Heute vor 75 Jahren konnte in Windach hoher Besuch begrüßt werden. Im Rahmen eines Landkreis-Besuchs machte der damalige bayerische Ministerpräsident Hans Ehard auch in Windach Station. Darüber und über die Person dieses Politikers, der zweimal Ministerpräsident (1946 bis 1954 und 1960-1962) und von 1949 bis 1955 CSU-Parteivorsitzender war, schreiben der Windacher Archivar Gerhard Heininger und Manfred Stagl.
Hans Ehard wurde 1887 in Bamberg geboren und verstarb wenige Tage vor seinem 93. Geburtstag im Jahre 1980 in München. Er war promovierter Jurist. Beim Hochverratsprozess gegen Adolf Hitler und seine Helfer aufgrund des Putschversuches am 8./9. November 1923 war Ehard als Untersuchungsführer und Anklagevertreter die rechte Hand des damaligen I. Staatsanwalts Ludwig Stenglein. Er wirkte maßgeblich daran mit, dass Hitler zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt wurde, wenn auch das Volksgericht München I bereits in der Urteilsverkündung eine Bewährung nach Ablauf von sechs Monaten Festungshaft in Aussicht stellte. Gerade der Hartnäckigkeit des damals 37-jährigen Ehard war es aber zu verdanken, dass Hitler nicht schon nach einem halben Jahr (er hatte die Haft am 1. April 1924 angetreten), sondern erst einige Monate später am 20. Dezember 1924 freigelassen wurde.
Hans Ehard war ein Gegner des Grundgesetzes
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich Ehard für die föderale Struktur der neu entstehenden Bundesrepublik Deutschland ein, konnte sich jedoch in vielen Punkten im Parlamentarischen Rat, der das neue Grundgesetz ausarbeitete, nicht durchsetzen. Das Grundgesetz wurde im Frühjahr 1949 vom Parlamentarischen Rat mit 53 gegen zwölf Stimmen (davon sechs von der CSU) angenommen.
Ehard gab daraufhin die Devise aus: „Nein“ zum Grundgesetz, „Ja“ zu Deutschland. So lehnte der Bayerische Landtag als einziges Bundesland am 20. Mai 1949 das Grundgesetz mit 63 „Ja“- zu 101 „Nein“-Stimmen ab. Zugleich beschloss der Landtag aber auch das „Ja“ zur Bundesrepublik, in dem er das Grundgesetz als rechtsverbindlich auch für Bayern geltend beschloss. Dadurch konnte Bayern auch an allen Verfassungsorganen des neuen Staates mitwirken.
Im Windacher Altenheim lebten vor allem Heimatvertriebene
Nach diesen schwierigen Aufgaben im Frühjahr nahm sich Ehard im Herbst die Zeit, um den Landkreis Landsberg zu besuchen. Am 26. Oktober 1949 kam er auch nach Windach. Schulleiter Max Julius und dessen Tochter Auguste, die ebenfalls Lehrerin war, hatten die Kinder und Schüler auf den Besuch des Ministerpräsidenten und dessen Frau Annelore vorbereitet. Sie bereiteten ihnen und auch dem damaligen Landrat Dr. Otto Gerbl einen musikalisch umrahmten Empfang.
Zuvor hatte Ehard St. Ottilien besucht. Dann ging die Fahrt weiter nach Windach. Empfangen vom Bürgermeister und Gemeinderat, von der Lehrerschaft und Schuljugend stand vor allem die Besichtigung des Kreisaltenheims Windach im Mittelpunkt. Da das Altersheim wenige Jahre nach dem Krieg im Besonderen von Heimatvertriebenen bewohnt war, standen auch deren Berichte über die verlorene Heimat im Mittelpunkt des Besuchs, wie es im Bericht der Landsberger Nachrichten vom 28. Oktober 1949 hieß.
Das Gebäude des Altenheims besteht heute noch
Offensichtlich hatte dem Ministerpräsidenten sein Aufenthalt in Windach so gut gefallen, dass er sich mit einem Schreiben vom 5. November 1949 nochmals bei Lehrer Max Julius für den freundlichen Empfang vor allem durch die Jugend bedankte.
Das Kreisaltenheim in Windach wurde bereits ein Jahr später aufgelöst. Die Bewohnerinnen und Bewohner zogen ins Theresienbad um. Das Gebäude, das als Altenheim diente, besteht auch heute noch. Es steht am Forellenweg 5, ist heute in Privatbesitz und wird zu Wohnzwecken genutzt. Errichtet wurde es in den 1930er-Jahren und 1938 erstmals als Kindergarten verwendet, wie aus einem Zeitungsbericht von November 1938 hervorgeht: „Die Eltern wußten während der vielen Erntearbeiten ihre Kleinen und Kleinsten in bester Hut“, heißt es darin unter anderem. (AZ)
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