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Die Lehren aus dem Fall Manroland

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Die Lehren aus dem Fall Manroland

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    Die Lehren aus dem Fall Manroland
    Die Lehren aus dem Fall Manroland

    Ob Grundig, Kirch, Arcandor, Manroland und jetzt Kodak, man könnte diese Insolvenzen als unabwendbares Naturereignis abtun und wie ein Darwinist anmerken, nur die Besten überleben im Kampf um den Kunden. So wäre der Weg zu den Theorien des Ökonomen Joseph Schumpeter nicht mehr weit, der von einer schöpferischen Zerstörung sprach. In seinem Buch „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ schrieb er, dass sich „unaufhörlich die Wirtschaftsstruktur von innen heraus revolutioniert“.

    Insofern läge es nahe, es einfach geschehen zu lassen, wenn Konzerne pleitegehen, weil ihre Produkte zu wenige Käufer finden.

    Wer braucht noch einen US-Riesen wie Kodak, wo das Unternehmen zu spät erkannt hat, wie Digitalkameras die Welt der Fotografie revolutionieren? Doch selbst im kapitalistischen Amerika wird eine derart kalte Logik nicht akzeptiert. Dort existiert das berühmte „Chapter 11“, nach dem sich fallende Konzerne wie Kodak Zeit und Schutz vor Gläubigern verschaffen können. Dadurch werden Arbeitsplätze gerettet. Dieses Gedankengut einer kreativen Wiederbelebung liegt auch dem deutschen Insolvenzrecht zugrunde.

    Was den Druckmaschinenhersteller Manroland betrifft, zeigt sich erneut, dass eine Pleite nicht die Endstation, sondern der Anfang einer besseren Zukunft mit neuen Managern und Ideen sein kann.

    Dank der Gesetzeslage wird die Possehl-Gruppe das Augsburger Manroland-Werk frei von Schulden und alten Pensionsansprüchen übernehmen. Derartige Anreize machen einem Investor die Entscheidung leichter, einen angeschlagenen Betrieb zu kaufen. Das ist eine der Lehren aus dem Fall „Manroland“. Das Beispiel zeigt aber auch, wie zu wenig schöpferische Kraft in einem Unternehmen auf Dauer zerstörerische Wirkung entfaltet. Der massive Einbruch des Manroland-Geschäfts nach den Traumjahren 2006 und 2007 ist nicht allein mit den Folgen der Finanzmarktkrise, des schwächelnden Zeitungsmarktes in den USA und dem Siegeszug von Online-Medien zu erklären. Hier kamen hausgemachte Fehler hinzu. Der Konzern setzte nicht intensiv genug auf das Servicegeschäft. Immer mehr Druckhäuser lassen die Maschinen länger laufen und zahlen für eine Modernisierung ihrer Anlagen gutes Geld. Zudem versäumte es Manroland, kraftvoll in den neuen Markt des Digitaldrucks einzusteigen und weitere neue Geschäftsfelder zu entwickeln.

    Auch der Hauptaktionär Allianz, dessen allzu kühne Pläne, Manroland rasch an die Börse zu bringen, scheiterten, hat nicht ausreichend Druck auf die Firma ausgeübt. Im Nachhinein wird daher deutlicher, warum das einst sehr profitable Unternehmen in den Teufelskreislauf der Insolvenz geriet.

    Dabei fehlte die schützende Hand des einstigen Mutterkonzerns MAN, der sich von seiner Druckmaschinentochter getrennt und die Zeiten der Quersubventionierung in einem Mischkonzern beendet hat. Früher konnten schwächelnde Sparten in derart großzügigen kapitalistischen Villen jahrelang Unterschlupf finden, bis sie wieder bei Kräften waren. In Zeiten einer zunehmenden Macht der Aktionäre schien diese Philosophie nicht mehr zeitgemäß zu sein, was ein Irrweg und wohl die interessanteste Lehre aus dem Niedergang von Manroland ist. Denn ausgerechnet ein besonders kuscheliger Mischkonzern wie Possehl übernimmt das aus einem solchen Haus verstoßene Unternehmen. Die hinter Possehl stehende Stiftung duldet es, wenn Töchter mal schlechtere Noten nach Hause bringen. Dieses langfristige Denken, wie es den ebenfalls mit einer Stiftung versehenen Bosch-Konzern prägt, ist eine gute Alternative zur manchmal destruktiven Welt der Aktiengesellschaften.

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