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Schwalbensterben: Kälte und Nässe lassen Vögel entkräftet vom Himmel fallen

Landkreis Landsberg

Schwalbensterben: Kälte und Nässe lassen Vögel entkräftet vom Himmel fallen

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    Weil Jungschwalben auf ihrem Weg in die Überwinterungsgebiete bei uns gerade kaum Nahrung finden, sterben Hunderte entkräftet.
    Weil Jungschwalben auf ihrem Weg in die Überwinterungsgebiete bei uns gerade kaum Nahrung finden, sterben Hunderte entkräftet. Foto: Hermann Ernst (Symbolbild)

    Es ist ein trauriges Bild, das sich am Dienstagmorgen rund um den Dießener Bahnhof bot: Rund 20 tote Schwalben liegen auf dem Bahn- und dem Bürgersteig. Erschöpft waren die Tiere regelrecht vom Himmel gefallen und verendet. Ähnliches bietet sich Passanten andernorts am Ammersee-Ufer, aber auch überall sonst im Landkreis Landsberg. Schuld an diesem Drama ist der abrupte Wetterumschwung mit Kälte und vor allem viel Regen.

    Auf ihrem Weg in die südlichen Winterquartiere in Afrika sind die Zugvögel vom nasskalten Wetter überrascht worden und können, aufgrund des Futtermangels, ihre Reise nicht mehr fortsetzen. Für die meisten Schwalben bedeutet das den sicheren Tod. Das weiß auch der Finninger Schwalbenexperte Klaus Janke, der sich erinnert: „In den 1970er-Jahren wurden einmal Rauchschwalben im großen Stil eingesammelt und mit dem Flugzeug nach Italien gebracht.“ Das sei allerdings zu einer Zeit gewesen, in der er sich selbst noch nicht so intensiv mit Schwalben beschäftigt hat.

    Im Dauerregen finden die Vögel keine fliegenden Insekten

    Schwalben ernähren sich von Fluginsekten, die aber im Dauerregen kaum oder gar nicht zu finden sind. Einen nasskalten Tag könnten die Tiere verkraften, aber schon nach zwei Tagen ohne ausreichend Nahrung seien die Tiere so geschwächt, dass ein Weiterfliegen nicht mehr möglich sei. Wohl die wenigsten Schwalben überleben den Sturz auf den Boden. Tiere, die es dennoch schaffen, versuchen einen trockenen Unterschlupf zu finden. Werden sie dort nicht bald gefunden, bedeutet das auch für sie den sicheren Tod.

    Mit einer Pinzette versucht Andrea Skorpil die entkräfteten Mehlschwalben zu füttern.
    Mit einer Pinzette versucht Andrea Skorpil die entkräfteten Mehlschwalben zu füttern. Foto: Thorsten Jordan

    Doch was tun, wenn man eine am Boden kauernde und geschwächte Schwalbe findet? Klaus Janke kennt einen Fall aus Baden-Württemberg, wo in einer Badewanne rund 30 bis 40 junge Schwalben gewärmt und mit Heimchen gefüttert und aufgepäppelt werden. Er geht davon aus, dass die hungrigen Schwalben entgegen ihrem normalen Fressverhalten, die Insekten auch vom Boden fressen, nur um endlich Nahrung zu sich nehmen zu können.

    Rund 60 tote Schwalben hat Achilleas Georgousis rund um die Steinlechner-Bootswerft in Utting gefunden.
    Rund 60 tote Schwalben hat Achilleas Georgousis rund um die Steinlechner-Bootswerft in Utting gefunden. Foto: Achilleas Georgousis

