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Wirtschaftsempfang der IHK in Landsberg: Wie gelingt die Trendwende in Deutschland?

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Die IHK zeichnet ein düsteres Szenario für Deutschland

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    „Gegenwind formt den Charakter - Impuls für UnternehmerTUN“ lautete der Titel des Vortrags von Dr. Manfred Gößl, dem Hauptgeschäftsführer der IHK München und Oberbayern.
    „Gegenwind formt den Charakter - Impuls für UnternehmerTUN“ lautete der Titel des Vortrags von Dr. Manfred Gößl, dem Hauptgeschäftsführer der IHK München und Oberbayern. Foto: Thorsten Jordan

    Beim IHK Wirtschaftsempfang im Stadttheater in Landsberg zeichnete Dr. Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern, in seinem Vortrag ein Bild des jahrelangen wirtschaftlichen Abstiegs in Deutschland. Vom ehemaligen Exportweltmeister sei nicht mehr viel übrig geblieben, worauf man stolz sein könnte: Deutschland rangiert im weltweiten Ranking nur noch auf Platz 24 und ist auch bei anderen Faktoren weit abgeschlagen. Stagnation herrsche auf allen Ebenen, private und unternehmerische Investitionen werden zurückgestellt, Deutschland sei in der Warteschleife.

    Das Bruttoinlandsprodukt lag zwischen 2019 und 2024 bei 0,1 Prozent – in den USA dagegen bei 12,2 Prozent. Die Produktivität hat stark abgenommen, und ebenso die schulischen Leistungen der Kinder: In der Pisa-Studie liegt Deutschland zwischen Rang 21 und 24, weit hinter führenden Ländern wie Singapur, Macau, Taiwan, Hongkong, Japan und Irland. Der Reallohn, der bis 2019 ein Plus von acht Prozent verzeichnete, liegt jetzt bei minus zwei Prozent. Sprich: Arbeitnehmer haben weniger in der Tasche, was sich in verhaltenem Konsum niederschlägt. Gößl zeigte weitere Fakten auf, die ihren Teil zum wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands beitragen. Die Erwerbsstunden pro Arbeitnehmer sind rückläufig, im internationalen Vergleich ist Deutschland das Schlusslicht. Und: Zwar ist die Zahl der Erwerbstätigen von 1991 bis heute um 18 Prozent gestiegen, die Arbeitsstunden jedoch nur um zwei Prozent. „Wir arbeiten zu wenig und sind zu oft krank“, so Gößls Fazit.

    Sah in Bayern die Wirtschaftswelt bislang immer etwas rosiger aus als anderswo, fügt sich der Freistaat mittlerweile in den allgemeinen Trend ein. Wie Gößl anhand einer Konjukturumfrage bei der Bayerischen Wirtschaft aufzeigte, geht es sowohl bei den Geschäftserwartungen also auch bei den Beschäftigtenzahlen und den Investitionen bergab. Beklagt werden von der Wirtschaft vor allem die ausbleibende Inlandsnachfrage sowie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Zu den bremsenden Faktoren zählen die überbordende Bürokratie, Steuerlast, Standort- und Energiekosten sowie die Planungsunsicherheit.

    Dr. Manfred Gößl, der Hauptgeschäftsführer der IHK München und Oberbayern, referierte beim Wirtschaftsempfang der IHK in Landsberg.
    Dr. Manfred Gößl, der Hauptgeschäftsführer der IHK München und Oberbayern, referierte beim Wirtschaftsempfang der IHK in Landsberg. Foto: Thorsten Jordan

    Wird das von der Regierung beschlossene Schuldenpaket eine Trendwende herbeiführen? Das sah Gößl skeptisch: „Lass uns Schulden machen und alles wird gut – das hat noch nie funktioniert.“ Einen Erfolg sieht er nur in Verknüpfung mit tatsächlichen Investitionen und echten Strukturreformen. Dass die künftige Regierung diese herbeiführen können, bezweifeln nach aktuellen Umfragen 70 Prozent der Menschen in Deutschland. Noch mehr, nämlich 85 Prozent, sagten, dass Deutschland schlecht auf die Zukunft vorbereitet sei. „Die Menschen verstehen zwar nicht alles, aber sie fühlen richtig“, sagte Gößl dazu.

    Wie können nun Unsicherheit und Stagnation überwunden werden? Deutschland sei bräsig geworden und habe sich auf früheren Erfolgen ausgeruht, so Gößl. Interessantes Detail dazu: Der Abwärtstrend in Deutschland begann nach dem Sieg bei der Fußballweltmeisterschaft 2014. „Wir machen alles richtig, also ja nichts verändern“, nach dieser Devise sei es danach weitergegangen, so Gößl. Die Kunst sei jedoch, in guten Zeiten die Maßnahmen zu ergreifen, die durch schlechte Jahre retten. Diese Chance sei verpasst worden.

    Um eine Trendwende zu erreichen, müsse laut dem IHK-Chef mehr und länger gearbeitet, die Produktivität erhöht und mehr Kapital eingesetzt werden. Zudem müsse die Bürokratie abgebaut und die Unternehmenssteuern gesenkt werden, damit sich Investitionen wieder lohnten. „Jedes Jahr ein Prozent, so lange ich regiere“, schlug Gößl als Statement des künftigen Kanzlers vor. Auch das Familiensplitting sowie die Rente mit 63 müssten auf den Prüfstand. Für Arbeitnehmer müsse mehr Netto vom Brutto bleiben. „Manager statt Juristen“ war ein weiterer Anstoß von Gößl – denn nirgendwo arbeiten mehr Juristen in Führungspositionen als in Deutschland. „Juristen denken in Risiken. Aber wir müssen uns wieder etwas trauen“, appellierte Gößl und zeigte sich am Ende doch etwas zuversichtlich, gerade mit Blick auf die Hidden Champions in Bayern.

    Bei einem Stehempfang im Foyer des Stadttheaters konnten sich die Teilnehmenden des Wirtschaftsempfangs austauschen.
    Bei einem Stehempfang im Foyer des Stadttheaters konnten sich die Teilnehmenden des Wirtschaftsempfangs austauschen. Foto: Thorsten Jordan

    Zuversicht hatte sich auch Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl auf die Fahne geschrieben. Sie zeigte Maßnahmen auf, die die Stadt bereits ergriffen hat, um die Region zu stärken, so die Ansiedelung des Technologiezentrums für Data Science und Autonome Systeme und den Studiengang „Systems Engineering“, der bald in Landsberg absolviert werden kann. Zudem die Innenstadtförderung, allein mit dem „Landsberg Gutschein“ seinen 140.000 Euro am Standort Landsberg gebunden worden, und die Entwicklung neuer Gewerbeflächen.

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