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Vilgertshofen: Issinger Baugebiet: Grundstücksverkauf hat teures Nachspiel

Vilgertshofen

Issinger Baugebiet: Grundstücksverkauf hat teures Nachspiel

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    Alfred Lichtenstern verkaufte der Gemeinde Vilgertshofen ein großes Grundstück inklusive Privatstraße, die als Zufahrt ins neue Baugebiet genutzt wird. Nun verlangt die Gemeinde von ihm einen Erschließungsbeitrag.
    Alfred Lichtenstern verkaufte der Gemeinde Vilgertshofen ein großes Grundstück inklusive Privatstraße, die als Zufahrt ins neue Baugebiet genutzt wird. Nun verlangt die Gemeinde von ihm einen Erschließungsbeitrag. Foto: Christian Rudnik

    Im Jahr 2015 verkaufte Alfred Lichtenstern der Gemeinde Vilgertshofen Grund, inklusive einer frostsicheren Privatstraße, die er beim Bau seines Hauses im Jahr 1985 auf eigene Kosten errichten ließ. Über diese Straße erfolgt die Zufahrt in ein Baugebiet mit 16 Parzellen, das ohne die Straße nicht hätte erschlossen werden können. Doch nun verlangt die Gemeinde von ihm 28.800 Euro Erschließungsbeitrag. Er fühlt sich getäuscht und kritisiert die Rechtsaufsicht des Landratsamts, die mehrere seiner Kompromissvorschläge abgelehnt hat. Der Issinger hat sich mit einer Petition an den Bayerischen Landtag gewandt.

    Grundstück fürs Baugebiet im Südosten Issing verkauft

    Als die Gemeinde mit ihrem Anliegen, ein Baugebiet im Südosten von Issing auszuweisen, auf Alfred Lichtenstern zukam, freute er sich, war das doch die Chance, für seine Kinder Bauplätze zu bekommen. Die Besitzer der Grundstücke sollten 25 Prozent der Fläche als Eigenanteil behalten können. Zunächst waren sich auch alle Seiten einig, doch im November 2020 forderte die Kommune die fünfstellige Summe für die Erschließung der Straße ein. „Mir wurde beim Verkauf verschwiegen, dass ich mein Erschließungsrecht auf den Garten meines Wohnhauses verliere und ich dadurch zu Straßenausbaugebühren herangezogen werden kann. Wäre mir das bekannt gewesen, hätte ich einen anderen Preis verlangt. Ich bin der Kommune ohnehin finanziell entgegengekommen, wegen der Chance, Bauland für meine Kinder zu bekommen“, so der 66-Jährige. Bei der Unterschrift des städtebaulichen Vertrags sei ihm zugesichert worden, dass keine weiteren Kosten auf ihn zukommen werden, äußert Lichtenstern.

    Bürgermeister Dr. Albert Thurner sagt zu dem Fall: „Wir haben als Gemeinde übersehen, dass Herr Lichtenstern durch das Geschäft beitragspflichtig wird. Das ist erst durch die Prüfung der Verwaltung aufgefallen. Herr Lichtenstern ist zurecht davon ausgegangen, dass keine weiteren Kosten auf ihn zukommen.“ Nun aber greife das Erschließungsbeitragsrecht und verenge die Handlungsspielräume der Gemeinde stark. „Wir sind weiterhin im Gespräch, um eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten leben können“, sagt der Bürgermeister.

    Was hat die Kommunale Rechtsaufsicht am Landsberger Landratsamt damit zu tun?

    Eine wichtige Rolle spielt bei der Angelegenheit die Kommunale Rechtsaufsicht am Landratsamt. Sie hat die Aufgabe, die Einhaltung und Erfüllung der festgelegten öffentlichen Aufgaben und Verpflichtungen der Verwaltungen zu überwachen. Rat holte sich dort auch Albert Thurner. Dieser verwies laut Lichtenstern immer wieder darauf, dass er sich an deren Vorgaben halten müsse. Eine Einschätzung, die der 66-jährige Issinger nicht teilt und sich an den Petitionsausschuss für kommunale Fragen des Landtags wandte. „Ich sehe hier einen unberechtigten Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.“

