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Eishockey: „Es ist sehr, sehr traurig“

Eishockey

„Es ist sehr, sehr traurig“

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    So dürften viele empfinden, wenn sie an den EV Landsberg denken.
    So dürften viele empfinden, wenn sie an den EV Landsberg denken. Foto: Fotomontage: Thorsten Jordan

    Landsberg Alexander Reichelmeir hatte es schon sehr früh erfahren – immerhin war er direkt betroffen: Der Landsberger Torhüter wäre auch in der Bayernliga beim EV Landsberg geblieben. Doch daraus wird nichts (wir berichteten). Gestern hat Rechtsanwalt Dr. Reinhard Steuer dem zurückgetretenen Vorsitzenden Hans-Jürgen Böttcher den Insolvenzantrag zukommen lassen. Böttcher selbst war gestern nicht zu erreichen.

    Immerhin könnte es gute Nachrichten für die Nachwuchs-Abteilung geben: Hanns Haedenkamp, der Vorsitzende des TSV Landsberg, hat seine Hilfe angeboten. „Wir wollen uns nicht bei der 1. Mannschaft engagieren, aber wir wollen im Jugendbereich unsere Hilfe anbieten“, erklärte Haedenkamp gegenüber dem Landsberger Tagblatt. So könne er sich durchaus eine Eishockey-Abteilung beim TSV vorstellen. „Bisher habe ich nur mit unserem Schatzmeister Manfred Botschafter gesprochen, aber am Donnerstag haben wir eine Vorstandssitzung“, so Haedenkamp weiter. Da die Zeit beim EVL dränge, wolle man die Hilfe möglichst rasch anbieten.

    Vielleicht könnte davon dann auch die Eiskunstlauf-Abteilung profitieren, die bislang meist außen vor geblieben war. „Wir haben immerhin über 100 Mitglieder und tragen einen Großteil dazu bei, dass der Verein gemeinnützig ist“, sagt Margit Dirauf, die stellvertretende Abteilungsleiterin. Zuletzt sei die Abteilung und ihre Leiterin Christina Hampel aber sehr stiefmütterlich behandelt worden: „Die letzte Vorstandssitzung war vor zwei Jahren“, so Dirauf, danach habe man keine Einladung mehr erhalten.

    Dabei habe man gute Arbeit geleistet und „wir genießen bei den anderen Vereinen ein gutes Ansehen“. Jetzt müsse man zusammen mit den Eltern einen Weg finden, um den Kindern weiterhin Eiskunstlauf zu ermöglichen.

    Dirauf selbst trifft die Insolvenz sehr. „Ich hänge mit dem Herzen auch am Eishockey und bin seit über 30 Jahren im Verein“, sagt sie. Damit hat sie auch die erste Insolvenz miterlebt. „Danach ist der Aufbau gut vorangegangen“, sagt sie. Auch möchte sie nicht Böttcher die Schuld für den Zusammenbruch geben. „Man hätte halt wieder einen Hauptsponsor gebraucht wie damals Beissbarth“, sagt sie. Doch da habe man keinen mehr gefunden.

    Trotzdem war der Verein nach der Neugründung einige Jahre im Plus. „Ich glaube, ich kann von mir sagen, dass ich die letzte positive Bilanz geschrieben habe“, sagt der ehemalige Schatzmeister Uwe Köhn, der auch Vorsitzender des Barbarossa-Fan-Clubs ist. 2004 ist er als Schatzmeister zurückgetreten und da war der EVL noch mit rund 60000 Euro im Plus. „In der Oberliga ist sehr schlecht gewirtschaftet worden“, sagt Köhn, der endgültige K.o. sei dann in der 2. Bundesliga gekommen.

    Dennoch war die Insolvenz für ihn überraschend. „Ich habe gedacht, es geht noch weiter.“ Nachdem der Verein in Schräglage gekommen war, habe niemand mehr Geld einbringen wollen. Dass Hans-Jürgen Böttcher dennoch versucht habe, den Verein zu retten, sei ihm „hoch anzurechnen“, so Köhn.

    Was den Nachwuchs betrifft, dessen Förderung sich Barbarossa verschrieben hat, sieht Köhn die Zukunft nicht so düster. „Es gab schon vor zwei Jahren Pläne“, sagt er. Demnach würde Barbarossa die Nachwuchs-Teams nicht nur finanziell weiter unterstützen, auch „die Leute würden mit rüber gehen“. Dass aber bald wieder ein „EV Landsberg“ gegründet werden könnte, kann sich Köhn nicht vorstellen. „Ein EVL hat keine Chance mehr.“

    Noch gut an die Finanzprobleme in der 2. Bundesliga kann sich auch der ehemalige Trainer Larry Mitchell erinnern. Für ihn war es seine erste Trainerstation in Deutschland und „dafür bin ich sehr dankbar“. Immerhin war der EVL für ihn das Sprungbrett: „Ich habe eine Chance bekommen“, sagt Mitchell und die hat er genutzt: „Sonst wäre ich nicht DEL-Trainer, deutscher Vizemeister und Trainer des Jahres geworden.“

    Deshalb tut es ihm sehr leid, dass es diesen Verein nun wohl nicht mehr geben wird. „Ich hatte eigentlich immer gehofft, dass es weitergeht.“ Im zweiten Jahr in der 2. Bundesliga begannen die finanziellen Schwierigkeiten. „Damals wurde mir gesagt, die Mannschaft sei so nicht mehr finanzierbar. Entweder der Trainer oder fünf Spieler müssten gehen“, sagt Mitchell – er entschied sich für den Trainer, also sich, denn „das war für mich, nachdem ich die Spieler geholt hatte, die einzig richtige Entscheidung“.

    Für Torhüter Alexander Reichelmeir ist die neue Situation einfach nur „sehr, sehr traurig“. Er hatte sich dem EVL sofort auch in der Bayernliga zur Verfügung gestellt, doch nun muss er sich einen neuen Verein suchen. „Ich hätte viel lieber in Landsberg gespielt“, sagt Reichelmeir, der mit drei Jahren beim EVL begonnen hatte, drei Jahre nach Kaufbeuren gegangen war und seitdem wieder für den EVL spielte. „Der Abstieg war schon hart, aber das ist noch härter.“ Dass auch ihm der Verein noch Geld schuldet, ist für ihn zweitrangig. „Mir ist es nie ums Geld gegangen, sondern immer um den Sport, ums Eishockey.“

    Es war abzusehen

    Auch bei der Stadt Landsberg hat der Verein noch Schulden, die wohl nicht mehr beglichen werden können. „Im Vergleich zu den Privatpersonen, die getroffen wurden, können wir den Betrag verschmerzen“, sagt Oberbürgermeister Ingo Lehmann. Auf der einen Seite tue ihm die Insolvenz des Vereins leid – auf der anderen Seite „war es abzusehen“. Angesichts der Zahlen, die die ganze Saison über im Gespräch waren, sei es nicht überraschend.

    Dass Eishockey nun aus Landsberg verschwinden wird, glaubt er nicht: „Dafür haben wir eine zu gute Tradition und zu viel Substanz.“ Dass es aber in absehbarer Zeit wohl kein höherklassiges Eishockey zu sehen geben wird, bedauert er nicht: „Davon geht die Welt nicht unter. Wenn man es sich nur mit Schulden und Insolvenzen erkauft, hilft es nicht. Wichtig ist der Sport.“ (mm)

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