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Abhöraffäre: Sind wir Freunde oder Partner?

Abhöraffäre

Sind wir Freunde oder Partner?

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    Winfried Züfle
    Winfried Züfle Foto: Wagner

    War das nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Berlin, 26. Juni 1963, US-Präsident John F. Kennedy spricht auf dem Platz vor dem Schöneberger Rathaus den unvergessenen Satz: „Ich bin ein

    Nun soll die NSA-Spähaffäre das Ende der Freundschaft markieren? Berlin, 27. Oktober 2013, Ex-US-Botschafter John Kornblum spricht in der Talkshow „Günther Jauch“ den ernüchternden Satz: „Wir sind keine Freunde, sondern Partner.“ Illusion zerstört?

    Nicht unbedingt. Niemand sollte jetzt überdramatisieren. Im Augenblick geht es der US-Seite erkennbar darum, den Vertrauensbruch herunterzuspielen, den der Geheimdienst NSA mit oder ohne Auftrag des jeweiligen US-Präsidenten gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Spitzenpolitikern begangen hat. Die Kanzlerin hatte emotional reagiert: „Ausspähen unter Freunden geht gar nicht“, hatte sie gesagt. Doch so persönlich wollen es die Amerikaner nicht gemeint haben. Aus ihrer Sicht haben die Lauscher einfach ihren Job gemacht. Man kann ja nicht genug Informationen sammeln...

    Teilweise ist die unterschiedliche Sichtweise inszeniert, teilweise ist es eine Mentalitätsfrage. In der amerikanischen Öffentlichkeit wird manches nüchterner gesehen. Das zeigte sich schon bei der Aufdeckung des eigentlichen NSA-Skandals durch den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden. Als im Sommer bekannt wurde, dass der geheimste der US-Geheimdienste mithilfe des Überwachungsprogramms Prism täglich Millionen Kommunikationsdaten aus den Leitungen der großen Internetdienste abzapft, gab es einen Aufschrei in Europa, aber nur gedämpfte Reaktionen in den USA. Jenseits des Atlantiks überzeugt immer noch das Argument der Regierung, dies alles geschehe im Interesse der nationalen Sicherheit, wofür man kleine Einschränkungen in Kauf nehmen müsse. In

    Das gezielte Ausspähen von führenden Politikern befreundeter Staaten, auch wenn man sie Partnerländer nennt, kann von Washington indes nicht mehr mit dem Kampf gegen den Terrorismus begründet werden. Weder Angela Merkel noch Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff können da ergiebige Quellen sein. Den Schnüfflern geht es um eine unangemessene Kontrolle und um taktische Vorteile in Verhandlungen. Das ist, wie man es auch dreht und wendet, unanständig.

    Deswegen ist jetzt eine Entschuldigung aus Washington fällig. Dass Präsident Barack Obama persönlich verstrickt war, mag ruhig weiter dementiert werden. Entscheidend ist, dass er „sorry“ sagt. Das ist zur Rückgewinnung verlorenen Vertrauens ebenso notwendig, wie dass die Ausspähung befreundeter Politiker beendet wird.

    „Befreundet“ heißt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Amtsträger in Washington und Berlin persönliche Freunde sein müssen. Befreundete Staaten zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinsam für dieselben Werte kämpfen. Im Falle von Deutschland und den USA kommen viele persönliche Freundschaften und auch Verwandtschaftsbande hinzu.

    Andererseits sind beide Staaten auch Partner, die ihre jeweils eigenen Interessen vertreten. Zum Beispiel im Hinblick auf eine große transatlantische Freihandelszone. Hierüber muss fair verhandelt werden. Und das heißt: Ausspähen unter Partnern geht auch nicht.

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