    Wer einen Schuppen, eine Scheune oder eine Garage hat, kann den Tieren diese als Schutzraum anbieten, in dem Fenster und Tore geöffnet bleiben. Mit etwas Glück erholen sich die erschöpften Vögel wieder. Wer sich nicht zutraut, ein geschwächtes Tier aufzupäppeln, kann sich mit Gerhard Wendl in Olching in Verbindung setzen. „Bei mir haben in den vergangenen Tagen viele Menschen auch aus dem Landkreis Landsberg angerufen“, sagt der Mann, der eine Vogelaufzuchtstation betreibt. Rund 150 Jungschwalben hat er schon aufgenommen und versucht, das Leben der Tiere zu retten. „Das wichtigste ist, den Fundvogel so schnell wie möglich zu wärmen, dann kann man versuchen ihn mit Mehlwürmern oder Heimchen zu füttern.“ Dass ein Vogel das angebotene Futter vom Boden aufnimmt, mag Wendl kaum glauben. „Das wäre fast ein Wunder.“ Vielmehr müsse dem Tier das Futter in den vorsichtig geöffneten Schnabel gelegt werden. „Jede Stunde müssen die geschwächten Tiere gefüttert werden.“

    Wärme ist für die entkräfteten Schwalben besonders wichtig

    Ein solches Massensterben habe er noch nie erlebt, sagt der Vogelretter Gerhard Wendl. Zwar habe es vor etwa zehn Jahren eine ähnliche Situation gegeben, aber das war nicht so extrem wie heuer. Der Zeitpunkt des Kälte-Einbruchs mit viel Regen sei extrem ungünstig, weil sich genau jetzt die Jungtiere auf dem Weg in den Süden befänden. „Die jungen Schwalben haben nicht so viel Energie, wie ältere, deshalb wird ihnen das Wetter so sehr zum Verhängnis.“

    Die entkräfteten Mehl- und Rauchschwalben benötigen hauptsächlich Wärme. Andrea Skorpil kümmert sich in Mundraching darum, die Tiere wieder aufzupäppeln.
    Die entkräfteten Mehl- und Rauchschwalben benötigen hauptsächlich Wärme. Andrea Skorpil kümmert sich in Mundraching darum, die Tiere wieder aufzupäppeln. Foto: Thorsten Jordan

    Andrea Skorpil aus Mundraching weiß, was es bedeutet, die geschwächten Tiere aufzupäppeln. Über 30 der kleinen gefiederten Wesen hat sie gerade in Pflege. Auch sie sagt: „Wichtig ist, die Tiere zu wärmen. Am besten in einem Karton mit einer Wärmflasche. Dann muss der Kreislauf sich nicht mehr auf die Erwärmung des Körpers konzentrieren, was besonders viel Energie kostet.“ Schnelle Hilfe bietet eine Traubenzuckerlösung, die dem Tier mit einem Pinsel vorsichtig an die Seite des Schnabels gegeben wird. Anschließend sollte man sich möglichst zügig mit einer Pflegestation in Verbindung setzen. Wer es sich selbst zutraut, kann nach der Gabe von Traubenzucker vorsichtig mit der Fütterung beginnen. „Mehlwürmer empfehle ich nur zur Not, weil die schwer verdaulich sind. Heimchen sind auf jeden Fall besser.“ Skorpil warnt davor, Eifutter oder Getreide anzubieten. „Schwalben sind reine Insektenfresser, alles andere kann tödlich für die Vögel sein.“

    Achilleas Georgousis hat in Utting gerade seine Bootsbauerlehre begonnen und in den vergangenen zwei Tagen um die 60 tote Schwalben gefunden. Zwei Schwalben, die noch am Leben waren, hat er mit nach Hause genommen und in eine Kiste mit Heu gesetzt. „Ich wusste, dass die Tiere dringend Wärme benötigen“, sagt er. Dann habe er versucht, die beiden Vögel mit Insekten und Wasser zu füttern. „Leider haben es die zwei nicht geschafft“, so Georgousis. „Aber mit den Tipps von den Experten werde ich auf jeden Fall versuchen, Tiere zu retten, die ich vielleicht noch lebend finde.“

    Erste Hilfe: Wer eine geschwächte Schwalbe findet und ihr als Erste Hilfe einen Karton mit Wärmflasche angeboten hat, kann sich mit Andrea Skorpil unter der Telefonnummer 08243/9934334 oder mit Gerhard Wendl unter der Telefonnummer 0176/53565698 in Verbindung setzen.

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