Das 18. Fünf Seen Film Festival ist mit einer großen Abschlussfeier und der großen Preisverleihung zu Ende gegangen. Im internationalen Wettbewerb um den Fünf Seen Filmpreis wurde der österreichische Film „Europa“ von Regisseurin und Drehbuchautorin Sudabeh Mortezai ausgezeichnet: Managerin Beate (Lilith Stangenberg) reist für einen multinationalen Konzern in ein abgelegenes Tal in Albanien, um den wenigen Einheimischen ihr Land abzukaufen. Doch ein eigensinniger Bauer und Imker will das Land seiner Vorfahren auf keinen Fall aufgeben.
„Wir zeichnen einen vielschichtigen und kraftvollen Film aus, der zunächst auf subtile, und dann immer tiefgreifendere Weise einen Blick auf drängende und zeitgemäße Konflikte wirft“, begründet die Jury ihre Wahl. Die Jury bildeten Rainer Bock (Schauspieler), Ofir Graizer (Regisseur, Autor), Christine Haupt (Produzentin, Förderreferentin FFF Bayern), Felix von Poser (Produzent) und Christian Wagner (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent). Der ausgezeichnete Film zeige den Zuschauerinnen und Zuschauern den gnadenlosen Egoismus westlicher Industrien, der auf traditionsreiche Werte und eine Kultur stößt, die über Generationen hinweg gewachsen sind. „Er ruft dazu auf, über unsere Rolle in der Welt nachzudenken, über die Verantwortung, die wir alle tragen, und führt uns zu einem tieferen Verständnis für unterschiedliche Kulturen, deren Wert und Einzigartigkeit oft übersehen werden“, heißt es in der Jurybegründung weiter. Der Fünf Seen Filmpreis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird vom Landratsamt Starnberg gestiftet.
Harald Friedl begleitete ein Rumänin, die eine 86-Jährige rund um die Uhr betreut
Und noch einmal stand Österreich im Mittelpunkt der Auszeichnungen. Mit dem Dokumentarfilmpreis 2024 ausgezeichnet wurde der österreichische Filmemacher Harald Friedl. Dotiert ist der Preis mit 3000 Euro und wird von der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg gestiftet. In seinem Dokumentarfilm „24 Stunden“ begleitete er die Rumänin Sadina, die regelmäßig aus ihrer Heimat nach Österreich fährt, um eine bettlägerige 86-jährige Frau rund um die Uhr zu betreuen. Friedl habe die Stärke der Protagonistin intim und überzeugend eingefangen, ist die Jury überzeugt. Zur Jury in dieser Kategorie gehörten Uli Decker (Autorin, Regisseurin), Sabine Lidl (Regisseurin) und Sebastian Saam (Regisseur). Neben der nahen und eindringlichen Beobachtung der Hauptfigur Sadina entwickle der Film auch ein sozialpolitisch höchst relevantes Thema. Über 50.000 Sadinas arbeiten im Land, in oft schwierigen arbeitsrechtlichen Verhältnissen. „24 Stunden“ öffne dafür den Blick, schaffe Empathie und liefere eine sehr starke Geschichte, die handwerklich überzeugend umgesetzt sei.
Perspektive Spielfilmpreis für den deutschen Film „Good News“
Der Perspektive Spielfilmpreis ging an den deutschen Film „Good News“ von Regisseur Hannes Schilling. Der Film handelt von einem deutschen Journalisten, der auf eine spektakuläre Story über eine thailändische Rebellengruppe hofft, mit der er den beruflichen Durchbruch schaffen will. Dafür geht er große Risiken ein: für sich und andere. In der Jurybegründung heißt es: „Der Preis geht an einen Film, der stilistisch die Grenzen zwischen Fiktion und Dokumentation aufbricht. Die Hauptfigur verstrickt sich immer tiefer in ein Netz aus leeren Versprechungen, Lügen und in ein ethisches Dilemma. Trotz westlichem Egozentrismus und skrupelloser Ausbeutung gelingt es diesem Film, eine empathische Nähe zur Hauptfigur zu eröffnen und die feinen Schattierungen zwischen Gut und Böse spürbar zu machen. Wie weit gehen wir für den eigenen Vorteil und wann erkennen wir den Abgrund, den wir uns selbst damit geschaffen haben?“. Der Perspektive Spielfilmpreis in Höhe von 3000 Euro wird von Barbara Rosenthal gestiftet.
