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Der grüne Machtkampf

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Der grüne Machtkampf

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    Walter Roller
    Walter Roller

    Auch die Grünen sind in die Jahre gekommen. Sie stehen noch immer für jene Bewegung, die den Umweltschutz entdeckt hat und weiter vorantreibt. Sie haben längst ihren Frieden mit den Zwängen des parlamentarischen Betriebs gemacht und den Nachweis der Regierungsfähigkeit erbracht. Auch ist ihnen der Inhalt der Politik noch immer wichtiger als die Verpackung. Aber der Reiz des Neuen, des Unkonventionellen, von dem heutzutage die Piraten profitieren, ist längst verflogen. Man ist eben nun auch „etabliert“, wie es so schön heißt – gesegnet mit einer treuen Stammkundschaft, die einen sicheren Platz im Parteienspektrum garantiert. Und wie in allen Parteien, geht es auch bei den Grünen um Macht und Posten und darum, wer den Kurs bestimmt und das Bild der Partei prägt. Der erbittert geführte Streit um die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013 enthält deshalb die üblichen Zutaten eines klassischen Machtkampfes, der sich sowohl um die grundsätzliche Ausrichtung der Partei als auch um die Ambitionen einzelner Persönlichkeiten dreht.

    Es ist ein ehernes Prinzip der Grünen, dass jede Führungsposition doppelt besetzt sein soll – mit einem Mann und einer Frau, die sowohl den linken als auch den sogenannten „Realo“-Flügel repräsentieren. Nur einmal, im Wahlkampf 2005, ist dem Patriarchen Joschka Fischer die Bühne allein überlassen worden. 2009 sind die Grünen mit Jürgen Trittin und Renate Künast angetreten. Auch 2013, so viel ist klar, soll es wieder ein „Spitzen-Duo“ geben. Aber der Versuch einer geräuschlosen, in Harmonie vollzogenen Nominierung ist in dem Augenblick gescheitert, als Trittin, der starke Mann, mit einem Soloauftritt der Marke Fischer liebäugelte und die Co-Parteivorsitzende Claudia Roth ihren Hut in den Ring warf – um ihrer und der Interessen der Frauen willen. Seither geht es drunter und drüber in der Partei. Da Trittin gesetzt ist und Roth ebenfalls eine dominierende Figur der Parteilinken ist, pochen die „Realos“ auf eine ausgewogenere Besetzung. Sie versuchen ihr Glück nicht nur mit

    Trittin, Künast und Roth, die seit rund 15 Jahren zur Führung zählen, gehen alle auf die 60 zu und sehen ihre letzte Chance, noch einmal – oder doch noch – in ein Regierungsamt zu gelangen. Seltsam, dass von einem Generationenwechsel bei den Grünen keine Rede ist. Dafür – und für eine stärkere Positionierung der Grünen in der Mitte der Gesellschaft – stünde Frau Göring-Eckardt. Aber es sieht nicht so aus, als ob sie eine Chance gegen die alteingesessenen Granden der Partei hätte. Die „Realos“ haben in der Sache nicht viel zu melden. Das Programm der Grünen trägt eindeutig die Handschrift Trittins und Roths, die eine Neuauflage des Regierungsbündnisses mit der SPD anstreben und von schwarz-grünen Lockerungsübungen nichts halten.

    So besehen, geht es in diesem Schaulauf der Kandidaten auch um den Kurs der Grünen. Ein Duo Trittin/Roth steht glasklar für Rot-Grün. Wenn sich dafür 2013 eine Mehrheit findet, dann wird die alte Garde noch auf Jahre hinaus das Sagen haben. Wenn die Grünen wieder in der Opposition landen, dann werden die Karten neu gemischt – unter einem neuen Führungspersonal, das auch nach anderen Koalitionsoptionen und zusätzlichen Wählern aus dem wertkonservativen Milieu Ausschau hält.

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