"Wir haben Ängste und Bedenken", sagte Roland Imhof von der "Interessensgemeinschaft PFC Penzing" beim Infoabend. Die trieben auch die rund 160 Gäste der Veranstaltung im Pfarrstadl in Untermühlhausen um. Die Chemikalie PFC war im auf dem früheren Fliegerhorst verwendeten Löschschaum enthalten, versickerte im Boden und wurde mit dem Grundwasserstrom weitertransportiert. PFC steht im Verdacht, gesundheitsgefährdend zu sein. Der Fokus der Veranstaltung lag auf Fragen nach den gesundheitlichen Auswirkungen, den Folgen für Grundstückseigentümer und wer für mögliche Schäden haftet. Als Experten eingeladen hatte die Interessengemeinschaft Dieter Eckert, ehemaliger Bürgermeister von Offenburg und Jurist. Er berichtete über seine Erfahrungen in solchen Fällen und äußerte sich auch zu Chancen von Klagen.
Zu Beginn wollte Imhof die Zuhörerinnen und Zuhörer auf den aktuellen Stand bringen, was gar nicht so einfach sei, merkte er an. "Es gibt keinen Istzustand, es findet ständig neuer Eintrag statt." Er verwies darauf, dass das Löschbecken inzwischen mit einer dafür geeigneten Plane abgedeckt sei, sodass zumindest auf diesem Wege keine weitere Belastung erfolge. Sorge bereitet ihm und anderen, dass die Untersuchungen so lange dauern. Die Tracer-Versuche hätten noch gar nicht begonnen und würden mindestens drei Monate dauern, bevor es überhaupt erste Erkenntnisse gebe. Bei den Versuchen werden eingefärbte Stoffe ins Wasser gegeben und dann an Messstellen geschaut, wie viel wo und in welcher Zeit dort ankommt.
Verjährungsfrist der Bima liegt Penzingern schwer in Magen
Die Bürgerinnen und Bürger erhoffen sich möglichst schnell Klarheit, hat die Bima doch mit dem 31. Dezember 2024 einen Stichtag benannt, an dem die Verjährung einsetzt und bis zu dem Ansprüche geltend gemacht werden können. Die Tracer-Versuche sah Eckert als einen Punkt, um nachzuweisen, dass ein Schaden entstanden ist. "Mancher merkt vielleicht auch erst in einigen Jahren, dass er betroffen ist, wenn er am Haus anbauen will, beispielsweise", sagt Imhof. Die Entsorgung von PFC-belastetem Aushub wäre je nach Ausmaß bis zu zehnmal teuer als bei unbelastetem, hätten Recherchen der IG bei Entsorgern ergeben.
Anwalt Eckert, er vertritt die Stadtwerke Raststatt seit 2014 in einem Fall von PFC-Belastung in Boden und Wasser, empfahl, gelassen zu bleiben. Er begründete dies mit Paragraf 199 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach die Verjährungsfrist erst beginne, wenn der Schaden klar ist und er zitierte auch ein Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach keine Verjährung eintrete, solange noch ein Eintrag von Schadstoffen erfolge. Der Fachmann verwies zudem auf die Bestimmung im Wasserhaushaltsgesetz, wonach keine Verschlechterung verursacht werden dürfe und Gewässer, darunter falle auch das Grundwasser, in gutem Zustand sein müssten. "Hier gibt es nichts zu diskutieren. Der Bach ist in keinem guten chemischen Zustand." Das Grundwasser spielt auch eine Rolle bei der Frage, ob die Bima oder spätere Eigentümer des Fliegerhorsts nur für Altlasten auf dem Areal selbst oder auch im Umfeld aufkommen müssen. Eckert sieht hier einen weitreichenderen Anspruch und beruft sich dabei auf die sogenannten "Pflichten zur Gefahrenabwehr", die im Bundesbodenschutzgesetz verankert sind und aufs Grundwasser Bezug nehmen.
Schadensersatz wegen PFC-Altlasten ist "schwieriges Thema"
Als "schwieriges Thema" bezeichnete Eckert die Frage nach Schadensersatz. Geschädigte könnten nur die Kosten für PFC geltend machen, nicht für andere Schadstoffe, eine Separierung sei also nötig. "Sie müssen den Schaden rechnerisch, naturwissenschaftlich und finanziell belegen, sonst weist es das Gericht ab." Es gelte laut BGB zudem, dass ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verschulden vorgelegen haben müsse. Den Beweis müsse der Kläger erbringen.
Die Bima sehe aktuell kein Verschulden bei sich, da PFC zum Zeitpunkt des Einsatzes ein zugelassener Stoff gewesen sei, äußerte Jurist Gerhard Spieß in der Sitzung des Zweckverbands Fliegerhorst im Mai. Die besten Chancen, diese Argumentationslinie auszuhebeln, sah er im Wasserhaushaltsgesetz. Dessen Paragraf 89 befasst sich mit der Haftung für Änderungen der Wasserbeschaffenheit und sieht eine verschuldensunabhängige Haftung vor. Skeptisch äußerte sich hier Eckert: "Das endet nur in einem Gutachterkrieg." Bei einem Verkauf des Fliegerhorsts an den Zweckverband ginge auch die Verantwortung über. Die Risiken würden meist über Altlastenklauseln in den Verträgen geregelt, so Eckert.
"Es ist immer besser, mit den Leuten zu schwätze", warb der eingeladene Experte aus dem Badischen für eine gemeinsame Lösung. "Sammeln Sie aber Informationen, wer wann was gewusst hat. Berufen Sie sich auf das Umweltinformationsgesetz. Wenden Sie sich an ihre Abgeordneten, damit die im Parlament Anfragen stellen und lassen Sie sich gegebenenfalls juristisch beraten. Bei Ihnen besteht keine akute Gesundheitsgefahr, Sie können mit kühlem Blut herangehen. Dann sind Sie gut vorbereitet, sollte es doch zur Klage kommen."
Feuerwehr sollte Teichwasser besser nicht mehr für Übungen nutzen
Ein Gruppenführer der Feuerwehr wollte von Eckert wissen, ob er wegen PFC überhaupt noch weiter mit Wasser aus dem Teich im Unterdorf in Untermühlhausen üben lassen dürfe, wenn er dadurch PFC verteile. "Da wäre ich vorsichtig", riet der Experte. Ein anderer Gast hakte nach, ob Grundwasser-Wärmepumpen überhaupt verwendet werden dürften, schließlich entnehme man einen Schadstoff und leite ihn wieder ein, werde so zum Verursacher. "Ich denke, das ist zulässig, weil sich der Zustand des Wassers dadurch ja nicht verschlechtert und es an derselben Stelle entnommen und eingeleitet wird", verwies Imhof auf eine Regelung dazu. Mehrere Fischer interessierte, wann der betroffene Verlorene Bach geräumt wird, hierzu gab es keine Antwort. Eine Frau wunderte sich, dass alles so bedenklich sei, die Kinder aber im Bach baden dürften. Penzings anwesende Dritte Bürgermeisterin und Medizinerin Jeannette Witta verwies darauf, dass die Aufnahme über Essen und Trinken erfolge, nicht über die Haut.