Die Frage, welche Altlasten auf dem früheren Fliegerhorst in Penzing vorhanden sind und wer die Kosten im Sanierungsfall trägt, treibt die Kommunalpolitiker in Penzing und Landsberg und die Bürgerinnen und Bürger um. Vor allem in Epfenhausen und Untermühlhausen ist die Sorge in der Bevölkerung mit Blick auf eventuelle Langzeitfolgen im Boden und im Wasser groß. Im Fokus steht die Chemikalie PFC, die im verwendeten Löschschaum enthalten war. Zwei Penzinger Gemeinderäte hatten unlängst verlangt, dass die Kommune sicherheitshalber eine Klage einreichen sollte, um eine Verjährung zu verhindern. In der jüngsten Sitzung des Zweckverbands wurde das weitere Vorgehen besprochen.
Der beauftragte Jurist Dr. Gerhard Spieß verwies zu Beginn darauf, dass Zweckverband, Kommunen und private Geschädigte ihre Ansprüche selber durchsetzen müssen. Die beiden Erstgenannten könnten in Gesprächen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) aber für Aufklärung sorgen. "Noch ist das Gefährdungspotenzial unklar, Sie sollten ein Fachbüro und einen Fachjuristen hinzuziehen bei dem Thema", empfahl Spieß bei der Sitzung des Zweckverbands. Die Beauftragung eines Fachjuristen hatten die Penzinger Räte Christian Brambach und Roland Schmidhofer in den vergangenen Monaten mehrfach gefordert. Bürgermeister und Zweckverbandsvorsitzender Peter Hammer argumentierte in der jetzigen Sitzung, dass die Regierung von Oberbayern "die Not der Gemeinde sieht" und eine Förderung in Aussicht stellt. "Dadurch haben wir weniger Kosten."
Gericht soll Haftungsverantwortlichkeit beim Fliegerhorst Penzing feststellen
Laut dem Juristen sei eine "vertiefte Prüfung" nötig. Er empfahl zwei Schritte. Zuerst solle ermittelt werden, ob ein Schaden vorliegt und in welchem Umfang. "Wenn Sie vor Gericht Schadensansprüche geltend machen, müssen Sie die auch beziffern können." Das bedeute, so Spieß auf Nachfrage unserer Redaktion, dass die Haftungsverantwortlichkeit dem Grunde nach gerichtlich festzustellen sei und die jeweiligen Schäden dann schrittweise geltend gemacht werden könnten.
Eine eventuelle Klage auf Schadensersatz sei Schritt zwei. Die Bima sehe aktuell kein Verschulden bei sich, da PFC zum Zeitpunkt des Einsatzes ein zugelassener Stoff gewesen sei, so Gerhard Spieß. Die besten Chancen, diese Argumentationslinie auszuhebeln, sieht er im Wasserhaushaltsgesetz. Dessen Paragraf 89 befasst sich mit der Haftung für Änderungen der Wasserbeschaffenheit und sieht eine verschuldensunabhängige Haftung vor. Im Jahr 2019 veröffentliche das Landratsamt Landsberg eine Pressemitteilung wegen der PFC-Thematik im Verlorenen Bach und riet vom dauerhaften Verzehr von Fischen aus dem Gewässer ab.
Erfolgt ein dauerhafter Eintrag von Schadstoffen in Boden und Grundwasser?
"Zu klären ist, ob weiterhin ein Eintrag stattfindet und ob es sich um ein Dauerereignis handelt. Ist das der Fall, liegt ein neues Schadensereignis vor", so der Jurist. Das sei deshalb wichtig, weil die Frist, in der Betroffene Ansprüche geltend machen können, erst beginne, wenn diese Kenntnis von einem Schaden hatten. Der könne dann in der Regel innerhalb von drei Jahren angezeigt werden. Schmidhofer hatte in der Vergangenheit immer wieder darauf verwiesen, dass Bürgerinnen und Bürger möglicherweise erst in vielen Jahren bemerkten, dass sie betroffen seien, wenn eine Baumaßnahme anstehe und dann die Verjährungsfrist der Bima, die Ende 2024 auslaufe, zum Problem werden könnte.
Es gelte für den Zweckverband, das Thema Altlasten vertraglich mit der Bima so zu regeln, dass diesem "kein unabsehbarer Aufwand droht", wenn dieser Eigentümer der Fläche wird. Die Verantwortung für Haftungsfragen müsse beim Bund verbleiben. "Deswegen sind Gutachten und die fachliche Beurteilung durch einen Fachjuristen so wichtig", so Spieß. Landrat Thomas Eichinger, der an der Sitzung teilnahm, sagte, dass der Kaufpreis je nach Forderungen entsprechend höher oder niedriger sein werde. Er verwies zudem auf mögliche Folgen, die der Wunsch nach Garantien mit sich bringe. "Das wird Zeit brauchen und es wird teurer. Wir sollten ermitteln, was genau an Kosten zu erwarten ist und was das für die Realisierung bedeutet."
Bedenken in die Richtung äußerte auch Peter Hammer: "Dann warten wir bis 2038, bis der Grund zu uns übergeht." Er verwies darauf, dass die Bima den kontaminierten Bereich ums Feuerlöschbecken ohnehin als Ausgleichsfläche behalten wolle und auch sonst 90 Prozent der Sanierungskosten trage beziehungsweise sogar die volle Summe, sollten sich alle Beteiligten, auch das Landratsamt als zuständige Behörde, auf ein gemeinsames Sanierungskonzept einigen können. Gerhard Spieß erläuterte, dass er mit einem "runtersanieren" belasteter Flächen rechne, bis die aktuell zulässigen Grenzwerte eingehalten werden.
Landsberger Mitglied des Zweckverbands regt Ausgliederung an
Verbandsrat Wolfgang Weisensee erkundigte sich mit Blick auf den geplanten Wohnungsbau, ob es möglich sei, schrittweise vorzugehen und Bereiche auszugliedern in eigene Gesellschaften, um das Risiko wegen der Altlastensanierung zu minimieren und so nicht einen Komplettverlust zu erleiden, sollte der schlimmste Fall eintreten und ein Investor pleitegehen. "So lange der Zweckverband und die Kommunen wesentlich beteiligt sind, kommen Sie da nicht raus, fürchte ich", so Spieß. Verträge zwischen Zweckverband und Bima seien auch bei einer Weiterveräußerung bindend.
Die Verbandsversammlung beauftragte die Verwaltung einstimmig, weitere Schritte vorzubereiten. Dies betrifft die rechtliche Beratung zur PFC-Problematik und die rechtliche Klärung der verschuldensunabhängigen Haftung. Hinzu kommt die Prüfung einer Begleitung durch ein Fachbüro sowie die Klärung des Verjährungsverzichts durch die Bima. Sobald die Förderzusage der Regierung vorliege, erfolge die Ausschreibung, so Hammer.