Bis ins hohe Alter in den eigenen vier Wänden leben können: Das ist wohl der Wunsch der meisten Menschen. Doch je älter jemand wird, desto anfälliger ist er oder sie für körperliche oder geistige Gebrechen und die alleinige Bewältigung des Alltags wird immer schwieriger. Das heißt jedoch nicht, dass man direkt in ein Pflegeheim ziehen muss. Die sogenannte Tagespflege bietet einen Kompromiss zwischen Selbstständigkeit und betreuter Pflege. Zwei Klientinnen aus dem südlichen Landkreis erzählen, wieso sie die Tagespflege nicht missen möchten.
Im Landkreis Landsberg gibt es mehrere Tagespflegeeinrichtungen
Die 80-jährige Monika Sepp erinnert sich noch auf den Tag genau an ihren ersten Besuch bei der Tagespflege des Pflegeteams WaNiKa in Rott. „Hier in Rott war ich im Januar 2022 der dritte Gast“, erzählt sie. Geistig ist die 80-Jährige aus Reichlingsried fit, aber seit ein paar Jahren macht die Osteoporose ihr zu schaffen. Daheim wohnt sie allein, Auto fahren darf sie nicht mehr. „Hierherzukommen ist eine schöne Abwechslung, da kommt man mal aus dem Haus und unter Leute“, sagt Sepp. „Ich freue mich jede Woche auf die Tagespflege.“
Grundsätzlich ist die Tagespflege eine flexible Form der Pflege und erfolgt teilstationär tagsüber oder auch nachts. Bei diesem Modell lebt die zu pflegende Person noch daheim und wird womöglich von Angehörigen unterstützt. Wenn die Angehörigen weiterhin berufstätig sind, leistet die Tagespflege Entlastung. Meistens werden die Pflegebedürftigen morgens von daheim abgeholt, verbringen den Tag in der Pflegeeinrichtung und werden nachmittags wieder nach Hause gebracht. Pflegerinnen und Pfleger können dabei auch noch zu Hause beim Duschen oder Anziehen helfen, je nachdem, welche Bedürfnisse der oder die Gepflegte hat.
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Monika Sepp ist zweimal pro Woche in der Tagespflege. Wie sie im Alter gepflegt werden möchte, darüber habe sie sich lange keine Gedanken gemacht. „Früher gab es so etwas gar nicht. Als ich dann gehört habe, dass die Einrichtung in Rott eröffnet, habe ich sofort gesagt, dass ich dabei sein will“, erzählt die 80-Jährige. Sie genieße die Tage in der Pflege, wo man gemeinsam frühstückt, singt und sich mit Rätselraten beschäftigt. Einen Teil der Kosten zahlt sie von ihrem Ersparten. Die Höhe der Selbstbeteiligung halte sie für fair.
Beim Thema Pflege gibt es immer noch Berührungsängste
Auch die 89-jährige Doris Ditzel aus Rott sei mit der Tagespflege „wunschlos glücklich“. Ihre Tochter meldete sie vor zwei Jahren bei WaNiKa an. „Durch die Tagespflege bleibe ich fitter, daheim würde ich eigentlich nur herumsitzen. Ich habe dadurch eine höhere Lebensqualität“, sagt Ditzel, die in einer Seniorenwohnanlage lebt. Daheim unterstützt sie ihre Tochter Andrea Böhmer, indem sie etwa die Einkäufe erledigt. Ansonsten komme sie zwar noch gut zurecht. „Aber in der Tagespflege ist es schön, dass so viele Menschen da sind“, so die 89-Jährige.
Doch nicht alle Seniorinnen und Senioren nehmen Pflegeangebote so selbstverständlich an, wie die beiden Frauen. Das weiß Regina Nieberle, Mitgründerin des Pflegeteams WaNiKa. „Viele ältere Menschen haben Berührungsängste beim Thema Pflege oder sorgen sich um ihre Eigenständigkeit. Das ist das größte Hindernis“, sagt Nieberle. Hier liege jedoch ein Trugschluss: „Die Menschen, die zur Tagespflege kommen, bleiben fitter, weil sie mehr rauskommen. Das führt dazu, dass sie letztlich länger bei sich daheim wohnen können“, sagt Nieberle. „Man kann nur davon profitieren.“ Manchmal seien es aber auch die Angehörigen, die ein schlechtes Gewissen dabei haben, die Pflege abzugeben.
Für pflegende Angehörige kann die Tagespflege eine große Entlastung sein
Wie Andrea Böhmer, die Tochter von Doris Ditzel, berichtet, sei die Tagespflege für sie eine große Entlastung. Neben den zwei Tagen pro Woche kommt jeden Tag morgens und abends jemand vom Pflegedienst vorbei und hilft ihrer Mutter mit den Kompressionsstrümpfen. „Als ich mich noch allein um sie gekümmert habe, war ich immer unruhig, wenn sie mal nicht ans Telefon gegangen ist. Da jetzt immer jemand da ist, muss ich mir keine Sorgen mehr machen“, sagt Böhmer. Mit ihrer Mutter habe sie im Vorfeld oft über die Tagespflege gesprochen, bevor sie zum ersten Mal dort waren. „Anfangs war es ungewohnt, aber sie hat seit Beginn an keinem einzigen Tag gefehlt“, erzählt die 58-Jährige. „Ich merke, dass es ihr guttut. Ihr Geist wurde durch die Förderung in der Tagespflege wiederbelebt.“ Sie empfehle die Tagespflege auf jeden Fall weiter.
Damit sich Interessierte persönlich ein Bild von der Tagespflege machen können, gibt es bei den WaNiKa-Einrichtungen in Rott und Utting Schnupper-Nachmittage für Seniorinnen und Senioren. Unverbindlich und kostenfrei können sie einen Nachmittag miterleben und so herausfinden, ob das Angebot ihnen gefällt. Dazu sei laut Pflegerin Nieberle meist nur ein Anruf am vorigen Tag notwendig. Ihr Rat: „Man sollte es einfach mal ausprobieren und sich die Frage stellen: Wie soll mein Leben im Alter aussehen?“ Wichtig sei ihr, dass die Menschen sich präventiv mit dem Thema Pflege auseinandersetzen, um so rechtzeitig die beste Lösung zu finden.
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