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Scheuring: Igel-Notstation im Eigenheim: Scheurings tierische Retter benötigen Hilfe

Beate Biller aus Scheuring nimmt hilflose Igel und andere Wildtiere auf.
Scheuring

Igel-Notstation im Eigenheim: Scheurings tierische Retter benötigen Hilfe

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    In dem Einfamilienhaus von Beate und Bernhard Biller in Scheuring gehört das Erdgeschoss den Igeln. Die Billers wohnen oben. In der ehemaligen Küche der Einliegerwohnung steht ein zimmerhohes Regal mit Käfigen, die viel Auslauf bieten; darin stehen Boxen, ausgestattet mit Handtüchern oder Zeitungen, in die sich die Igel zurückziehen können. Auf dem Schreibtisch neben dem Regal hat Beate Biller alles zur Igelpflege aufgereiht: Medikamente und Desinfektion, Pinzetten und Pipetten – ein wenig sieht es aus wie beim Tierarzt. Daneben in der Küchenzeile befinden sich Wasch- und Spülmaschine, die Biller viel Arbeit abnehmen, denn bei der Anzahl an Igeln, die sie pflegt, ist nicht nur die Abfall-, sondern auch die Wäsche- und Geschirrmenge enorm. „142 Igelchen wurden heuer schon bei mir abgegeben“, berichtet die 61-jährige Personalreferentin. 

    Beate Biller aus Scheuring widmet der Igelpflege viel Platz und Zeit.
    Beate Biller aus Scheuring widmet der Igelpflege viel Platz und Zeit. Foto: Christian Rudnik

    2022 waren es 45. Die enorm hohe Zahl an hilfebedürftigen Igelchen, manche bringen gerade einmal 70 Gramm auf die Waage, bringt die Helferin, die täglich auch einen weiten Weg zum Arbeitsplatz zurücklegen muss, inzwischen an ihre Grenzen. Deshalb sucht sie dringend Menschen, die Igel, nachdem sie sie etwas aufgepäppelt hat, zur weiteren Pflege übernehmen können. Grundsätzlich können sich alle Interessierten melden und werden von Biller in die Feinheiten der Igelpflege eingeführt. Ganz besonders würde sie sich jedoch über Engagierte freuen, die bereits über Erfahrung mit Igeln verfügen.

    In Scheuring: Beate Biller verwandelt Küche in Igelstation

    15 Igelchen versorgt Beate Biller derzeit – und noch immer kommen weitere dazu, wie auch beim Besuch unserer Redaktion. Zum Glück kommt aber am selben Tag auch jemand vorbei und holt einen der stachligen Gesellen, der inzwischen Gewicht zugelegt hat, zum Überwintern ab. Das ganze Jahr über wenden sich Menschen, die kranke oder untergewichtige Igel finden, an Biller, die auch als Ansprechperson für die Vermittlung von Pflegestellen für Wildtiere für die Landsberger Gruppe des Landesbunds für Vogelschutz fungiert. 

    Schwache Igel sind nicht selten von Parasiten befallen.
    Schwache Igel sind nicht selten von Parasiten befallen. Foto: Christian Rudnik

    Besonders die ganz schwachen sind von vielen Parasiten befallen. Lungenwürmer können Husten verursachen, in Verletzungen, die sich Igel beispielsweise durch Mähroboter zuziehen, setzen sich Fliegenmaden ein. Pilzerkrankungen schädigen die Haut und können dazu führen, dass den Igeln die Stacheln ausfallen. Biller kennt sich inzwischen sehr gut mit der Behandlung von Igeln aus, aber oft wird dennoch der Besuch beim Tierarzt notwendig. So wird ihr Ehrenamt auch zunehmend zur finanziellen Belastung.

    Bedrohte Gartenbewohner: Igel benötigen Schutz

    Gründe, warum immer mehr Igel Hilfe benötigen und es grundsätzlich immer weniger Igel gibt, gibt es viele. Der zunehmende Verkehr, Gartengeräte wie Mähroboter, Seitenschneider und Rasenmäher sowie Maschendrahtzäune, die bis zum Boden reichen und in denen sich Igel verletzen. Aber auch der Klimawandel trägt seinen Teil dazu bei, denn es gibt keine durchgehend kalten Winter mehr. Steigen die Temperaturen, wachen die Igel auf und Gartenbesitzer fangen an, ihren Garten „aufzuräumen“, indem sie etwa Laubhaufen beseitigen. „Igel brauchen bis April ihre Ruhe“, sagt Beate Biller. 

    So lange sollte also auch der Garten in Ruhe gelassen und die potenziellen Igelverstecke wie Laub- oder Asthaufen sowie Holzlegen belassen werden. Auch wer auf Beleuchtung im Garten verzichtet, tut den Igeln etwas Gutes, und auch, wer mit geeigneter Bepflanzung viele Insekten in seinen Garten lockt. Mit dem enormen Rückgang an Insekten geht nämlich auch der der Igel einher.

    Igelrettung: Beate Biller benötigt Unterstützung.
    Igelrettung: Beate Biller benötigt Unterstützung. Foto: Christian Rudnik

    „Wenn es keine Pflegestellen gäbe, gäbe es vermutlich schon kaum mehr Igel“

    Um darauf aufmerksam zu machen, wurde 2024 der Igel als Wildtier des Jahres ausgerufen. „Wenn es keine Pflegestellen gäbe, gäbe es vermutlich schon kaum mehr Igel“, ist sich Beate Biller sicher. Die 15 Igel, die sie derzeit pflegt, verhalten sich ruhig, nur einer hustet – im Winterschlaf sind sie jedoch nicht, dafür ist es zu warm in der Wohnung. So kann Biller auch guten Gewissens „Mausi“ aus ihrer Box holen, zumal ohnehin demnächst Fütterungszeit ist. Die kleine „Mausi“ hat sie bereits von 267 auf 359 Gramm aufgepäppelt, wie das penibel geführte Pflegeprotokoll zeigt. Sie zieht feste Handschuhe an, formt ihre Hand zur Schale und legt den Igel auf dem Rücken hinein. Dann erhält er ein hochkalorisches Tonikum, damit er wieder zu Kräften kommt. 

    Auch Katzen- oder Hundeaufzuchtmilch eignet sich für schwache Igel, für größere nimmt sie Katzennassfutter ohne Soße oder Gelee mit einem Fleischanteil von über 60 Prozent oder auch spezielles, kleinteiliges Katzentrockenfutter. „Sehr gerne essen Igel auch Mehlwürmer oder noch recht flüssiges Rührei in Öl“, zählt Biller auf. Auf das Füttern mit Milch, auch verdünnt, muss dagegen unbedingt verzichtet werden. Wer Beate Biller unterstützen möchte, kann sich nachmittags ab 15 Uhr unter Telefon 0151/26100726 bei ihr melden. Zur Igelpflege wird ein ruhiger, warmer Raum mit Tageslicht benötigt, an Material eine große Box oder ein Käfig, alte Handtücher oder Zeitungen sowie Nass- und Trockenfutter – und Zeit.

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