Härte in den Gesprächen.

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