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Landsberg: Interview mit Malik Harris: „Der ESC ist gerade in dieser Zeit wichtig“

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Interview mit Malik Harris: „Der ESC ist gerade in dieser Zeit wichtig“

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    Der Landsberger Sänger Malik Harris tritt beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest an.
    Der Landsberger Sänger Malik Harris tritt beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest an. Foto: Thorsten Jordan

    Mit „Maneskin“ haben italienische Rockstars in Leder und mit Lidschatten den Eurovision Song Contest 2021 gewonnen. Mit seinem Song „Rockstars“ will sich der Landsberger Musiker Malik Harris beim nationalen Vorentscheid am Freitag, 4. März, durchsetzen und für Deutschland in Turin antreten. Das LT hat sich mit ihm in einem seiner Landsberger Stammlokale getroffen. Dort hat er bis 2019 als Aushilfe gearbeitet. Das Lokal hat mittlerweile die Besitzer gewechselt und auch in Harris’ Leben hat sich seitdem vieles verändert. Der 24-Jährige wird geduzt. Alles andere käme einem auch komisch vor, so bodenständig, wie der Landsberger einem begegnet.

    Malik, bist du wegen des ESC-Vorentscheids schon nervös oder fühlst du dich auf der großen Bühne mindestens genauso wohl wie mit Freunden in deinem Landsberger Stammlokal?

    Malik Harris: Tatsächlich fühle ich mich auf der Bühne noch wohler. Das ist einfach das Schönste für mich, wenn ich diese Energie des Publikums spüre. Dementsprechend bin ich jetzt auch noch ultra entspannt. Das kommt bei mir erst ganz am Ende, ich schätze mal die letzten 30 Sekunden, dann knallt die gesamte Aufregung rein.

    Malik Harris: So war seine Kindheit und Jugend im Raum Landsberg

    Du trittst beim ESC mit dem Song „Rockstars“ an. Der Song blickt nostalgisch auf die eigene Kindheit zurück, in der man sich unverwundbar gefühlt hat und keine Zweifel an den eigenen Fähigkeiten hegte. Haben die Lockdown-Wochen und fehlende Bühnenzeit an deinem Künstler-Selbstbewusstsein genagt?

    Harris: Definitiv, das war psychisch eine harte Zeit. Gerade auch dadurch, dass einem das Livespielen komplett weggenommen wurde und es auch zu einer fiesen Zeit begann. 2019 ging es bei mir mit den ersten Liveshows und dem Plattenvertrag los. Für 2020 waren bereits große Festivals und meine erste große Tour geplant. Und das war dann plötzlich mit einem Schlag alles weg. Ich versuche aber, immer das Gute zu sehen. Ich konnte viel über mich selbst nachdenken und habe viele Songs geschrieben. Wie eben auch „Rockstars“.

    Eine weitere Erkenntnis des Songs: Deine Kindheit im Raum Landsberg muss sehr schön gewesen sein.

    Harris: Ich hatte eine wahnsinnig schöne Kindheit, weil ich gerade noch in einer Zeit aufgewachsen bin, in der man noch nicht viel am Handy war. Ich bin in Issing aufgewachsen, bis ich 15 oder 16 Jahre alt war – also in einem Dorf mit 800 Einwohnern. Ich bin auf Bäume geklettert und habe viel Zeit draußen verbracht. Kurz vor dem Abitur bin ich nach Landsberg gezogen. Für mich war das bereits Großstadtfeeling. Ich mag Landsbergs Größe. Man kennt hier trotzdem jeden und man hat ein starkes Heimatgefühl.

    Eurovision Song Contest: Der Landsberger Malik Harris ist mit seinem Song beim Vorentscheid dabei.
    Eurovision Song Contest: Der Landsberger Malik Harris ist mit seinem Song beim Vorentscheid dabei. Foto: Thorsten Jordan

    Apropos Großstadt: Du warst als erster deutscher Künstler bereits auf einem Times Square Billboard in New York zu sehen. Dein Vater, der Ex-Talkshowmaster Ricky Harris, ist gebürtiger US-Amerikaner: Steht eine große Karriere in den USA ganz oben auf deiner Wunschliste?

    Harris: Auf jeden Fall ist das ein Ziel. Gerade weil ich halber Ami bin, habe ich meine Heimat auch in den USA. Und als Musiker möchte man natürlich in den Staaten stattfinden. Ich wollte früher in den USA leben. Einen zweiten Wohnsitz könnte ich mir dort gut vorstellen. Aber in den vergangenen Jahren ist mir aufgefallen, dass ich viele politische Themen und die soziale Ungerechtigkeit dort sehr problematisch finde. Vor allem wurde mir klar, wie gut wir es in Deutschland im Vergleich haben.

