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Serie: Auf dem Rücken von Pferden...

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Auf dem Rücken von Pferden...

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    Dass Vieles im Sport leichter aussieht, als es tatsächlich ist, hat LT-Redakteurin Margit Messelhäuser beim Selbstversuch im Voltigieren beim RVC Weil festgestellt.
    Dass Vieles im Sport leichter aussieht, als es tatsächlich ist, hat LT-Redakteurin Margit Messelhäuser beim Selbstversuch im Voltigieren beim RVC Weil festgestellt. Foto: Fotos: Sibylle Seidl-Cesare

    Eigentlich ist es Aufgabe der Sportredakteure, über Sportarten zu berichten – und zwar als Beobachter. Doch in dieser Serie wollen wir den Blickwinkel einmal ändern – und berichten als „blutiger Anfänger“. Dabei stellt sich immer wieder heraus: Nichts ist so einfach, wie es aussieht. LT-Redakteurin Margit Messelhäuser versuchte sich beim Voltigieren.

    Weil Eigentlich ist nach dem Aufwärmen bereits klar, dass ich hier völlig fehl am Platz bin. Voltigieren lässt sich eben nur lernen, wenn man als Kind beginnt – oder zumindest eine gute turnerische Ausbildung hat. Keines von beidem trifft in diesem Fall zu, doch Ilona Tebel, Voltigiertrainerin beim RVC Weil, gibt mir trotzdem eine Chance.

    Was für Anna Zech, Cindy Nießner, Sandra Aubele und Lukas Werner nur lockere Gymnastik ist, bringt mich gehörig ins Schwitzen. Vor allem, als ich sehe, wie gelenkig alle sind – Spagat ist noch die leichteste Übung. Zusätzlich in die Höhe treibt meinen Adrenalinspiegel der Anblick von Senator, genannt „Bobby“: das Voltigierpferd mit einem Stockmaß von über 1,80 Metern. Wie soll ich da jemals hinaufkommen? Immerhin macht „Bobby“ einen sehr braven Eindruck auf mich und meinen Apfel lässt er sich auch schmecken – manchmal muss man eben mit Tricks arbeiten.

    Doch ehe es wirklich aufs Pferd geht, dauert es noch. Als ich den Termin mit Ilona Tebel ausgemacht hatte, waren wir uns schnell einig: Das Pferd muss meine Versuche unbeschadet überstehen und ich will wieder aufrecht die Halle verlassen. „Kein Problem, wir haben ein Holzpferd zum Üben“, hatte Tebel gleich eine Lösung parat. Nach den ersten Erfahrungen in der Reithalle kommt mir der Holzbock mit den Griffen gerade recht – er ist auch ein gutes Stück kleiner und es besteht eine realistische Chance, dass ich zumindest da hinaufkomme.

    Während Ilona Tebel das Pferd vorbereitet, zeigt mir Cindy Nießner, die auch den Nachwuchs mittrainiert, erst mal das Aufsitzen und die Grundregeln. „Man muss immer sanft auf den Rücken gleiten und darf nicht von oben runterplumsen“, lauten ihre Anweisungen. Sie macht es mir ganz elegant vor. Seitlich eng neben dem „Pferd“ stehen, an den Griffen festhalten, mit dem inneren Bein Schwung holen und dann hochschwingen. Schnell steht fest: Dass ich „von oben runterplumse“ kann nicht passieren, denn ich habe meine Mühe, überhaupt hochzukommen, aber schließlich sitze ich auf dem Holzpferd.

