Anfang Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Entfesselt vom Deutschen Reich, hatte er binnen sechs Jahren weltweit rund 60 Millionen Menschenleben gefordert. Die Redaktion des Landsberger Tagblatts plant zum Kriegsende vor 80 Jahren eine besondere Aktion: Wir suchen Zeitzeugen, die ihre Erinnerungen teilen wollen. Wie war der Einmarsch der Amerikaner? Was ist in den Wochen vor und nach dem Kriegsende alles passiert? Welche Entbehrungen gab es? Dabei sollen sich die geschilderten Ereignisse möglichst auf das Gebiet des Landkreises Landsberg konzentrieren.
Es gibt viele Fragen, die sich die jüngeren Generationen stellen, um mehr über diese dramatischen Monate zu erfahren. Und hoffentlich kommen noch mehr Antworten. Wer seine Erinnerungen für die Nachwelt festhalten will, kann der Redaktion eine E-Mail schreiben, anrufen oder auch einen Brief schicken. Vielleicht hat der eine oder andere Zeitzeuge auch noch Bilder aus der Zeit. Die Erinnerungen sollen festgehalten und nach Möglichkeit veröffentlicht werden. In der Vergangenheit hat unsere Redaktion schon einige Erlebnisse von Zeitzeugen, aber auch die Nachforschungen von Historikern zum Kriegsende im Landkreis Landsberg veröffentlicht. Einige Beispiele:
- Erst vor wenigen Wochen hat unsere Redaktion mit dem 93 Jahre alten Rupert Steinle aus Epfach gesprochen. Er lebt noch im Haus seiner Kindheit und Jugend, einem ehemaligen Landwirtschaftshof. Er erinnerte sich an abstürzende Flieger, Kriegsgefangene und das Ende des Krieges. Ein Ereignis hat er nach vielen Jahrzehnten noch immer klar vor Augen: Eines Abends stürzte über Epfach ein englisches Flugzeug ab. „Es war nachts und plötzlich tat es einen lauten Knall. Ich bin dort hingegangen, es war zwei Kilometer entfernt unserem Haus. Mitten im Schnee hat man die Überreste der Maschine und den verstorbenen Piloten gesehen“, erinnerte er sich.

- Ende April 2022 berichtete unsere Redaktion über die Erinnerungen von Waltraud Dörre aus Landsberg, die als kleines Kind den Einmarsch der Amerikaner in Landsberg erlebte. „Warum Landsberg nicht bombardiert wurde“ hat sie ihre Erzählung überschrieben und erzählt darin, was sie – in komprimierter Form – den Aufzeichnungen ihres Vaters entnommen hat. Dörres Fazit: „In erster Linie ist es dem damaligen Bürgermeister Dr. Linn, zwei einsichtigen Kommandanten der Wehrmacht und den Polizisten Leitenstorfer und Pflanz zu verdanken, dass wir uns auch heute noch an unserer schönen Altstadt und unseren herrlichen Kirchen erfreuen können. Bei einer Bombardierung wäre nicht mehr viel davon übrig geblieben.“
- Die Masterarbeit von Julia Ahlert über das Lager der Displaced Persons in Landsberg war im Mai 2020 Thema eines Artikels im Landsberger Tagblatt. Ihre Arbeit handelt von dem schwierigen Verhältnis zwischen Deutschen und Juden, die in direkter Nachbarschaft lebten. In Landsberg und Umgebung gab es 1945 elf KZ-Außenlager mit Zehntausenden, meist jüdischen KZ-Häftlingen. In den letzten Kriegstagen brachte die SS die Mehrheit der Gefangenen weg und überließ diejenigen, die zu schwach waren, um zu laufen, ihrem Schicksal. Nach der Befreiung der Arbeitslager brachte die US-Armee die Überlebenden in der Saarburgkarserne in der Katharinenvorstadt unter. Die Kaserne bot Platz für 2500 Personen. Im September 1945 befanden sich dort aber 6000 Personen, davon waren 5000 Juden. Immer wieder kam es zu Spannungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen DPs, aber auch mit der Landsberger Bevölkerung.

- Am 28. April 1945 kamen die Amerikaner auch nach Pürgen. Bei der Familie von Peter Murr hinterließen sie eine Tür mit Einschusslöchern. Darüber berichtete unsere Redaktion im Mai 2020. Das hölzerne Teil konnte der damals 78-Jährige noch immer zeigen. Peter Murr war noch sehr klein an diesem 28. April, aber daran, dass er in einem Keller auf Kartoffeln saß, erinnerte er sich noch gut. Die Familie, darunter Peter Murr und sein Halbbruder Albert Bauer, hatte sich auf einem etwas abseits gelegenen Gehöft versteckt. Beide haben die Erinnerungen aufgeschrieben, darunter die Geschichte von der Tür mit den Einschusslöchern.
- Im Mai 2015 veröffentlichte das Landsberger Tagblatt einen Artikel über Christel Kemény aus Landsberg, die 22 Jahre alt war, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. An eine Begebenheit erinnerte sie sich im Gespräch mit unserer Redaktion besonders: Es war Ende April, Anfang Mai 1945 und die amerikanischen Soldaten schon in der Stadt. Ein „kohlrabenschwarzer“ GI hatte es sich auf einem Poller vor der heutigen Musikschule bequem gemacht, als ein fünf bis sechs Jahre altes Mädchen vor ihm stehen blieb. Vorsichtig und scheu näherte es sich dem Soldaten, befeuchtete seinen Zeigefinger mit der Zunge und versuchte, die „schwarze Farbe“ von der Haut des Mannes zu putzen.
Wer seine Erinnerungen teilen will: Per E-Mail können Berichte und Bilder an redaktion@landsberger-tagblatt.de geschickt werden. Briefe gehen per Post an Landsberger Tagblatt, Von-Kühlmann-Straße 3, 86899 Landsberg. Telefonisch ist die Redaktion unter 08191/326-216 oder 326-214 zu erreichen.
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