Dass man ihm seine 60 Jahre nicht ansieht, mag am Berufsfeld von Johannes Wagner liegen. „Ich sitze an der Quelle“, sagt er und lacht. Denn Wagner leitet eine Praxis für ästhetische Medizin in Landsberg. Zu ihm kommen hauptsächlich Menschen, die sich eine optische Veränderung wünschen, die frischer und jünger aussehen möchten. Botox, Hyaluron und Co. sind die Werkzeuge des 60-Jährigen, der vorher mehrere Jahrzehnte Vollzeit in der Chirurgie arbeitete. Er erklärt, was mit minimalinvasiven Eingriffen alles möglich ist und welche Kundenwünsche er auch mal ablehnt. Teil sieben unserer Gesundheitsserie unter dem Motto „Gesund & schön“.
Falten glätten, Lippen auffüllen, Schlupflider entfernen, Haut straffen: Diese Behandlungen nimmt Wagner am häufigsten vor. Manche kommen aus medizinischen Gründen in seine Praxis. So kann Botox etwa bei Migräne, Zähneknirschen und übermäßigem Schwitzen helfen. „Aber die meisten wünschen sich eine optische Veränderung“, sagt Wagner. Das Spritzen von Botox und Hyaluronsäure sei der Klassiker. „Und es kommen immer mehr Männer“, erwähnt der Chirurg.
Bei „Russian-Lips“ zieht der Landsberger Mediziner die Grenze
Bei seiner weiblichen Kundschaft stehe die Behandlung der Lippen an erster Stelle. Hier könne er jedoch nicht immer alle Wünsche erfüllen: „Viele wollen richtig dicke Lippen, sogenannte Russian-Lips. Das mache ich nicht“, sagt Wagner. Den meisten seiner Kundinnen und Kunden könne er diese Perspektive gut vermitteln. „Ich korrigiere dann auch ein wenig das Selbstbild der Menschen“, sagt Wagner. „Wenn jemand 60 ist und aussehen will wie 30 muss ich ganz offen sagen, dass das nicht geht. Aber zehn Jahre kann man immer zurückgewinnen“, so der Mediziner. Sein Anspruch an sich selbst: Wer bei ihm war, dem soll man den Eingriff nicht ansehen. „Die Leute sollen frischer und entspannter aussehen. Das beste Kompliment ist es, wenn meine Kunden nach einer Behandlung gefragt werden, ob sie im Urlaub waren, weil sie so gelassen aussehen“, sagt Wagner.
Der Weg zur ästhetischen Medizin war in Wagners Karriere nicht von Beginn an geplant, sondern ergab sich eher spontan. Bei seinen Operationen als Chirurg behandelte er immer wieder auch Krampfadern und spritzte Besenreiser weg. „Die Patienten haben dann mal gefragt, ob ich das nicht auch im Gesicht behandeln könnte. So bin ich vor zehn Jahren auf die Idee gekommen“, erzählt Wagner. Eigentlich sei es nie seine Intention gewesen, in die ästhetische Medizin zu gehen. Heute ist er froh über die Abwechslung – auch, weil die ästhetische Arbeit deutlich entspannter sei als seine vorige Tätigkeit in der Herzchirurgie inklusive stundenlanger Operationen und anstrengender Nachtdienste. Die Hälfte seiner Zeit arbeitet Wagner weiterhin als selbstständiger Chirurg an der Marienklinik Bozen.
Botox und Hyaluronsäure können die Faltenbildung theoretisch lange aufhalten
Wie er erzählt, legen sich bei ihm sowohl Jung als auch Alt unter die Nadel. „Manche kommen schon sehr früh und wollen überhaupt keine Falten haben. Wenn man Botox und Filler früh anfängt, kann man jegliche Falten über 30 Jahre hinweg vermeiden“, sagt Wagner. Indes gebe es Menschen, die sich erstmals im höheren Alter mit optischen Veränderungen auseinandersetzen. „Es gibt ganz unterschiedliche Gründe“, stellt der 60-Jährige fest. Manchmal stehe niedriges Selbstbewusstsein oder ein falsches Körperbild hinter dem Wunsch nach einem optimierten Gesicht. „Viele junge Frauen, die sich die Lippen machen lassen wollen, möchten das selbst wahrscheinlich nicht aus eigenem Antrieb heraus, sondern wollen von ihrem Umfeld akzeptiert werden und sich Trends anpassen“, sagt Wagner. Wenn eine Kundin diesen Eindruck macht, schreite er auch mal ein und rate der Frau von der Behandlung ab.
Wichtig zu erwähnen: Sowohl Botox als auch Hyaluronsäure werden mit der Zeit im Körper wieder abgebaut. Bei Botox dauert es laut Wagner etwa vier bis sechs Monate, Hyaluronsäure verschwindet nach eineinhalb bis zwei Jahren. „Man sieht danach genau so aus wie vorher“, betont Wagner. Wer einmal mit den Behandlungen anfängt, müsse also nicht ständig weitermachen.
Ästhetische Medizin birgt auch Risiken
Risiken gebe es bei den minimalinvasiven Eingriffen eine ganze Menge. Entscheidend seien die anatomischen Kenntnisse des Behandelnden. Eine falsche Anwendung von Botox kann zu herabhängenden Gesichtspartien führen, falls die Nadel die falsche Muskelpartie trifft oder zu viel gespritzt wird. Das vergehe jedoch wieder, sobald der Körper den Stoff abgebaut hat. „Botox verändert strukturell nichts an der Muskulatur“, sagt Wagner. Bei Hyaluronsäure könne eine versehentliche Injektion in ein Gefäß bis zur Erblindung führen. „In Europa passiert so etwas kaum, weil die Leute in der Regel gut ausgebildet sind“, so der Mediziner. Er empfiehlt, sich vor einer Behandlung über die Ausbildung und den Erfahrungswert des Anbieters zu informieren.
Trotz seiner Arbeit steht er dem „Optimierungswahn“, wie er es nennt, kritisch gegenüber. „Ich sehe mich eher als Bewahrer einer Jugendlichkeit und nicht als Optimierer von Dingen, die gar nicht existieren“, sagt Wagner. Nach diesem Motto verfährt er auch bei seiner eigenen Optik. Der 60-Jährige hat eine Augenlidkorrektur hinter sich und hat an einigen Stellen etwas Botox unter der Haut. „Mein Hauptgrund ist, dass mein inneres Ich sich nicht deckungsgleich mit meinen sichtbaren Falten anfühlt. Ich möchte das einfach angleichen“, so Wagner.
Ein gesunder Lebensstil wirkt sich auf das Hautbild aus
Bevor man sich aus Angst vor Falten und Schlupflidern unter die Nadel legt, hat Wagner ein paar Tipps, wie man möglichst lang frisch aussieht. „Der Lebensstil beeinflusst die Haut und die Alterung enorm“, sagt der Mediziner. Kein Rauchen, wenig Alkoholkonsum und regelmäßiges Auftragen von Sonnencreme im Gesicht sind seine Empfehlungen für ein möglichst langfristiges vitales Aussehen. Von diversen Cremes, die einen „Anti-Aging-Effekt“ versprechen, rät er ab. „Das ist eine große Betrügerei. Cremes können Faltenbildung nicht aufhalten, sie dienen lediglich der Hydrierung“, sagt Wagner. Ansonsten mache auch die Genetik viel aus. Ein bisschen Glück gehört also auch dazu.
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