    Zeit für die ersten leichten Übungen. Erst einmal die „Bank“: Man holt mit den Beinen nach hinten Schwung, und versucht sich auf den Pferderücken zu knien. Wichtig: Nicht die Füße anziehen und damit dem Pferd die Zehen ins Kreuz zu drücken. Einmal in dieser Stellung kann man ein Bein nach hinten zur „Fahne“ strecken, Schultern und Becken sollen dabei eine Linie bilden. „Die Ellbogen anlegen, sonst sieht es aus wie ein Gockel“, korrigiert mich Cindy. Wieder langsam absitzen und die „Schere“: Das rechte Bein über den Pferdehals nach links bringen, sodass man mit beiden Beinen auf einer Seite sitzt, dann das linke über das Hinterteil des Pferdes und man sitzt verkehrt herum, noch zwei Mal und man sitzt wieder richtig auf dem Pferd. Das hat alles funktioniert – denn mein „Pferd“ war ja noch der Holzbock.

    Die Kinder machen’s vor

    Inzwischen ist „Bobby“ auch warm und trabt seine Kreise an der Longe, die Ilona Tebel hält. „Ganz wichtig: Immer hinter dem Pferd in den Kreis laufen“, lautet ihr erster Hinweis. „Das muss man gleich von Anfang an verinnerlichen.“ Jetzt kommt erst die „Abklatschrunde“: Ilona Tebel hebt die Peitsche, man läuft unten durch und an der Longe entlang zum Pferdekopf. Schon passiert der erste Patzer: Natürlich muss man immer schneller laufen, je größer der Durchmesser wird und ich komme nicht beim Pferdekopf, sondern am -schweif bei Bobby an. „Gleich noch mal“ – und diesmal bekommt Bobby seine Streicheleinheiten auch von mir am Hals. Nur staunend kann ich zusehen, wie elegant die Mädchen und Lukas anschließend die schwierigsten Übungen auf dem galoppierenden Pferd machen. Einfach sprachlos.

    „Bobby“ darf Schritt gehen und dann bin ich an der Reihe. Erstes Problem: aufsitzen. „Im Galopp aufspringen ist unheimlich komplex. Das geht nicht“, sagt Ilona Tebel. Also bleibt Bobby brav stehen und Cindy hilft mir nach oben – und es ist weit oben! Zudem hat das Pferd einen enormen Umfang. „Die Beine lang machen“, lautet die Anweisung von Ilona Tebel, und „jetzt freier Sitz“. Die Arme seitlich, versuchen, Körperspannung aufzubauen – im Schritt durchaus machbar.

    Ilona Tebel ist einigermaßen zufrieden: Ich darf auch die Fahne probieren. Kam mir der Pferderücken zuvor sehr breit vor, wird er im Knien immer schmaler, aber auch das klappt. „Und jetzt Freies Knien“. Das bedeutet, die Griffe loslassen... Der Boden verschwindet noch weiter unten und alles wird noch wackliger. Trotzdem: Oberkörper aufrichten, Arme seitlich raus und irgendwie Spannung halten. „Schau doch nicht so ernst“, lautet die nächste Anweisung, die wohl alles aussagt.

    Verzweifelte Griffe am Sattel

    Es waren sicher nur ein paar Minuten, aber die hatten es in sich und ich springe gerne wieder ab. Der Puls bei mir ist oben – vor Anstrengung und Aufregung und Begeisterung darüber, wie brav Bobby sich meine ungeschickten Bewegungen gefallen lässt. Später darf ich noch mal ran: Auch die „Mühle“ wird probiert, aber natürlich im Schritt.

    Zum Abschluss lässt Ilona Tebel Bobby auch noch mal galoppieren: Ohne Sattel klammere ich mich verzweifelt an den Griffen fest und versuche, irgendwie oben zu bleiben. Nichts auf der Welt würde mich dazu bewegen, auch nur eine Hand vom Griff zu nehmen – und mein Respekt vor der Leistung aller Voltigierer und Voltigiererinnen steigt noch weiter. Mein Traum, das so elegant aussehende Aufsitzen zu probieren, hat sich nicht erfüllt – aber der war, das hat mir die Stunde deutlich gemacht, auch völlig naiv. Beim Voltigieren zeigte sich wieder einmal: Es gibt kaum etwas Anspruchsvolleres, als Schwieriges leicht und elegant aussehen zu lassen.

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