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Weilerin besiegt Schmerzen und bricht Weltrekord mit dem Velomobil

Weil

Weilerin besiegt Schmerzen und bricht Weltrekord mit dem Velomobil

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    Nicola Walde aus Weil hat mit dem Velomobil ihren eigenen Weltrekord verbessert.
    Nicola Walde aus Weil hat mit dem Velomobil ihren eigenen Weltrekord verbessert. Foto: Christian Rudnik (Archivfoto)

    Weltrekorde zu brechen, ist neben einem Olympiasieg wohl das ultimative Ziel eines jeden Sportlers und einer jeden Sportlerin. Nicola Walde aus Weil hat das 2022 mit dem Velomobil, einem Liegefahrrad, schon geschafft. Jetzt hat sie diesen noch einmal verbessert. In 24 Stunden ist sie auf einer Teststrecke bei Aachen mit reiner Muskelkraft 1173 Kilometer gefahren. Unsere Redaktion hat mit ihr über die ungewöhnliche Vorbereitung gesprochen, die extremen Belastungen für den Körper und wofür während des Rennens auf keinen Fall Zeit ist.

    Es sind extreme Strapazen, die Sportler auf sich nehmen, um Außergewöhnliches zu leisten. Das machen Sätze von Nicola Walde wie „Wer auf Toilette geht, schafft den Rekord nicht“, deutlich. Angehalten wird nur im äußersten Notfall. Dreimal zehn Minuten hatte sich Walde bei ihrem Weltrekord zugestanden. Kleine Boxen mit Nudeln und Müsli hatte sie zur Stärkung in ihrem Fahrrad dabei und Windeln, die sie im Bedarfsfall untergelegt hatte. Durch die Anstrengung bleibe ohnehin nicht mehr viel Flüssigkeit im Körper übrig, sagt sie.

    Viel Ruhe und Schlaf in Vorbereitung auf den Weltrekord

    Dass sie die Herausforderung nun noch einmal angegangen ist, hat damit zu tun, dass sie beim ersten Mal das große Ziel nicht schaffte: einen Schnitt von 50 Kilometern pro Stunde. 47 Kilometer pro Stunde waren es vor zwei Jahren bei guten Bedingungen. Wenn sie über die Vorbereitung spricht, klingt das nicht unbedingt nach der Vorbereitung auf solch eine Herausforderung. „Die Konzentration lag auf viel Ruhe und Schlaf“, sagt die 50-Jährige, die eine Teilzeitstelle als Musikerin beim Polizeiorchester in München hat. „Mein Partner Daniel ist nachtaktiv. In normalen Zeiten bekomme ich deswegen selten genug Schlaf. Ich habe jetzt vorab bewusst darauf geachtet, dass es anders ist.“

    Dass es mental passt, sei ohnehin wichtiger als die körperliche Fitness, sagt Walde. „Das Rennen gewinnt oder verliert man im Kopf.“ Da sie über den Winter aber fast gar nicht trainierte, startete sie im Frühjahr langsam wieder mit dem Training, um sich nicht zu verletzen. Am Tag des Rekordversuchs war sie gelöst und hatte sich für ihre vertraute Rennmaschine entschieden, die sie kennt. Das alternative Modell war in den Tests vergleichbar schnell. Ihr Freund hatte die Nacht zuvor durchgearbeitet und alles vorbereitet. Um 9.30 Uhr ging es los. „Es hat gefühlt ewig gedauert, bis ich in Schwung war. Wegen des Windes musste ich mehr Kraft investieren, als ich geplant hatte.“ Ihr Schnitt lag zu dem Zeitpunkt leicht über 50 Kilometern pro Stunde. Erst am Nachmittag wurde es wärmer. „Ich mag Hitze“, sagt Walde über sich selbst.

    Eigenlob hilft der Weilerin, die Belastung durchzustehen

    Als Außenstehender stellt man es sich langweilig vor, über einen so langen Zeitraum die immer gleiche, zwei Kilometer lange, Runde zu fahren, doch wie geht es der Weilerin dabei? „Solche negativen Gedanken darf man nicht zulassen und muss sich stattdessen selbst loben für das, was man schon geschafft hat.“ Musik hört sie auch nicht, um etwas Abwechslung zu haben. „Ich hatte nur einen Tango im Kopf, der sehr gut zu meinem Fahrtempo passte und der mir wieder ins Gedächtnis kam.“

    Nach zehn Stunden habe sie sich bis auf einen Aspekt noch sehr wohlgefühlt: Eine Blase am Fuß habe sie „wahnsinnig gemacht.“ Und eine schlechte Nachricht vom Team erreichte sie. Sie musste anhalten, weil sie vergessen hatten das Rücklicht einzuschalten. „Ich hätte den Rekord zur Halbzeit nach zwölf Stunden auf über 52 Kilometer pro Stunde schrauben können. Das war dann nicht mehr möglich, aber es ist immerhin ein neuer Rekord geworden“, erinnert sich die 45 Kilogramm wiegende Weilerin. Die vorzeitige Pause habe ihr aber dennoch gutgetan, sagt sie.

    Und eine Entscheidung sei Gold wert gewesen. Sie hatten dieses Mal einen Physiotherapeuten dabei, der die Beine und den Rücken in den Pausen behandelte. Auf die Blase kam ein Pflaster. Doch das Problem blieb bestehen. Walde nahm eine Schonhaltung ein, was zu muskulären Problemen führte. Wegen der Schmerzen wollte sie in der 18. Stunde des Rekordversuchs noch einmal anhalten und kontaktierte ihr Team, doch niemand antwortete. Einer organisierte gerade etwas, der andere schlief und der Mann an der Zeitnahme hörte sein Telefon nicht. Die Weilerin fuhr also weiter, um den Rekord zu schaffen, merkte aber, dass sie langsamer wurde. Als das Team nach einigen Minuten zurückrief, fuhr sie doch in die Box. Damit war aber auch klar, dass sie ein erhofftes Ziel nicht mehr zu schaffen war: 1200 Kilometer oder mehr zu fahren.

    „Bis etwa zur Rekordmarke konnte ich die Leistung halten, danach musste ich umdisponieren für die letzten 50 Minuten. Die Muskeln waren völlig hinüber und die Blase am Fuß störte weiterhin. Eine Position gab es, da war es zu ertragen.“ Die letzten 50 Minuten nahm sie dann etwas das Tempo raus. Im Ziel half ihr das Empfangskomitee aus dem Velomobil. „Ich konnte nicht mehr laufen, aber grinsen schon, denn wir haben den alten Rekord um 45 Kilometer überboten, und der Schnitt meiner reinen Fahrtzeit war über 50 Kilometer pro Stunde.“

    Eigentlich sollte jetzt endgültig Schluss sein, doch ein Hintertürchen lässt sich Nicola Walde noch offen: „Daniel hat anklingen lassen, es könnte doch noch ein wirklich kleines, reines Rekordfahrzeug für mich geben, er hätte da so Ideen.“

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