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Autobahn: Tempolimit oder nicht? Warum das die falsche Frage ist

Autobahn

Tempolimit oder nicht? Warum das die falsche Frage ist

Tobias Schaumann
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    Ein Schild mit der Aufschrift „130“: Am Tempolimit auf Autobahnen scheiden sich die Geister. 
    Ein Schild mit der Aufschrift „130“: Am Tempolimit auf Autobahnen scheiden sich die Geister.  Foto: Patrick Seeger, dpa

    Die wieder aufgeflammte Debatte um das Tempolimit auf Autobahnen fällt in eine Zeit, in der das

    Befürworter einer Begrenzung verweisen auf das durch „Rasen“ erhöhte Unfallrisiko sowie auf die höheren Emissionen. Dagegen stehen die Statistiken. Die mit Abstand meisten schweren Crashes ereignen sich in der Stadt und auf der Landstraße. In Österreich (Tempolimit 130 km/h) sterben pro Kilometer mehr Menschen auf der Autobahn als in Deutschland. Das größte Risiko sind ohnehin nicht die Straßengattungen, sondern die Fahrer, vor allem sehr junge und sehr alte.

    Viele Autobahnabschnitte sind überdies ohnehin reglementiert – durch starre Begrenzungen oder schlicht durch massiven Verkehr. Ob es der Umwelt hilft, wenn auf den paar verbleibenden „freien“ Kilometern niemand mehr schneller als 130 km/h fahren darf, ist fraglich. Manche Studien sagen so, andere so. Unzweifelhaft entstehen die großen ökologischen Probleme nicht da, wo der Verkehr rollt, sondern da, wo er steht.

    Noch schwerer haben es die Gegner eines Tempolimits. Gegen das Totschlagargument, jedes Verkehrsopfer sei eines zu viel, lässt sich kaum ankämpfen. Polemiker der anderen Seite verweisen an dieser Stelle gerne darauf, dass der Verzehr eines Schweinebratens ebenso gesundheits- wie umweltschädlich sei und folglich ebenso verboten gehöre. Bringt uns das weiter? Nein.

    "Tested on German Autobahn" ist ein Gütesiegel

    Selbst die industriepolitische Karte sticht derzeit eher nicht. Dass sich schnelle deutsche Premium-Wagen im Ausland möglicherweise schlechter verkaufen lassen, weil in ihrem Herkunftsland nicht mehr Vollgas gegeben darf? Kommt Auto-Gegnern oder gar -Neidern gerade Recht. Das im Ausland anerkannte Gütesiegel „Tested on German Autobahn“ zählt zu Hause nicht viel.

    Die internationale Betrachtung gleitet ins Absurde ab, führt man sich vor Augen, welche weiteren Länder kein Tempolimit haben. Dann fallen Namen wie Somalia und Burkina Faso. Auf einer Stufe mit Deutschland! Soll hier heißen: ebenso rückständig. Rückständig aber ist in Wahrheit die ganze Debatte. Das Land hätte sie in den 70er, 80er Jahren führen sollen, als die Unfalltoten Jahr für Jahr die Einwohnerzahlen von Kleinstädten erreichten.

    Wie sieht die Mobilität von morgen aus?

    Die Zukunft jedoch entscheidet sich nicht an dem Aufreger-Thema, ob Deutschland ein Tempolimit bekommt oder nicht. Es geht längst um viel mehr: Wie sieht die Mobilität von morgen aus? Wie lässt sie sich ökologisch gestalten, ohne dass die individuelle Freiheit auf der Strecke bleibt?

    Das sind die Fragen, die eine kontorverse, emotionale Auseinandersetzung viel eher rechtfertigen. Die Antworten, die sich bislang andeuten, weisen in eine Richtung: Das Autofahren, wie wir es kennen, hat seine Hochzeit hinter sich. Es wird sich radikal ändern.

    Stichwort Elektromobilität. Anders als ein Benzintank verbietet eine Batterie Vollgas-Orgien. Die Energiereserve reicht schlichtweg nicht. Die gängigen Stromer auf dem Markt sind aus gutem Grund durchweg abgeregelt. Stichwort Verkehrsmix. Für lange Überland-Passagen eignet sich die Bahn, wäre sie denn konkurrenzfähig, besser. Und letztlich: Stichwort Autonomes Fahren. Dafür spricht ausgerechnet das geringere Unfallrisiko. Die Maschine macht weniger Fehler als der Mensch. Sie hat jedenfalls keinen Hang zum Rasen. Noch sind die Systeme nicht ausgereift. Aber der Autopilot wird kommen. Bis dahin hält Deutschland es noch ohne Tempolimit aus.

    Lesen Sie dazu auch: Streit um Tempolimit auf Autobahnen: Gelten bald überall 130 km/h?

    Sowie unsere Presseschau: Tempolimit auf Autobahnen: Pro und contra in deutschen Medien

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