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Kolumne: Seehofer und Söder gehen fragwürdig mit Medien um

Kolumne

Seehofer und Söder gehen fragwürdig mit Medien um

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    Medienschelte: Horst Seehofer und sein Nachfolger Markus Söder verpassen den Medien eine Schelte nach der anderen.
    Medienschelte: Horst Seehofer und sein Nachfolger Markus Söder verpassen den Medien eine Schelte nach der anderen. Foto: Peter Kneffel, dpa (Archiv)

    Die Selbst-Radikalisierung und AfD-isierung der CSU schreitet voran. Auch in der Medienpolitik. Schon in ihrem Grundsatzprogramm forderte die ARD und ZDF unter einem Dach an.“ Hätte nur noch gefehlt, dass sich ihre Vertreter den „Lügenpresse“-Rufern angeschlossen hätten.

    Was Horst Seehofer jetzt nachholte. Es ist schon ein paar Tage her, dass der CSU-Vorsitzende und Bundesinnenminister der Passauer Neuen Presse sagte: „Es gibt immer mehr Falschmeldungen. Die Medien sind in einer Krise. Wir reden immer über die Gefahren russischer Einflussnahme über Fake News. Wir müssen nicht nach Russland schauen. Die meisten Fake News werden in Deutschland produziert, von Medien wie Politikern.“

    Der Deutsche Journalisten-Verband reagierte empört darauf und verlangte eine Entschuldigung von Seehofer – ausgerechnet jenen „Minister, der kraft seines Amtes die Grundwerte der Verfassung schützen soll“, also gerade auch die Pressefreiheit. Bis Donnerstagnachmittag blieb diese Entschuldigung aus.

    Journalistik-Professor Klaus Meier: Das sei Journalistenhetze

    Der Eichstätter Journalistik-Professor Klaus Meier schrieb in einem Gastbeitrag im Donaukurier, was man zu Seehofers Einlassungen sagen muss: „Mit dieser Behauptung (dass die meisten Fake News in Deutschland produziert würden, die Red.) reiht sich Horst Seehofer ein zu Donald Trump, AfD, Pegida – und eine Reihe von Regierungen und Politikern in Europa, die mit ,alternativen Fakten‘ Propaganda betreiben und gegen Journalisten hetzen.“ Was der deutsche Innenminister sage, „ist wissenschaftlich nicht haltbar. Die Journalismusforschung belegt genau das Gegenteil: Journalismus geht immer besser gegen Falschmeldungen vor.“

    Meier weiter: „Horst Seehofer befeuert das Misstrauen und die Ängste von etwa 15 bis 20 Prozent der Menschen in Deutschland, die der Propaganda der Rechten aufsitzen und denken, sie würden permanent manipuliert. Das ist für eine informierte und diskursive Öffentlichkeit nicht hilfreich, ohne die die Demokratie nicht atmen kann.“

    Meier kritisierte auch Markus Söder, Seehofers Nachfolger als bayerischer Ministerpräsident, im Donaukurier: „Wenn Markus Söder immer wieder von ,Asyltourismus‘ oder ,Asylgehalt‘ spricht, werden die pauschalisierenden Erzählungen der Rechten in die Mitte der Gesellschaft geholt.“ Söder übrigens steht Seehofer in Sachen Medienschelte in nichts nach. In einem Gastbeitrag für Die Welt schrieb er unter anderem: „Wir müssen die Sorgen der Bevölkerung endlich ernst nehmen. Mancher Feuilletonist kategorisiert diese Sorgen gerne in gute und schlechte.“ Als schlechte Sorgen würden „diejenigen vor dem Verlust kultureller Identität, vor Überfremdung oder vor wachsender Kriminalität stigmatisiert“.

    Bedenklich wie Söder Schuldzuweisungen austeilt

    Bedenklich und bezeichnend, wie Söder hier mit Schuldzuweisungen und Begriffen operiert. Wieso schreibt er von „gut“ und „böse“, nicht von „begründet“ und „unbegründet“? Wieso verwendet er das Wort „Überfremdung“? Ein auch bei Rechtsextremen beliebtes Wort. Es ist das „Unwort des Jahres“ 1993 – ein „Scheinargument gegen Zuzug von Ausländern“, wie die Jury ausführte: „… ,Überfremdung‘ wurde zur Stammtischparole, die auch die undifferenzierteste Fremdenfeindlichkeit ,argumentativ‘ absichern soll.“ Ergo: Politiker sollten auch in Wahlkampfzeiten auf ihre Sprache achten. CSU-Politiker, die ja der AfD den politischen Kampf angesagt haben, in besonderem Maße.

    AfD-Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland antwortete kürzlich auf die Frage einer Kollegin der Deutschen Presse-Agentur, ob es ihm gelungen sei, die Grenzen des Sagbaren in der Politik zu verschieben: „Ja, wir haben dafür gesorgt, dass über das Thema der Massenmigration gesprochen wird. Da hat sich inzwischen viel verändert, wenn Herr Söder sagt, dass der Asyl-Tourismus zu Ende gehen muss oder wenn Herr Dobrindt von  der Anti-Abschiebe-Industrie spricht. Vor zwei Jahren wären solche Formulierungen, wenn sie von uns gekommen wären, als rechtsradikal und fremdenfeindlich verschrien worden.“ Die Kollegin fragte nach, ob er damit sagen wolle, „die CSU bediene sich sprachlich bei Ihnen“? Gaulands Antwort: „Jedenfalls argumentiert die CSU in ihrem Streit mit Merkel zum Teil mit Begriffen, die sie von uns übernehmen. Und zwar, weil ein großer Teil der Bevölkerung das so sieht.“

    Führende CSU-Politiker betonen zurzeit gerne, sie wollten ein Signal setzen. Das tun sie. Durch ihre Sprache. Es ist ein verheerendes.

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