Seit der Penzinger Gemeinderat im September eine massive Erhöhung der Wasser- und Abwassergebühren, zudem rückwirkend zum 1. Januar, beschlossen hat, rumort es im Ort gewaltig. Vorläufiger Höhepunkt war ein anonym verteiltes Flugblatt Anfang dieser Woche, in dem Bürgermeister Peter Hammer angegriffen wurde. Bei der Bürgerversammlung im Gasthof Frank in Penzing war es auch das große Thema, und etwa 20 Interessierte mussten während der gut dreistündigen Veranstaltung stehen, weil bereits alle 180 Stühle besetzt waren. Auf Fragen zur Kalkulation wollte Bürgermeister Peter Hammer nicht eingehen, machte aber allen Interessierten ein Angebot.
In dem Flugblatt heißt es: „Es wird alles teurer und teurer und nachdem die Strompreisgeschichte durch ist, verwandelt sich der Bürgermeister (von Penzing) mit seinem tollen Gemeinderat in eine diktatorische und geldscheffelnde Wirtschaftsgemeinde.“ In dem Schreiben ist zudem von „reiner Abzocke“ die Rede. Hammer bezeichnete das Flugblatt als „Wisch“, äußerte aber Verständnis für den Unmut und stellte seine Sichtweise aufs Thema dar: „Mich treiben nicht die Zahlen der Gebühren um, sondern die Sicherstellung, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit Wasser zur Verfügung steht.“ In Petzenhausen sei es zur Havarie gekommen und es habe mehrere Tage kein Wasser zur Verfügung gestanden, und auch Ramsach sei vor Kurzem einen Tag lang betroffen gewesen, so der Rathauschef. „Unpopulär, aber notwendig“, sei das Vorgehen, und die Gemeinde müsse kostendeckend arbeiten. Dies geschehe auf Basis der Zahlen der vergangenen vier Jahre und der Prognose bis Ende 2026. „Wenn wir uns vertan haben, beispielsweise weil eine Baumaßnahme nicht umgesetzt wurde, wird darauf reagiert bei der nächsten Kalkulation.“
Wasserpreis steigt in Penzing um mehr als das Doppelte
Der Gemeinderat hatte den Wasserpreis neu kalkuliert und ihn für die kommenden vier Jahre von 1,19 Euro je Kubikmeter auf 2,90 Euro angehoben. Beim Abwasser stieg die Gebühr von 2,10 Euro auf 4,38 Euro. Hammer verwies auf ausgebliebene Investitionen und Anhebungen der Gebühren in den vergangenen Jahren sowie steigende Personalkosten. Der Wasserversorger Pöringer Gruppe (Mitglieder sind auch Weil, Schwifting und Pürgen) hat seit einigen Monaten zwei Mitarbeiter, die nach Lecks suchen. Hammer verweist zudem auf die hohen Energiepreise, bedingt durch den Ukraine-Krieg. „Wir haben lange Leitungen und viele Pumpen, die Strom benötigen. Auch ist es deutlich teurer geworden, einen Kredit aufzunehmen.“ All das sei in die Kalkulation eingeflossen. Der Rathauschef sagte mit Blick auf die anderen Gemeinden der Pöringer Gruppe und die dort niedrigeren Preise: Diese müssten auch anziehen, wenn sie das nächste Mal kalkulieren. Hammer verwies zudem auf in den kommenden 20 Jahren anstehende Investitionen bei der Pöringer Gruppe von bis zu 40 Millionen Euro, die sich die Kommunen teilen. Dies sei in der aktuellen Kalkulation schon berücksichtigt. Es werde davon ausgegangen, dass dies mit einer Erhöhung von 30 bis 40 Cent je Kubikmeter zu Buche schlage.
Den Ausführungen widersprach Roland Schmidhofer, er trat kürzlich als Gemeinderatsmitglied zurück. „Ich habe auch mit Rathauschefs gesprochen. Sie haben gesagt, dass sie nie in die Bereiche bei den Gebühren kommen werden, bei denen wir jetzt sind.“ Vor allem in zwei Punkten liege Penzing sehr weit über den anderen Gemeinden. Das betreffe den kalkulatorischen Zins, der mit 4,5 Prozent festgelegt wurde, und den Kosten für die Verwaltung. Beides zusammen mache allein schon 85 Cent der Gebühr aus. Kritik übte er auch beim Thema Abwasser. Hier würden 1,57 Euro für den Aufbau von Rücklagen verlangt. „Wo wollen sie sanieren? Wo sind die Gutachten und die Kostenkalkulation dazu?“, fragte Schmidhofer. Zweiter Bürgermeister Manfred Schmid äußerte, dass es eine entsprechende Rechtsprechung zum Zinssatz gebe und auch fünf oder sechs Prozent möglich gewesen wären.
Früherer Penzinger Gemeinderat empfiehlt Widerspruch und Klage
Schmidhofer empfahl allen Bürgerinnen und Bürgern gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen und ein rechtliches Vorgehen zu prüfen und erhielt dafür viel Applaus. Hammer ging nicht auf die genannten Zahlen ein, entgegnete aber, dass gerne vom Widerspruch Gebrauch gemacht werden könne und das Landratsamt dies dann prüfen werde. Er unterbreitete aber auch ein Angebot: „Kommen Sie ins Rathaus. Es wird Ihnen jemand vom Wirtschaftsprüfungsbüro die Zahlen erklären.“ Die Zusammenhänge seien aber zu komplex, um sie mal eben in fünf Minuten zu erläutern oder die Kalkulation ohne Erklärung einfach auf der Internetseite der Gemeinde zu veröffentlichen. Letzteres hatte unter anderem Schmidhofer gefordert.
Ein Gast stellte den Antrag, die rückwirkende Erhöhung zu überdenken. Anträge aus Bürgerversammlungen müssen im Gemeinderat behandelt werden. Ein weiterer Besucher sagte, dass es ihn „maßlos ärgert“, dass der Preis rückwirkend erhoben wird und er sich moderatere Anhebungen bereits in den Kalkulationszeiträumen zuvor gewünscht hätte. Hammer äußerte zu dem Thema, dass schon seit dem vergangenen Jahr immer wieder kommuniziert habe, dass es einen deutlichen Anstieg geben werde. Dass dies erst im September und rückwirkend festgestanden habe, bedauere er auch. „Wir haben die Wirtschaftsprüfer dreimal nachrechnen lassen, um ganz sicher zu sein.“ Schmidhofer stellte auch deren Resultate infrage, schließlich hätten diese mit Zahlen gerechnet, die ihnen die Gemeinde zur Verfügung gestellt habe.
Früherer Penzinger Bürgermeister verweist auf Analyse der Fachleute
Beim Thema Versäumnisse in der Vergangenheit sprang der Zweite Bürgermeister dem Vorgänger von Bürgermeister Peter Hammer, Johannes Erhard, zur Seite. „Es waren damals demokratische Entscheidungen, die Gebühren nicht zu erhöhen, das musste er akzeptieren.“ Ein Mann bat darum, Erhard solle sich selbst äußern. Erhard sagte: „Ich habe mich über die Diskussion gewundert und über die Zahl von 40 Prozent Wasserverlust. Das erscheint mir sehr hoch.“ Die kritischen Stellen seien jedes Jahr befahren worden, und bei Bedarf habe die Kommune gehandelt. Er verwies zudem darauf, dass Anfang 2019 die Grundgebühr um das 1,5-fache angehoben worden ist und damals das beauftragte Büro beim Verbrauchspreis von 1,19 Euro keinen Handlungsbedarf gesehen hat.