Landsberg Weniger ist manches Mal mehr. Wie zutreffend diese Worte sein können, zeigte die Vernissage mit minimalistisch-abstrakten Bildern der Künstlerin Heike Rösch-Noll in der Landsberger Säulenhalle. Mit spartanischem Einsatz künstlerischer Mittel gelingen der Malerin spannungsvolle Bilder, die ihre Ausdruckskraft aus einem Wechselspiel von Farbe, Form und Struktur beziehen, in das der Betrachter auf unerklärliche Weise mit hineingezogen wird.
Mehr und mehr arbeitet die Künstlerin dabei mit Marmormehl, das sie der Acrylfarbe beimengt, wodurch nicht nur eine zusätzliche Mattheit der Farben, sondern auch eine veränderte Struktur der Oberfläche entsteht. Verführt wie von einem barocken trompe l’ oeil möchte man sich davon überzeugen, dass es sich bei den Arbeiten der Künstlerin tatsächlich um Farbe auf Leinwand und nicht auf Beton oder Stein handelt, wie ein erster flüchtiger Eindruck suggeriert, der durch den Einsatz der weiß-grauen Grundfarbe noch verstärkt wird.
In einem ersten, eruptiven Ausbruch von Kreativität fließen wahllos abstrakte Formen als erste Schicht auf die von der Malerin selbst vorbereitete Leinwand, der durch erneuten ungleichmäßigen Farbauftrag und die anschließende Bearbeitung und teilweise Zerstörung der einzelnen Schichten wieder gebändigt wird. Die betonartige Struktur der Bilder, die Modernität und Kühle zugleich ausstrahlt, und der ausgesprochen sparsame Einsatz von Farbe gehen eine kongeniale Verbindung ein. „Bunt geht bei mir gar nicht“, erläutert Heike Rösch-Noll, „ein Bild mit mehr als einer oder zwei Farben überlebt bei mir nur, wenn es geordnet ist.“ Und so wirken ihre Arbeiten trotz der in der untersten Schicht aufgetragenen kreativen Energie und Dynamik sehr beruhigt, die kühle Ausstrahlung wird bei manchen der Bildern durch die Verwendung warmer Rot- und Orangetöne kompensiert.
Viel Freiheit für den Betrachter
Keine der Arbeiten trägt einen Titel, denn so die Künstlerin: „Ein Titel macht eine Vorgabe, er legt den Betrachter auf etwas fest, obwohl er vielleicht etwas anderes in einem Bild erkennt.“ Die Freiheit, die Heike Rösch-Noll dem Betrachter ihrer Arbeiten einräumt, gewährt sie auch ihren Bildern selbst. Dies wird besonders deutlich an den zwei- oder mehrteiligen Werken, deren Hängung zueinander flexibel ist, wodurch sich ungeahnte Möglichkeiten der Wahrnehmung und des Kunsterlebens eröffnen.
Dazu passt auch, dass die Künstlerin ihre Arbeiten prinzipiell auf der Rückseite signiert, eine Signatur auf der Vorderseite würde eine erste Einschränkung dieser Möglichkeiten bedeuten. Eine solche Freiheit bricht mit den überkommenen Sehgewohnheiten und mag anfangs verunsichern, da sie dem Betrachter eine gewisse Mitarbeit abverlangt. Doch es ist dieser spielerische Umgang mit Kunst, der zugleich auch einen neuen Zugang zu ihr ermöglicht und gerade im Fall der abstrakten Malerei manche Barriere einreißt. Wer sich einlässt auf diese Expedition in die Welt gegenstandsloser Kunst, wird verwundert feststellen, was es dort alles zu entdecken gibt, wenn er bereit ist, sich sein eigenes Bild zu machen.
Dazu trägt nicht zuletzt die ruhige Ästhetik der Bilder von Heike Rösch-Noll bei. Ohne im Mindesten statisch zu wirken, lassen ihre Arbeiten innere Stabilität, Beruhigung und Klarheit spüren, die sich letztlich auf den Betrachter überträgt. Die hohen, weiß getünchten Gewölberäume der Säulenhalle mit ihren Abplatzungen von Putz und Rissen im Mauerwerk bilden für die Werke der Künstlerin den idealen Rahmen.
Öffnungszeiten Jeweils Montag bis Mittwoch, 20. bis 22. Dezember und 27. bis 29. Dezember von 15 bis 19 Uhr in der Säulenhalle am Stadttheater, Schlossergasse 381.