Dießen/St. Georgen Im Streit um den Bau einer Flutmulde und von Deichen zwischen dem Forellen- und dem Krebsbach am Ortsrand von St. Georgen hat der klagende Landwirt vor dem Verwaltungsgericht München recht bekommen. Das Gericht hob den Planfeststellungsbeschluss, gegen den der Bauer geklagt hatte, auf. Damit ist nicht nur das Baurecht für die Hochwasserschutzmaßnahme auf den Flächen dieses Landwirts hinfällig. Auch weitere geplante Vorhaben, zum Beispiel Retentionsbecken zwischen Wengen und Seehof, können bis zu einem neuen Planfeststellungsbeschluss nicht verwirklicht werden.
Die Angelegenheit war im Juli vor dem Verwaltungsgericht verhandelt worden (LT berichtete). Am Ende stand damals ein Vergleichsvorschlag, der ein Tauschgeschäft vorsah, in dessen Rahmen die Gemeinde eine etwa ein halbes Tagwerk große Wiese eintauschen sollte, die für die Hochwasserschutzbauten benötigt wird. Der vom Bürgermeister ausgehandelte Vergleich wurde jedoch nicht wirksam, der Gemeinderat verweigerte seine Zustimmung. Daraufhin entschied das Gericht über den Vorgang und hob den vom Landratsamt erlassenen Planfeststellungsbescheid für die Hochwasserschutzmaßnahmen in St. Georgen zur Gänze auf.
Das Gericht begründete dies einerseits mit einem formalen Mangel. Die Planfeststellungsunterlagen enthielten kein Grundstücksverzeichnis, aus dem sich ergibt, welche Flächen in welcher Weise für die Hochwasserschutzmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Mithin erfülle die darauf fußende Genehmigung nicht die Erfordernisse des sogenannten „Bestimmtheitsgebots“. Ein Planfeststellungsbeschluss habe eine „enteignungsgleiche Vorwirkung“ und für sich daraus ergebende Entschädigungsansprüche des Grundeigentümers müssen Art und Umfang der Inanspruchnahme seines Eigentums „eindeutig“ erkennbar sein, erläuterte das Gericht.
Materieller Mangel
Daneben sah das Verwaltungsgericht auch einen materiellen Mangel. Die Planfeststellung zum Hochwasserschutz widerspreche dem Bebauungsplan für das angrenzende Baugebiet Moosänger/Am Forellenbach. Darin wurde bestimmt, dass das Überschwemmungsgebiet (dazu zählen auch die für die Deiche vorgesehenen Gebiete) außerhalb der Baufenster weder verändert noch bebaut werden darf und Auffüllungen nur auf eigens festgesetzten Flächen erfolgen dürften. Somit sei ein „Abwägungsausfall“ gegeben: Der Planfeststellungsbeschluss habe sich nämlich „in keiner Weise mit dem Bebauungsplan und den diesbezüglichen Festsetzungen zum Überschwemmungsgebiet auseinandergesetzt“. Daraus folge, dass er rechtswidrig ist und damit aufgehoben werden müsse.
Die Marktgemeinde Dießen will sich mit der Entscheidung nicht abfinden. Der Gemeinderat bestätigte in seiner jüngsten Sitzung den bereits gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung. „Wir möchten wenigstens die Sachen umsetzen können, die nicht strittig sind“, sagte Bürgermeister Herbert Kirsch (Dießener Bürger) zur Begründung. Dabei geht es beispielsweise um die weiteren Hochwasserschutzmaßnahmen in Form von Rückhalteflächen zwischen Wengen und dem Seehof. Aufgrund der Gerichtsentscheidung müsste nun das komplette Planfeststellungsverfahren neu aufgerollt werden. Die Aussichten, so Kirsch mit Berufung auf den gemeindlichen Rechtsanwalt Dr. Gerhard Spieß, seien dabei „nicht völlig aussichtslos“.
In seiner Klage gegen die Planfeststellung hatte der Landwirt Einschränkungen und Erschwernisse bei der Bewirtschaftung seiner Wiesen geltend gemacht. Außerdem stellte er die Notwendigkeit der Flutmulde und der Deiche infrage und sprach sicht stattdessen für eine Verbreiterung des Krebsbachs aus.