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Foto: Brauner
Foto: Brauner

Dominic Wimmer beim Wettkampf: Der Ironman gibt Tipps zur Motivation.

LT-Laufserie
03.07.2021

Ausdauersport: Wie man den „inneren Schweinehund“ in Ketten legt

Von Margit Messelhäuser

Mit dem Laufen zu beginnen, ist meist der leichteste Schritt. Schwierig wird es, dabeizubleiben. Dominic Wimmer aus Dießen ist Ironman und läuft den Marathon in unter drei Stunden. Er gibt Tipps.

Viele haben für sich in der Corona-Zeit das Laufen entdeckt. Aber: Laufen ist nicht gleich Laufen. In einer Serie geben Experten und langjährige Elite-Athleten im Landsberger Tagblatt Tipps für Neu- und Wiedereinsteiger. Den Abschluss macht der Dießener Dominic Wimmer zum vermutlich wichtigsten Punkt: Motivation.

Frage: Im vergangenen Jahr fielen fast alle Wettkämpfe wegen Corona aus. Wie sind Sie damit umgegangen?

Wimmer: Das war ja relativ schnell absehbar, dass es ein Jahr mit nur wenigen Wettkämpfen wird. Aber dass es dann nur ein Halbmarathon-Wettkampf und ein Triathlon waren, hat schon geschmerzt. Gerade, wenn man über die Wintermonate gut trainieren konnte, nicht krank war und die Form eigentlich passt. Aber letzten Endes ist die Gesundheit das Allerwichtigste. Ich für meinen Teil habe jedenfalls auch ohne Rennen so trainiert, als ob es eine ganz normale Wettkampfsaison wäre. Und es war trotzdem gut.

Welche Ziele setzt man sich für den Einstieg ins Laufen?

Wimmer: Das kommt darauf an, ob man nur regelmäßig – pro Woche vielleicht ein, zwei Läufe machen möchte, um fit zu bleiben und um etwas für sein Herz-Kreislauf-System zu machen. Oder, ob man plant, in ein paar Wochen oder Monaten mal bei einem Wettkampf zu starten. Wenn man als Einsteiger zwei, drei kleine Läufe pro Woche konsequent durchzieht, ist das schon mal eine gute Sache.

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Konkrete Ziele sind wichtig, um am Ball zu bleiben

Ist es sinnvoll, sich gleich einen Wettkampf als Ziel zu setzen?

Wimmer: Absolut! Nur wer konkrete Ziele hat, bleibt im Training am Ball. Natürlich sollte entsprechend Vorbereitungszeit zwischen Trainingsbeginn und Wettkampf liegen. Von null auf Marathon ist keine gute Idee. Aber wenn man sich beispielsweise im März/April zum Ziel setzt, bei einem Volkslauf im Herbst fünf oder zehn Kilometer zu laufen, ist das ein realistisches Ziel, und reicht für einen guten Formaufbau. Es kommt dabei vor allem auf die Konstanz des Trainings an.

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Foto: Gerigk
Foto: Gerigk

Dominic Wimmer ist vom Fußball zum Triathlon gewechselt. Der 38-Jährige war bereits bayerischer Meister im Duathlon und oberbayerischer Meister im Triathlon.

Sollte man sich kleine „Belohnungen“ überlegen, wenn man ein Training macht, obwohl man eigentlich keine Lust hatte?

Wimmer: Belohnungen gehören natürlich dazu, wenn man regelmäßig Sport treibt. Ich mache das ja auch nur alles, um regelmäßig Pizza und Süßigkeiten essen zu können (lacht). Nein, Spaß beiseite: Sogenannte Cheat-Days oder Belohnungen braucht auch der Körper. Von reiner Askese halte ich nichts. Die Mischung macht’s. Für mich sind die Wettkämpfe die größte Belohnung fürs Training.

Widrige Umstände können auch motivieren

Hilft es manchmal sogar, dem „inneren Schweinehund“ nachzugeben, um die nächste Einheit umso motivierter anzugehen?

Wimmer: Das ist eine Typ-Frage. Aber wer mehrmals hintereinander den Schweinehund gewinnen lässt, lässt eher Trainingseinheiten sausen und die Couch dem Training vorzuziehen. Die Motivation gewinne ich persönlich gerade durch Einheiten, die bei richtig miesem Wetter stattfinden. Wenn ich bei Minustemperaturen, Wind und Dunkelheit beispielsweise einen Halbmarathon gelaufen bin. Da sieht man dann selbst, dass man auch trotz widriger Umstände in der Lage ist, den Schweinehund in Ketten zu legen und in den Keller zu sperren.

Wenn es beim Training mal gar nicht „läuft“, wie kommt man gegen so ein Tief an?

Wimmer: Man braucht diese Tiefs sogar. Im normalen Leben läuft ja auch nicht immer alles nach Plan. Und wer im Training nicht lernt, mit Tiefs umzugehen, der kann es dann auch im Wettkampf nicht und erlebt dann das ganz böse Erwachen. Letztens hatte ich eine dreistündige Radeinheit auf dem Rollentrainer und war nach 40 Minuten so platt und müde, da hat sich jede Sekunde wie eine Minute angefühlt. Solche Tage gibt’s bei jedem.

Erinnerungen an erfolgreiche Wettkämpfe helfen

Wie kann man sich in einer Phase motivieren, in der man keine sichtbaren/messbaren Fortschritte macht?

Wimmer: Erfolg ist nicht immer gleich sichtbar. Er stellt sich nicht über Nacht ein, sondern ist das Ergebnis kontinuierlichen Trainings. Man braucht gerade im Ausdauersport wirklich Ausdauer. Da sollte man es dann wie ein Bergsteiger halten: nicht nach oben schauen, wie weit es noch bis zum Gipfel ist, sondern nach unten blicken, wie weit man schon gekommen ist. Zur Motivation schaue ich mir immer gerne Fotos von erfolgreichen Wettkämpfen an und krame in alten Ergebnislisten und stelle mir vor: Da will ich wieder hin und es vielleicht sogar besser machen beim nächsten Mal.

Beim Ironman sind viele Emotionen im Spiel

Als Ironman sind Sie in einem Wettkampf mehr als neun Stunden unterwegs – was geht einem vor dem Start durch den Kopf? Denkt man da schon an den abschließenden Marathonlauf?

Wimmer: An solch einem Tag sind so viele Emotionen da. Das ist der Hauptwettkampf, auf den man sich acht oder neun Monate vorbereitet hat. Da besteht der ganze Körper aus Gänsehaut, und man freut sich darauf, dass die Familie und die Freunde dabei sind. Da muss der Fokus bei jeder einzelnen Disziplin liegen, die man gerade bestreitet. Beim Schwimmstart ist der Marathon noch über sechs Stunden und 184 Kilometer entfernt.

Mit dem kleinen Sohn über die Ziellinie laufen

Was ist für Sie die wichtigste Motivation fürs Training? Gibt es ein kleines „Geheimnis“, das man lüften kann?

Wimmer: Das Training gehört schon so stark zu meinem Alltag dazu, dass ich mich dafür in der Regel nicht motivieren muss. An Ruhetagen kann ich kaum still sitzen, weil ich irgendwas trainieren will. Der große Antrieb ist, in der nächsten Wettkampfsaison ein paar Mal auf dem Treppchen in der Altersklasse zu stehen. Das treibt mich an. Und ich freue mich auf den Tag, an dem ich meinen knapp zwei Jahre alten Sohn auf den letzten Metern der Laufstrecke an die Hand nehmen und mit ihm über die Ziellinie laufen kann.

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