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Kaufering: Eine Notärztin aus Kaufering und der Wettlauf gegen die Zeit

Kaufering

Eine Notärztin aus Kaufering und der Wettlauf gegen die Zeit

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    Dr. Gudrun Nitsche aus Kaufering ist als Notärztin viel im Landkreis Landsberg unterwegs. Die 47-Jährige arbeitet als Chefärztin der Anästhesiologie und Intensivmedizin in den Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren.
    Dr. Gudrun Nitsche aus Kaufering ist als Notärztin viel im Landkreis Landsberg unterwegs. Die 47-Jährige arbeitet als Chefärztin der Anästhesiologie und Intensivmedizin in den Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren. Foto: Thorsten Jordan

    „Du bist jung und kreativ? Du improvisierst gern, liebst die Arbeit im Team sowie Spannung und Action? Dann bewirb dich als Notarzt!“ Ginge es nach den Beschreibungen von Dr. Gudrun Nitsche könnte so eine Stellenanzeige für junge Mediziner aussehen. Eigentlich voller verlockender Attribute, zumal man als Notarzt in den meisten Fällen helfen kann und auch Dank und Anerkennung von den Geretteten bekommt, wie Nitsche berichtet. Dennoch unterzieht sich der Notarztdienst einem – bislang kaum wahrgenommenen – Wandel.

    „Noch vor 20 Jahren gab es eine Warteliste für angehende Notärzte. Heute herrscht ein Mangel“, sagt Nitsche. Damals war der Notarztdienst eine Männerdomäne. „Erst jetzt rutschen so langsam auch junge Medizinerinnen in diesen Beruf“, stellt Nitsche fest, die besonders ihnen dafür Mut machen will. Denn Nitsche, die als Chefärztin der Anästhesiologie und Intensivmedizin in den Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren in Buchloe arbeitet, brennt für ihren Beruf. Tagsüber, wenn sie in der Klinik arbeitet, fährt sie Einsätze von dort aus. Nachts und an Wochenenden ist sie als eine von wenigen selbst fahrenden Notärzten seit 20 Jahren im Rettungsdienst in Landsberg im Einsatz.

    Der Notfall-Pkw steht vor der Haustür in Kaufering

    Hat sie Schicht, steht der Notfall-Pkw vor ihrer Haustür in Kaufering. Von Geburten bis zur Reanimation von Säuglingen, von Polytrauma bei Verkehrsunfällen bis zu Schlaganfällen oder psychischen Problemen hat sie schon so ziemlich alles erlebt, was einen Notarzteinsatz auslösen kann. Was die 47-jährige Mutter zweier Kinder daran so fasziniert, sind die stets unterschiedlichen Situationen, mit denen ein Notarzt konfrontiert wird: Bei einem Einsatz zu Hause spielen auch die Angehörigen eine Rolle. Bei Einsätzen im Freien sind es die örtlichen Gegebenheiten. Manchmal ist es gar nicht so einfach, an die Verletzten überhaupt ranzukommen. So erinnert sich Nitsche an einen abenteuerlichen Einsatz, als ein Kanufahrer an der Sandauer Brücke in Landsberg festhing.

    Ein Dachschild mit der Aufschrift "Notarzt" steht auf einem Einsatzwagen eines Notarztes.
    Ein Dachschild mit der Aufschrift "Notarzt" steht auf einem Einsatzwagen eines Notarztes. Foto: Lino Mirgeler/dpa (Symbolbild)

    Im Krankenhaus arbeiten Ärzte dagegen in klar definierten, bekannten Strukturen und haben zudem die Möglichkeit, sich zur Beurteilung eine Zweitmeinung einzuholen. Am Notfallort hingegen bilden sich Teams aus den jeweils diensthabenden Rettungssanitätern und Ärzten – und gerade diesen Teamgedanken weiterzuentwickeln, fasziniert Nitsche. „Ich schätze diese Freude im Team, das Beste für den Patienten auf dem schnellsten Weg zu erreichen“, sagt die Ärztin, die früher auch als Leichtathletik-Trainerin beim VfL Kaufering war.

    Was sie begeistert, schreckt andere ab. Zwar mangelt es nicht an Nachwuchs beim Medizinstudium. „Viele gehen aber in Bereiche, die nicht so direkt mit Patienten zu tun haben, beispielsweise zu Pharmafirmen oder zum medizinischen Dienst der Krankenkassen. Oder aufgrund besserer Bezahlung ins Ausland.“ Der Ärztemangel ziehe sich deshalb inzwischen über die komplette Ebene der Medizin, treffe aber insbesondere die Notarztdienste. „Die Bevölkerung braucht sich aber keine Sorgen machen, dass kein Notarzt kommt. Die Standorte unterstützen sich gegenseitig, wenn einer unterbesetzt oder ein Arzt bei einem Einsatz ist“, so Nitsche. Für die, die dem Notarztdienst die Treue halten, wird es jedoch schwieriger.

    Immer weniger junge Mediziner wollen Notarzt werden

    Viele Faktoren spielen eine Rolle, dass immer weniger junge Menschen Notarzt werden wollen. So ist die Bezahlung, gemessen an anderen Diensten, niedriger. Gestiegen sind jedoch die Anforderungen: Waren früher 18 Monate Klinikerfahrung, 80 Stunden Kurs sowie zehn Einsätze nachzuweisen, stiegen die Klinikzeit auf 24 Monate, die Einsätze auf 50 und zudem wurde eine Abschlussprüfung eingeführt. Die Kliniken Ostallgäu hätten bereits reagiert, beispielsweise mit finanziellen Zuwendungen zu den Kursgebühren oder der Möglichkeit, während der Ausbildung die Einsätze während der Klinikzeit zu fahren.

    Es müsse jedoch viel mehr getan werden, so Nitsche: „Bereits im Studium sollten die angehenden Mediziner für den Notarzt begeistert werden. Krankenhäuser könnten ein Back-up-System aufbauen, sodass junge Notärzte vom Einsatzort Rücksprache mit Kollegen halten könnten.“ Notarzt zu sein, heißt auch, sich etwas zuzutrauen. Dafür ist Gudrun Nitsche das beste Beispiel: Die gelernte Bankkauffrau kam über ihre Ausbildung zur Rettungssanitäterin bei den Maltesern und dem BRK zur Medizin. Heute ist sie Fachärztin für Anästhesie, Allgemein-, Intensiv- sowie Notfallmedizin und seit über zehn Jahren leitende Notärztin.

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