Eine lobende Erwähnung sprach die Jury, bestehend aus Phoebe Ammon (Regisseurin), Chiara Höflich (Schauspielerin und Produzentin) und Louis Panizza (Bühnen- und Kostümbildner) für „Animal“ von Sofia Exarchou aus.
Das FSFF-Publikum kürt den Film „Urgewald - auf den Spuren des Geldes“
Karin und Peter Wejdling porträtieren in ihrem Film „Urgewald - auf den Spuren des Geldes“ die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald, die seit über 30 Jahren Widerstand gegen Zerstörung und Vertreibung leistet. Dafür wurden die beiden mit dem Horizonte Filmpreis gewürdigt. In dieser Reihe liefen sieben Filme, der Gewinnerfilm wurde vom Publikum gewählt. „Urgewald - auf den Spuren des Geldes“ hat sich „in besonderem Maße um Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter und stimmiges Zusammenleben zwischen Mensch und Natur verdient gemacht.“ Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert und wird von der Gleichstellungsstelle des Landratsamtes Starnberg gestiftet.
Und noch einmal hatte das Publikum die Wahl: In der Reihe „Best of Festivals“ setzte sich der französische Film „Die leisen und die großen Töne“ von Emmanuel Courcol (im Verleih von Neue Visionen) an die Spitze. In dem Film findet der erfolgreiche Dirigent und Komponist Thibault heraus, dass er einen leiblichen Bruder hat: einen Fabrikarbeiter, der in einfachen Verhältnissen lebt. Was sie verbindet, ist die Musik. Und so gibt er seinem Bruder, dem talentierten Posaunisten, die Chance, sein Talent zu entfalten und mit einem kleinen Orchester einen nationalen Wettbewerb zu gewinnen. In der Reihe „Best of Festivals“ laufen außergewöhnliche Filme aus Mitteleuropa, die bei Festivals in aller Welt herausgestochen sind. Der Short Plus Award ging in diesem Jahr an den Film „Land der Berge“ von Olga Kosanovic, eine unaufdringliche Tragödie über die kafkaesken Hürden des österreichischen Bleiberechts. In der Reihe Short Plus Award werden mittellange Filme zwischen 20 und 60 Minuten gezeigt. Die Jury bildeten Karla Cristóbal, Lukas März und Amos Ostermeier. Der mit 1000 Euro dotierte Preis wird von der Gemeinde Weßling gestiftet und ist mit zwei Entspannungstagen im Hotel Vier Jahreszeiten Starnberg verbunden.
Das „Goldene Glühwürmchen“ für eine Geburtstagsparty
Der Kurzfilmpreis „Goldenes Glühwürmchen“ geht in diesem Jahr an „The Birthday Party“ von Francesco Sossai: Der Film dreht sich um die Erinnerung an den Dezember 1999, als Kinder zum Geburtstag von Enrico eingeladen wurden, einem Jungen, der mit seiner Familie in einem alten, abgelegenen Bauernhaus lebte. In der Jury saßen Jelena Schryro, Bernhard Wohlfahrter und Lukas Zellner. Der mit 1000 Euro dotierte Preis wird von Witha Veronelli vom Weitwinkel Verein gestiftet und ist ebenfalls mit zwei Entspannungstagen im Hotel Vier Jahreszeiten Starnberg verbunden.
Und schließlich wurde noch der Gewinner des Video-Art-Kurzfilmpreises präsentiert. In „Vom Verschwinden“ von Sven Johne erzählt ein elfjähriger Junge drei Geschichten seiner Familie, die Zeugnis geben von unterschiedlichen Phasen der Geschichte Ostdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1989. Das Video-Art-Kurzfilmprogramm zeigt internationale Videokunst und Künstlerfilme. Die KuratorInnen Juschi Bannaski, Christoph Nicolaus, Rasha Ragab und Roman Wörndl haben dieses Jahr acht Filme zum Thema „Das wahre Leben“ zusammengestellt. Der Video-Art Preis im Wert von 500 Euro wird von der Stephan und Christoph Kaske Stiftung gestiftet und vom Publikum bestimmt. (AZ)
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