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Flammende Botschaft

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    Flammende Botschaft
    Flammende Botschaft

    Der schöne Schein eines außergewöhnlichen Sportjahres erstrahlt immer zuerst in Griechenland. Im Hain des alten Olympia entzünden Schauspielerinnen in wallenden Gewändern das olympische Feuer, das anschließend als flammende Botschaft beim Fackellauf die Welt auf das spektakuläre Treffen der modernen Gladiatoren einstimmt. Heute schreiten die Griechinnen zur Tat, um die Menschen für die Olympischen Sommerspiele vom 27. Juli bis 12. August in London zu erwärmen. Friede, Freude, Festtagsstimmung – das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit seinen vielen adeligen Mitgliedern hat einen Sinn für Folklore und Finanzen.

    Mit einer Mischung aus altgriechischen Idealen, Programmerweiterungen und Verhandlungsgeschick haben die Herren der Ringe ihre Spiele samt Seifenoper-Zeremoniell zu einem Verkaufsschlager gemacht. Vorbei sind die Zeiten vor 1984, als die Olympier händeringend nach Gastgeberstädten suchen mussten. Heutzutage stehen Fernsehsender sowie Sponsoren Schlange und machen Olympia zur Geldmaschine mit Einnahmen jenseits der Milliarden-Dollar-Grenze. Das IOC muss dafür damit leben, als Kommerz-Komitee mit Hang zum Gigantismus gebrandmarkt zu werden – auch weil die Vergabepraxis häufig im Widerspruch zu den hehren Zielen der olympischen Bewegung steht. Winterspiele im warmen russischen Sotschi oder im abseitigen koreanischen Pyeongchang, Sommerspiele in der amerikanischen Cola-Stadt Atlanta oder im Peking der Parteidiktatur – viele Entscheidungen der Olympier werden viel zu sehr von finanziellen Interessen bestimmt.

    Damit befinden sie sich in guter Gesellschaft mit dem Fußball-Verband Fifa, der 2022 mit seiner WM im Wüstenstaat Katar Station macht. Prima Klima, Hauptsache, die Kasse stimmt. Die olympische Idee, Athleten aus der ganzen Welt für 16 Tage in einer Stadt zu vereinen, hat dennoch kaum von ihrem Reiz eingebüßt. Wer mit Sportlern spricht, bekommt schnell ein Gefühl für die außergewöhnliche Sogwirkung dieser Spiele. Gerade Disziplinen, die in der heutigen Fernsehlandschaft normalerweise mit Minibeiträgen abgespeist werden, erhalten alle vier Jahre eine Bühne vor der Weltöffentlichkeit.

    Olympia ist mittlerweile auch die Heimat von hoch bezahlten Basketballprofis und Tennisstars, aber auch immer noch von Ringern, Judokas oder Leichtathleten. Andere drängen ins Programm. Längst musste das IOC bei seinen Sommerspielen die Teilnehmerzahl auf 10500 deckeln. Die Organisatoren sind an der Grenze der Belastbarkeit.

    Das Beispiel London zeigt eine weitere Kehrseite der glänzenden Sportmedaille. Einen Tag, nachdem die Engländer im Juli 2005 das Jawort des IOC für die Spiele 2012 bekommen hatten, schlugen Terroristen zu. 52 Menschen starben. Die Angst vor einem Anschlag bei Olympia mündet in ein Sicherheitskonzept mit Manöver-Charme. Ein Kriegsschiff kreuzt auf der Themse, Boden-Luft-Raketen können eingesetzt werden, 13000 britische Soldaten werden für die Spiele abkommandiert – mehr als nach Afghanistan. Das wird teuer.

    Viele Londoner befürchten den Verkehrsinfarkt – wie viele Olympia-Gastgeber zuvor. Diese Sorgen kann der belgische IOC-Chef Jacques Rogge leicht ertragen. Er ist froh, die Menschenrechtsdebatte 2008 in Peking überstanden zu haben. Diese Diskussion muss nun Europas Fußball-Präsident Michel Platini vor der Meisterschaft in der Ukraine führen. Nur zu gerne würde sich der Sport als eigene heile Welt verkaufen, kann sich jedoch der manchmal unangenehmen Wirklichkeit nicht entziehen.

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