In Reichling wird es nun doch keine unabhängige Infoveranstaltung über die geplanten Erdgasbohrungen geben. Das Bergamt habe dies abgelehnt, teilte Bürgermeister Johannes Hintersberger mit. Indes schrieb Vizebürgermeister Bernhard Pössinger dem Bergamt und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium einen Brief hinsichtlich der Bedenken vieler Bürger und Bürgerinnen.
Bergamt sagt Infoabend in Reichling aufgrund der aufgeheizten Stimmung ab
Von vielen Seiten wurde sie gefordert und die Gemeinde hatte sie lange angekündigt: Eine Infoveranstaltung, bei der eine unabhängige Stelle über das Erdgasvorhaben informieren sollte. Bürgermeister Johannes Hintersberger hatte nach wiederholten Forderungen von Bürgern und Bürgerinnen erklärt, er wolle einen Vertreter des Bergamts als Referenten nach Reichling holen. Jetzt teilte Hintersberger mit, dass die Veranstaltung ins Wasser fällt – das Bergamt habe abgesagt.
Weil so viel Unruhe im Ort herrsche und die Bevölkerung so aufgehetzt sei, wolle das Bergamt nicht mehr kommen, erklärt der Bürgermeister. Die Bürgerinitiative habe so viel „schlechte PR“ verbreitet, sagt er weiter. Wenn das Bergamt nicht kommt, brauche er keine Infoveranstaltung. „Denn das Bergamt wäre ein unabhängiger Referent gewesen, und wir hatten gesagt, dass ein unabhängiger Vertreter informieren solle“.
Seitens des Bergamts heißt es auf Nachfrage der Redaktion: „Es obliegt dem Vorhabenträger und nicht dem Bergamt, über die Planungen und das weitere Vorgehen zu informieren und diesbezügliche Fragen zu beantworten.“ Für allgemeine Erklärungen zu der geplanten Erdgasbohrung hatten ihres Wissens bereits Experten der Technischen Universität München der Gemeinde gegenüber ihre Teilnahme an einer Informationsveranstaltung signalisiert, so Pressesprecher Wolfgang Rupp. Vor diesem Hintergrund sähe das Bergamt für eine Teilnahme an einer Informationsveranstaltung keinen Anlass.
Die Bürgerinitiative Reichling-Ludenhausen reagiert irritiert. “Weil den Reichlingern seit 2022 ein Infoabend versprochen wurde“, sagt Mitstreiterin Tanja Spindler-Kratzl. Einen Expertenabend hatte die Bürgerinitiative bereits im Juni organisiert. Am 8. Oktober werde es noch einen Infoabend vom Bund Naturschutz im Rochlhaus in Thaining geben, teilt die Bürgerinitiative mit.
Zweiter Bürgermeister aus Reichling bittet Aiwanger um Prüfung
Indes hat der Zweite Bürgermeister in Reichling, Bernhard Pössinger, sowohl an das Bergamt als auch an Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger einen Brief geschrieben. Darin teilt Pössinger mit, dass die Gemeinde das Vorhaben ablehne – wie es vom Gemeinderat im Juli in einer Sitzung einstimmig beschlossen wurde. Innerhalb des Gemeinderates und der Bevölkerung gebe es erhebliche Bedenken hinsichtlich der geplanten Erdgasbohrung, heißt es in dem Schreiben, das die Verwaltungsgemeinschaft Reichling in Absprache mit dem Gemeindevize ausarbeitete.
Pössinger führt in seinem Schreiben „Zweifel und Ängste“ vieler Einwohner ins Feld. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit großer Schäden gering sei, „könnten die Auswirkungen im Fall eines Unglücks sehr groß sein“, argumentiert er. „Eine Gefährdung unseres kostbaren Trinkwassers kann und darf nicht in Kauf genommen werden.“ Von Minister Aiwanger fordert er, „die Genehmigung sorgfältig zu überprüfen“. Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger müssten dabei höchste Priorität haben. „Eine umfassende und transparente Untersuchung sowie die Einbeziehung alternativer Energiequellen sind unerlässlich.“
„Man schürt damit nur noch die Hysterie.“
Bürgermeister Johannes Hintersberger kennt den Inhalt des Schreibens, hat aber nicht mit unterschrieben. Die Sitzung sei damals von seinem Stellvertreter geleitet worden, deshalb habe er den Brief verfasst, erklärte Hintersberger. Er selbst sei bei der Diskussion im Gemeinderat nicht dabei gewesen und wisse nicht, was alles besprochen worden sei. Unabhängig davon glaubt der Bürgermeister, dass der Brief nichts bringt: „Man schürt damit nur noch die Hysterie.“
Doch der Protest wächst: Wie das Umweltinstitut München in einer Pressemitteilung bekannt gibt, wurden 17.600 Unterschriften gegen Gasbohrungen am Ammersee gesammelt. „Die Menschen haben deutlich gemacht, dass sie keine Gasbohrungen zwischen Lech und Ammersee wollen“, sagt Till Irmisch, Referent für Energie und Klimapolitik am Umweltinstitut München. „Dieses Projekt bedroht nicht nur die umliegende Natur und das Trinkwasser der Region, sondern das ohnehin bereits aufgeheizte Klima. Aiwanger muss sich endlich gegen die Bohrungen positionieren.“
Irmisch kritisiert, dass Aiwanger bisher versuche, sich mit Verweis auf das Bergrecht aus der Verantwortung zu ziehen. „Tatsächlich verzichtet sein Ministerium aber sogar freiwillig auf die eigentlich fällige Förderabgabe, um die Bohrung für Unternehmen wie Genexco so attraktiv wie möglich zu machen.“ Das Umweltinstitut warnt davor, dass die Gasbohrungen am Ammersee erst der Anfang sein könnten. Weitere Projekte in Bayern, etwa bei Holzkirchen, seien bereits in Planung. Das Umweltinstitut fordert einen sofortigen Stopp aller neuen Gasbohrungen und setzt sich für eine klimaneutrale Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe ein.
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