    Im neuen Baugebiet in Vilgertshofen-Issing stehen inzwischen Neubauten.
    Im neuen Baugebiet in Vilgertshofen-Issing stehen inzwischen Neubauten. Foto: Christian Rudnik

    Einigungsversuche beider Seiten scheiterten in der Vergangenheit am Veto der Rechtsaufsicht. Zunächst hatte Vilgertshofens Altbürgermeister Konrad Welz angeregt, dass die Gemeinde im Zuge der kommunalen Selbstverwaltung eine Ergänzung zum ursprünglich notariellen Kaufvertrag tätigen kann, wenn der zu niedrige Kaufpreis von einem Gutachter bestätigt wird. Der Gemeinderat beschloss in nicht öffentlicher Sitzung bei der Rechtsaufsicht auszuloten inwieweit Nachverhandlungen möglich sind, um sich nicht der Untreue schuldig zu machen. Im Dezember 2020 teilte die Gemeinde dem von Alfred Lichtenstern hinzugezogenen Rechtsanwalt mit, dass die Rechtsaufsicht des Landkreises jegliche Nachverhandlungen ablehne. „Das wurde damit begründet, dass ich durch den Grundstücksverkauf beitragspflichtig geworden bin und die Gemeinde kein Geld verschenken darf. Dass der Vertrag nicht rechtskonform zustande kam, wurde ignoriert.“

    Im April vergangenen Jahres startete der Issinger dann einen eigenen Versuch, um die Angelegenheit außergerichtlich zu lösen. Er stellte einen Antrag auf teilweisen Erlass wegen sachlicher Härte und begründete diesen mit dem Vorenthalten von Informationen. Auch in diesem Punkt legte die Rechtsaufsicht ihr Veto ein, sagt er. Im Juli 2021 habe sich der Bürgermeister bei ihm gemeldet. „Er berichtete mir, dass die Rechtsaufsicht nach Rücksprache zugestimmt habe, dass die Gemeinde ein Gutachten beauftragen könne. Sollte dieses die Aufwertung des Grundstückes bestätigen, sei ein Nachtrag im städtebaulichen Vertrag möglich. Laut Alfred Lichtenstern ergab das Gutachten, dass die Gemeinde etwa 40.000 Euro zu wenig bezahlt habe. Die Gemeinde stellte deswegen einen Antrag bei der Rechtsaufsichtsbehörde über die Ergänzung des ursprünglichen Kaufvertrages. Doch auch diesmal lehnte die Rechtsaufsicht ab und argumentierte, dass bei der Summe keine Sittenwidrigkeit vorliege.

    Antrag abgelehnt: Hat die Gemeinde Vilgertshofen alles richtig gemacht?

    Lichtenstern erklärte sich bereit, 8000 Euro zu zahlen. Er argumentiert, dass er zwar eine frostsichere Zufahrt geschaffen habe, aber bereit sei, sich an der später aufgetragenen Teerdecke finanziell zu beteiligen. Die Rechtsaufsicht am Landratsamt habe aber der Gemeinde untersagt, einen Vergleich einzugehen. Sie äußert sich nicht zu dem Fall und begründet dies so: „Es handelt sich um Angelegenheiten, die in nicht öffentlichen Sitzungen behandelt wurden. Darüber hinaus handelt es sich um Grundstücksangelegenheiten, Inhalte eines städtebaulichen Vertrages und nicht zuletzt um Steuerangelegenheiten, die allesamt vertraulich zu behandeln sind.“

    Das Landratsamt verweist darauf, dass seine Rechtsauffassung im Laufe des Verfahrens auch vom bayerischen Innenministerium komplett geteilt worden sei. Manfred Ländner (CSU), Mitberichterstatter im Petitionsausschuss des Landtags zu dem Fall, bestätigt auf LT-Nachfrage, dass der Gemeinde juristisch nichts vorzuwerfen sei und der Antrag Lichtensterns deswegen abgewiesen worden sei. Er äußerte in der Ausschusssitzung aber auch: „Wenn eine Gemeinde so verhandelt, wird es für sie schwierig, neue Grundstücke zu bekommen.“ Alfred Lichtenstern hofft, dass sich doch noch ein Kompromiss findet, mit dem beide Seiten leben können.

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