    ESC-Vorentscheid: Teilnehmer Malik Harris ist politisch interessiert

    Mit „Faith“ hast du eine Hymne für die „Black Lives Matter“-Bewegung geschrieben. Würdest du dich als politischen Menschen bezeichnen?

    Harris: Ich bin sehr an politischen Themen interessiert. Black Lives Matter betrifft mich selbst. Aber auch Themen wie der Feminismus und Klimawandel: Das sind alles Dinge, die mir superwichtig sind. Ich sehe es fast schon als eine Art Pflicht, meine Plattform dafür zu nutzen, um darauf aufmerksam zu machen.

    „Rockstars“ ist also ein sehr persönlicher und verletzlicher Song, den du beim Vorentscheid ganz allein auf der Bühne per Loop-Technik einspielen und vortragen wirst. Flapsig gefragt: Müssen da für den ESC nicht noch fünf ausdrucksstarke Tänzer im Glitzerfummel her?

    Harris: (lacht) Das wird auf jeden Fall aufgepeppt. Aber ich will den Auftritt so nah am Song halten wie möglich. Der Song fängt ganz leise an und wird dann immer lauter und größer zum Ende hin. Vor drei Jahren hat Duncan Laurence den Contest mit seinem Song „Arcade“ gewonnen, der auch reduziert war. Er saß am Klavier und erzählte seine Geschichte. Ich glaube, beim ESC geht es nicht immer unbedingt um das riesige Spektakel, sondern was für ein Gefühl vermittelt wird und wie das bei den Zuschauern ankommt.

    Wobei der melancholische Blick auf die gute alte Zeit leider doch sehr gut zum aktuellen Zeitgeschehen passt: Wir haben Krieg in Europa. Passt da ein fröhlicher Musikwettbewerb überhaupt zur Situation?

    Harris: Ich bin definitiv dafür, dass der Song Contest stattfindet. Ich finde, die Situation ist sehr klar: Es gibt zwei Positionen. Die eine ist die von Wladimir Putin. Ein machthungriger Autokrat. Und auf der anderen Seite steht die gesamte demokratische Welt. Das gibt mir auch Hoffnung. Bis auf einen Mann – Putin – sind wir uns eigentlich alle einig und darin auch vereinigt. Deswegen finde ich den ESC gerade in dieser Zeit wichtig, um auch dort Einigkeit zu zeigen.

    Zunächst musst du jedoch erst den deutschen Vorentscheid gewinnen. Wie schätzt du deine Chancen ein?

    Harris: Ich kann es nur sehr schwer einschätzen, weil mein Song doch so anders ist. Ich war überrascht, dass mein Song überhaupt für den Vorentscheid ausgewählt wurde. Andererseits spornt mich das jetzt schon recht an. Und vielleicht ist es Zeit für einen frischen Wind und für einen Typen, der alle Instrumente selber spielt, und einen Song, der auch einen Rap-Teil hat.

    Deine Tour „Anonymous Colonist“ wurde coronabedingt bereits vier Mal verschoben und geht nun endlich in Berlin am 15. Mai los und damit einen Tag nach dem ESC-Finale. Hast du schon vom langersehnten Tourstart als ESC-Gewinner geträumt?

    Harris: Das wäre schon ziemlich fett. So wie ich mich kenne, wäre der erste Termin der Tour dann schon ziemlich hart in Sachen Kater. Doch sollte es dazu kommen, dass ich als ESC-Gewinner in Berlin auf der Bühne stehe, dann wird mir das Publikum das wohl nicht allzu übel nehmen. Und meine Songs würde ich natürlich trotzdem spielen.

    Wie können deine Fans zu diesem Wunschszenario beitragen?

    Harris: Man kann bereits online abstimmen. Und am Freitag während der Sendung kann man für mich anrufen. Also am besten stimmt ganz Landsberg für mich ab (lacht).

    „Germany 12 Points“ - der deutsche ESC-Vorentscheid wird am Freitagabend, 4. März, ab 21 Uhr in der ARD ausgestrahlt. Außerdem stellen viele öffentlich-rechtliche Radiosender die Teilnehmenden im Laufe des Freitags genau vor und spielen die Songs der Musiker und Musikerinnen.

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