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Die Bischöfe haben verstanden

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Die Bischöfe haben verstanden

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    Die Bischöfe haben verstanden
    Die Bischöfe haben verstanden

    Endlich scheint sich der „Geist der Einsicht“ in allen Bistümern der deutschen katholischen Kirche verbreitet zu haben. Die im Konsens getragene Einsicht der Bischöfe lautet: Wir müssen genauer hinschauen, wenn es um die Aufklärung und Verhinderung von Missbrauchsfällen durch Geistliche oder kirchliche Mitarbeiter geht. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, kündigte gestern an, dass sich die Bischöfe „mit allen Kräften“ dafür einsetzen werden, „sexuellen Missbrauch so wirksam wie nur irgend möglich zu verhindern“. Die Bischöfe versprachen „ehrliche Aufklärung, frei von falscher Rücksichtnahme“. Das sind Worte, die man in dieser Deutlichkeit zu selten gehört hat.

    Noch letztes Jahr zeichnete die Journalisten-Vereinigung Netzwerk Recherche die katholische Kirche mit dem Negativpreis „Verschlossene Auster“ aus, da diese die Bereitschaft zur Aufklärung des Missbrauchsskandals habe vermissen lassen. Jahrzehntelang wurde Opfern die Glaubwürdigkeit abgesprochen – eine Strategie, an die sich auch der zurückgetretene Augsburger Bischof Walter Mixa hielt, als er mit Misshandlungsvorwürfen konfrontiert wurde. Im Erzbistum München und Freising wurden Akten versteckt oder vernichtet. Es sei „systematisch vertuscht“ worden, sagte eine Rechtsanwältin, die Tausende Personal- und Gerichtsakten nach Hinweisen auf Misshandlungen und Missbrauch durchsuchte. Ihren Bericht stellte sie im Dezember 2010 vor.

    Seitdem hat sich einiges geändert. Die Kirche hat sich bei anerkannten Experten Rat geholt und Präventionsprojekte auf den Weg gebracht. Dass sie nun externen Forschern flächendeckend Einsicht in ihre Personalakten gewährt, ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Die deutschen Bischöfe teilen inzwischen offensichtlich ebenfalls die Einsicht, dass der Missbrauchsskandal an den Grundfesten ihrer Institution gerüttelt hat: Kirche wird teilweise nicht mehr als positiver und sicherer Ort erlebt.

    Dies ist eine bittere Einsicht; Bischof Ackermann aber hat sie glaubwürdig vorgetragen. Die Kirche verspielte in sie gesetztes Vertrauen leichtfertig. Eine „Nebelkerze wie viele andere auch“, wie ein Opferverband anmerkte, sind ihre gegenwärtigen Bemühungen um Aufklärung und Prävention nicht. Immer neue Studien belegen, dass sich die meisten Missbrauchsfälle zahlenmäßig nicht innerhalb der Institution Kirche ereignen. Die Kirche steht jedoch wie keine andere für ein Miteinander im Zeichen der Nächstenliebe. Sie muss daher in ganz besonderem Maße Missbrauch entgegentreten. Dazu ist sie uneingeschränkt bereit. Das ist die Botschaft des gestrigen Tages.

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