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Die Liga zwischen den Fronten

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Die Liga zwischen den Fronten

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    Die Liga zwischen den Fronten
    Die Liga zwischen den Fronten

    Drei Spieltage lang schwiegen die Fan-Kurven zuletzt. Der harte Kern, tief verwurzelte Ultra-Gruppierungen, demonstrierte mit zwölf Minuten und zwölf Sekunden Schweigen gegen das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“. Die fanatischen Anhänger wollten zeigen, welch tristes Bild die Bundesliga ohne ihre Sprechchöre, Gesänge und Choreografien abgibt, wie wertvoll Fankultur für die Bundesliga ist. Beirren ließen sich die 36 Profiklubs nicht, sie verabschiedeten den Maßnahmenkatalog. Weil die Politik den Druck auf die Dachverbände, die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und den Deutschen Fußball-Bund (DFB), immens erhöht hatte. Vor allem aber, weil es keine Alternative zur nötigen Verbesserung der Sicherheit gab.

    Die Liga hat zwar kein grundsätzliches Gewaltproblem – nicht einmal ein Prozent der Stadionbesucher gilt als gewaltbereit –, sie hat aber massive Schwierigkeiten mit einem geringen und medienwirksamen Teil der Fans, der sich nicht an Recht und Ordnung halten will; mit Krawallmachern, die ihre kriminelle Energie mit Vereinsfarben tarnen, die randalieren und vermummt Pyrotechnik zünden. Diese Gewalttäter sind nicht notgedrungen der Ultra-Szene zuzuordnen – auch wenn sie in diesen Kreisen ihren Ursprung haben.

    Weniger martialische Fan-Gruppen fühlen sich kollektiv angeklagt und als Gewalttäter gebrandmarkt. Zudem sind Teile der Fans enttäuscht, nachdem der DFB einst Hoffnungen schürte, Pyrotechnik in den Stadien zu erlauben. Populistische Aussagen von Politikern, die sich als ahnungslos in der Fußballfanszene erwiesen und das Thema Sicherheit nutzten, um sich zu profilieren, befeuerten den Konflikt. Sie hängten der Bundesliga ein Gewaltproblem an. Die Polizeigewerkschaft sprang ihnen zur Seite, forderte, dass die Vereine ihre Einsätze bezahlen müssten, und punktete damit bei Teilen der steuerzahlenden Bevölkerung. Eine unglückliche Figur gaben die Verbände ab. Zu einem viel zu späten Zeitpunkt holten sie Fan-Organisationen und Vereine mit an den Tisch.

    All dies führte dazu, dass die Diskussion aus dem Ruder lief, dass Sachlichkeit verloren ging und sich die Fronten verhärteten. Die DFL bemüht sich nun, Brände zu löschen und die Politik zu besänftigen. Am schnellsten gelingt ihr dies, wenn bengalische Feuer und Rauchbomben aus den Fan-Blöcken verschwinden. Das illegale Zünden bekämpfen – dafür steht das Sicherheitskonzept.

    Die große Mehrheit der Stadionbesucher versteht die Debatte indes nicht. Sie ist es gewohnt, am Flughafen durchleuchtet zu werden, obwohl sie nicht pauschal unter Terrorverdacht steht. Außerdem: Vater und Kind werden kaum in Zelten Jacken ausziehen und Taschen leeren müssen – sie zählen nicht zur Zielgruppe.

    Greifen die künftigen Maßnahmen nicht, werden DFB und DFL nachrüsten. Sie werden Stadionverbote ausdehnen und Stehplätze abschaffen, bis keine Fackeln mehr gezündet werden. Pyrotechnik ist zum Symbol des Widerstands einer extremen Gruppe Fußballanhänger erwachsen, die sich gerne über den Rest der Fans erhebt.

    Verzichtet dieser harte Kern darauf, kann er zeigen, dass er an einer Aufweichung der verhärteten Fronten interessiert ist; dass er die Stigmatisierung als Gewalttäter ernsthaft loswerden will. Erst dann kann es zu einer Versachlichung der Diskussion kommen, kann der Dialog zwischen allen Beteiligten vollends in Gang kommen, kann eine Annäherung stattfinden.

    Die Auswirkungen des Konzepts sind jetzt nicht absehbar. Die Vereine sind am Zug. Sie müssen ihren Fans die Maßnahmen beibringen – ohne dass es zu einer weiteren Radikalisierung ihrer Ultras kommt.

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