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„Die Leute dazu kriegen, dass sie das tun, was sie sagen“

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„Die Leute dazu kriegen, dass sie das tun, was sie sagen“

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    Windach Mit viel Begeisterung bei den Initiatoren und auch in großen Teilen der Windacher Bürgerschaft ist im Februar 2009 der genossenschaftlich geführte „Schlossmarkt“ gestartet. Der Zauber des Anfangs ist vergangen, der Schlossmarkt ist im Alltag angekommen. Er schlägt sich ganz gut, aber man ist nicht so weit gekommen, wie erhofft, räumt Schlossmarkt-Vorstand Rudolf Frommknecht ein. LT-Redakteur Gerald Modlinger hat ihn nach seinen bisherigen Erfahrungen im Lebensmittelhandel gefragt.

    Herr Frommknecht, wer kauft in Ihrem Supermarkt was ein?

    Frommknecht: Wir liegen beim durchschnittlichen Einkaufswert im oberen Mittelfeld von Dorfläden und haben durchschnittlich 340 Kassenvorgänge am Tag. Wir haben einen großen Teil Stammkunden und die gehen auch mit vollen Kisten raus. Die zweite Fraktion sind die älteren Mitbürger, die froh sind, dass es weiterhin ein Geschäft im Dorf gibt. Die dritte Gruppe kommt hauptsächlich wegen der Frischeangebote wie Obst und Gemüse und Molkereiprodukte und die vierte Gruppe sind die, die woanders etwas vergessen haben.

    Da macht sich die Konkurrenz der großen Lebensmittelketten bemerkbar. Wie halten sie der entgegen?

    Frommknecht: Das ist eine der Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben, viele Leute kennen uns nicht, wir müssen uns noch klarer positionieren. Unser Motto „Regional ist optimal“ muss erst mal in die Köpfe rein.

    Die großen Ketten haben seit Langem eingeführte klare Profile.

    Frommknecht: Bei den Konsumenten fehlt oftmals auch Flexibilität in den Kaufentscheidungen. Da muss dann unser Personal beraten und sagen, dafür haben wir etwas anderes. Und wenn jemand Spezialwünsche hat, kann er sich an die Ladenleitung wenden, wir bestellen das dann für ihn.

    Und die Werbung der großen Einzelhandelskonzerne flutet jedes Wochenende in unsere Briefkästen.

    Frommknecht: Wir haben anfangs auf diese Weise auch relativ viel Werbung in Windach, Finning und Eresing gemacht. Das ging richtig ins Geld und am Ende haben wir dann von einem Produkt drei Flaschen mehr in der Woche verkauft. Wir haben festgestellt, dass wir damit nicht mehr Leute dauerhaft in den Laden holen, das Trommelfeuer der anderen ist so stark. Jetzt halten wir dagegen, indem wir etwas Besonderes bieten. Zum Ferienende hatten wir zum Beispiel Artikel, die man nach der Rückkehr aus dem Urlaub braucht, hauptsächlich frische Grundnahrungsmittel, um 20 Prozent reduziert – unter dem Motto „Willkommen zuhause“ oder verlosen über eine ,Ladenrallye’ Einkaufsgutscheine.

    Das klingt so, als wären viele Windacher mit dem Schlossmarkt doch nicht so stark verbunden.

    Frommknecht: Die Einstellung ist manchmal hyperkritisch, weil die Distanz nicht da ist und die Leute sagen, „Ihr habt’s das nicht“. Solange die Windacher Bevölkerung nicht „Wir“, sondern „Ihr“ sagt, haben wir noch einen Job zu tun. Diese Einstellung gilt manchmal auch für Genossenschaftsmitglieder. Für einen Ort wie Windach reicht das Angebot, die Leute müssen es nur annehmen. Für das Sortiment, das wir verkaufen, ist in den 1000 Haushalten eine Kaufkraft von sieben Millionen Euro vorhanden. Ganz optimistisch geschätzt werden in Windach aber nur zwei Millionen Euro ausgegeben. Würde davon auf uns eine Million entfallen, wären wir glücklich. Der politische Streit, aus dem der Schlossmarkt geboren wurde, ist in den Köpfen immer noch da.

    Ist der Umsatz also unter den Erwartungen zurückgeblieben?

    Frommknecht: Wir müssen zufrieden sein. Aber der ganze Laden war viel teurer als wir gedacht haben, so mussten wir etwa die ganze Kühltheke neu machen. Der Laden trägt sich im Moment gerade so – auch weil wir viel in Eigenleistung gemacht haben und die Vorstände für Gotteslohn arbeiten. Bis zum Jahresende werden wir auch den Warenkredit des Lieferanten abbezahlt haben. Wenn wir zehn Prozent mehr Umsatz machen würden, täte uns das gut. Aber andererseits ist der Zweck einer Genossenschaft von Haus aus auch nicht, Gewinn zu machen, es steht vielmehr ein ideeller Wert dahinter. Wir wollen unseren Teil beitragen, den Ortskern lebendig zu halten, andernfalls hätten wir einem Supermarkt draußen vor dem Ort Tür und Tor geöffnet.

    Dies oder keine Einkaufsmöglichkeit mehr zu haben, ist die Wahl, vor der oft auch andere Orte stehen. Was raten sie denen, die es den Windachern gleicht tun wollen?

    Frommknecht: Zum einen muss sich ein solches Geschäft von anderen unterscheiden. Außerdem sollten sie einen eigenen Laden nur aufmachen, wenn das ganze Dorf dahintersteht. Sie sollen sich dabei auch vorher ganz genau anschauen, wie sie die Leute dazu kriegen, dass sie dann auch das tun, was sie vorher sagen. Und intern muss man sofort auf die Zahlen schauen, vor allem bei den kritischen Warengruppen wie Molkereiprodukte sowie Obst und Gemüse, das sind die Umsatzträger. Wir hatten da am Anfang Anlaufschwierigkeiten und haben viel Geld verloren. Und mann muss einen Laden auf fünf Jahre betrachten und so rechnen, wie es auch ein privater Kaufmann täte.

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