Eigentlich gehört Alkohol für die Landsberger Freundesgruppe irgendwie dazu. Ein Feierabendbier, ein Glas Sekt zum Anstoßen bei besonderen Anlässen oder ein Glas Wein nach einem stressigen Tag: All das genießen Anka Resch, Sven Broschulat und seine Partnerin Anja Trinczek im Alltag gerne. Kennengelernt haben sie sich im Nachtleben, wo Alkohol routinemäßig als soziales Schmiermittel dient. Diesen Januar haben sie sich für eine Pause vom Alkohol entschieden – alle aus unterschiedlichen Gründen. Denn einiges – aber nicht alles – am Konsum sehen die Landsberger kritisch. Im Rahmen unserer Serie zum Thema Schönheit und Gesundheit gehen wir dem Trend „Dry January“ auf den Grund.
Die Tradition des Dry January entstand bei einer Landsbergerin aus einer Wette
Für die 32-jährige Anka ist der alkoholfreie Januar inzwischen ein bekanntes Ritual, das sie in diesem Jahr noch durch den „Veganuary“, also eine komplett vegane Ernährung, ergänzt. Bei ihr entstand die Alkoholpause vor einigen Jahren aus einer Wette mit mehreren Freunden heraus. Beim Wetteinsatz bleibt die Ironie nicht unbemerkt: Wer einen Monat lang durchhält, bekommt von den anderen ein Fass Bier. „Die Wette läuft zu dritt. Einer ist schon eingeknickt, der andere schafft es, glaube ich, dieses Jahr“, sagt sie.
Für Sven kam das Thema auf, als er seinen Alkoholkonsum zur Weihnachtszeit rekapitulierte. „Wir wohnen in der Altstadt und ich bin stark in die Gastronomieszene eingebunden, da trinkt man schnell hier und da mal was. Irgendwann muss Pause sein“, sagt der 34-Jährige. „Vor allem, wenn man viel im Nachtleben unterwegs ist, schadet es nicht, keinen Alkohol zu trinken“, meint der Landsberger. Erst dann merke man auch, wie komisch man angeschaut wird, wenn man nichts trinkt. „Das ist in Deutschland ja das Perverse: Man muss sich nicht rechtfertigen, wenn man konsumiert, sondern nur, wenn man nicht konsumiert“, so Sven. „Meiner Meinung nach ist Alkohol die gefährlichste Droge, weil sie gesellschaftliche so akzeptiert ist“, findet er.
Konsum von alkoholfreien Getränken steigt bei jüngeren Menschen
Seine Partnerin Anja hat sich ihm bei der Pause angeschlossen. Sie trinke zwar öfter mal länger keinen Alkohol. „Aber es ist das erste Mal, dass ich mir bewusst einen Zeitraum dafür nehme“, sagt sie. Auch sie meint, dass es gerade in der Nachtlebens-Szene weniger akzeptiert sei, keinen Alkohol zu trinken. „Als ich jünger war, habe ich mich noch eher überreden lassen. Inzwischen habe ich kein Problem damit, nein zu sagen“, sagt sie 29-Jährige. Niemand solle sich rechtfertigen müssen, weil man keinen Alkohol trinkt, so die Landsbergerin.
Generell sei den Freunden aufgefallen, dass weniger Alkohol konsumiert wird. „Bei den Verkaufszahlen auf Events sieht man, dass der alkoholfreie Anteil zunimmt“, sagt Sven. Auch Anka, die auf dem Puls-Festival in Kaltenberg gearbeitet hat, sagt, dass die jungen Menschen immer weniger Alkohol trinken und stattdessen zu Saftschorlen und Spezi greifen.
Die Studienlage gibt ihnen in Teilen recht. Laut Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2023 trinken knapp sieben Prozent der Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren regelmäßig, also mindestens einmal wöchentlich Alkohol, bei den Buben sind es zwölf Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2004 haben sich die Werte mehr als halbiert. Das sogenannte Rauschtrinken, das während der Corona-Pandemie abgenommen hatte, ist inzwischen wieder auf dem Vor-Corona-Niveau angekommen. Laut einer YouGov-Studie aus dem Jahr 2022 trinkt knapp die Hälfte der jungen Menschen zwischen 18 bis 24 Jahren gar keinen Alkohol.
Alkoholkonsum kann negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben
Die Gründe für den temporären Alkoholverzicht sind bei den drei Freunden unterschiedlich. Für Sven gehe es bei seinem persönlichen Dry January vor allem um die Stärkung des Selbstbilds. „Ich weiß, dass es auch gut alkoholfrei geht“, sagt der 34-Jährige. „Die Pause hat bei mir auch dazu geführt, Alkohol wieder mehr als Genussmittel wahrzunehmen, das man bewusst konsumiert.“ Einig sind sich die drei Landsberger bei einer Sache: Der nächste Tag ist ohne Alkohol am Vorabend deutlich schöner. So steht Anka etwa gerne früh auf und macht dann Sport – dem kommt der Kater nach einem feuchtfröhlichen Abend jedoch manchmal in die Quere. „Wenn man nicht auskatert, ist mehr Zeit für andere Dinge da“, findet auch ihre Freundin Anja. Außerdem spare man sich Geld, wenn man keinen Alkohol trinkt.
Ganz auf Alkohol zu verzichten, das können sich die drei Landsberger aktuell nicht vorstellen. Anja etwa wolle sich nicht so streng einschränken. „Ich fände es schade mir etwas zu verbieten. Ich schade mir damit ja nicht, solange es in Maßen geschieht“, meint sie. Über negative gesundheitliche Auswirkungen des Alkoholkonsums macht sich die Gruppe wenig Sorgen. Medizinisch betrachtet stellen bereits kleine Mengen an Alkohol ein Gesundheitsrisiko dar. 2024 aktualisierte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DEG) ihr Positionspapier zu Alkohol: „Es gibt keine risikofreie Menge“, so die DEG heute.
Laut Hausärztin Tanja Bals ist Alkoholverzicht immer gut für die Gesundheit
Das bestätigt Tanja Bals, Hausärztin in Apfeldorf. „Jeder Tropfen Alkohol ist Gift“, sagt sie. Durch den Konsum wird die Leber geschädigt, das Krebsrisiko erhöht und das Gehirn geschädigt. „Außerdem ist immer eine Suchtgefahr gegeben, was im Extremfall zum Tod führen kann“, so Bals. Eine Alkoholpause beziehungsweise gänzlicher Verzicht sei immer empfehlenswert. „Ohne Alkohol kann sich die Leber erholen und ihre Funktion als Entgiftungsorgan mit der Zeit wieder besser aufnehmen. Aus gesundheitlicher Sicht lohnt sich jeder Tag ohne Alkohol“, erklärt die Ärztin. Sie selbst verzichtet deshalb komplett darauf.
Auch Harald Tigges, Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum Landsberg, erklärt, dass es beim Alkoholkonsum keine gesundheitlich unbedenkliche Menge gebe. Aus medizinischer Sicht ergebe ein „Dry January“ allein keinen Sinn. „Das Motto sollte eher lauten: Möglichst wenig oder besser keinen Alkohol langfristig zu konsumieren“, sagt Tigges. Nur so könne man gesundheitliche Folgeschäden vermeiden. Alkohol sei beim Gesundheitsrisiko auf gleicher Stufe mit Asbest und Tabak zu sehen.
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