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Kommentar: Abenteuer Stadionbesuch

Kommentar

Abenteuer Stadionbesuch

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    Abenteuer Stadionbesuch
    Abenteuer Stadionbesuch

    Düsseldorf hat bislang keine besonders großen Spuren in der deutschen Fußball-Geschichte hinterlassen. Der einzige Meistertitel stammt aus dem Jahr 1933. Ende der 70er Jahre kamen noch zwei DFB-Pokalsiege dazu. Das war’s.

    Nun aber könnte es sein, dass die Stadt am Rhein zum Ort einer Zäsur im deutschen Fußball wird. Dienstagabend haben hunderte Fortuna-Fans, im Glauben, der Bundesliga-Aufstieg sei perfekt, das Spielfeld gestürmt. Keine Hooligans, sondern eine gedankenlose Masse, die blind dem Herdentrieb gefolgt ist. Man erlebt so etwas in Kaufhäusern, wenn alles raus muss und blanke Gier regiert. Nur nehmen die Kunden dort den Laden nicht auseinander.

    Dabei war Düsseldorf nicht der Gipfel der jüngsten Stadionauswüchse. Auslöser für den Ansturm der Pyromanen war Begeisterung, nicht Zerstörungswut. Aber auch im Guten steckt etwas Schlechtes. Wozu unkontrollierter, massenhafter Jubelsturm auf engen Räumen führen kann, ist durch viele Tragödien dokumentiert.

    In den Fußball-Standorten Frankfurt, Dortmund, Köln und Karlsruhe, die mit ihren Pyro-Szenarien und deren medialer Verbreitung den Boden für Düsseldorf bereitet haben, flogen Feuerwerkskörper, schnitten Zuschauer Netze ab, demolierten Torstangen und gruben den 100000-Euro-Rasen um. Ein Bagger – und sie hätten das Stadion abgerissen. Schöne Freude.

    Mit den jüngsten Ereignissen ist das überwunden geglaubte Fanproblem in die Bundesliga-Stadien zurückgekehrt. Zu den Hooligan-Hochburgen Dresden und Leipzig sind neue Problemstandorte in den alten Bundesländern gekommen. Das alles in einer Woche, an deren Ende sich der Fußball von seiner besten Seite zeigen möchte: beim Champions-League-Finale in München. Das Treffen mit den gefürchteten englischen Fans könnte zur Lehrstunde werden. Die Mittel, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) für Stadionrandale vorsieht, blieben in den jüngsten Fällen wirkungslos. So wie alles, was die Vereine unternommen haben, die Sicherheit in den Arenen zu erhöhen. Fanbeauftragte, Fanprojekte, enger Kontakt zu den Anhängern, Großaufgebote an Ordnungskräften. Mehr, heißt es, geht nicht.

    Damit will sich der DFB nun nicht mehr zufriedengeben. Er möchte einen neuen Weg gehen – vor allem einen härteren. Die Gewalt, die vor einigen Jahren durch das Engagement der Vereine, durch Polizei und Überwachungstechnik aus den Stadien verdrängt wurde, darf nicht wieder dorthin zurückkehren. Inzwischen baut auch die Politik zu Recht Druck auf. Während Millionen in Spieler investiert werden, dürfen Profiklubs nicht an der Sicherheit sparen.

    Patentrezepte aber gibt es nicht. Die Innenräume wieder durch Zäune abzugrenzen, ist kein Mittel. Viele Menschen haben an Metallgittern ihr Leben gelassen. Der DFB weiß, dass der Fußball-Boom mit den ständig steigenden Zuschauerzahlen den Familien zu verdanken ist. Die neuen Arenen haben den Stadionbesuch zum Vater-Mutter-Kind-Ereignis gemacht. Die Bilder der vergangenen Tage dagegen schüren Angst.

    Vom Himmel sind sie nicht gefallen. Als Massenphänomen ist der Fußball Spiegelbild und Projektionsfläche gesellschaftlichen Handelns. Welcher Fan bezahlt den Schaden, den er angerichtet hat? Keiner. Genauso wenig wie eine Bank für jene Milliarden geradesteht, die sie verbrannt hat. Warum zeigen immer weniger Verantwortung für ihr Handeln? Woher die verstärkte Nehmen-was-man-kriegen-kann-Mentalität – und dann nichts wie weg? Antworten liefert fast jedes F-Schüler-Spiel. Eltern, die den Schiedsrichter beschimpfen und übereinander herfallen. Kinder, die nachahmen, was ihnen die Alten vormachen.

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