1457 Fragebögen hat Andreas Schollenberger ausgewertet. Der pflegerische Leiter der Zentralen Notaufnahme (ZNA) am Klinikum Landsberg befragte gemeinsam mit dem Pflegeteam ein Jahr lang Patientinnen und Patienten, die mit niedriger Behandlungsdringlichkeit die ZNA aufgesucht hatten und aufgrund hoher Auslastung lange Wartezeiten in Kauf nehmen mussten. In der Wartebereichsumfrage wurden sie laut einer Pressemitteilung des Klinikums zu unterschiedlichen Thematiken befragt, „um herauszufinden, ob sich Verbesserungsmöglichkeiten in der Patientensteuerung und damit zur Entlastung der Notaufnahme ergeben“, erklärt Schollenberger.
Immer mehr Patienten fluten die deutschen Notaufnahmen, aus unterschiedlichen Gründen. Es gilt, die dringlich zu behandelnden Patienten zu identifizieren, was in den Notaufnahmen von Fachpflegekräften über sogenannte Ersteinschätzungssysteme mit Dringlichkeitsstufen geschieht, berichtet der pflegerische Leiter. Gerade Patienten, die mit weniger dringlichen Beschwerden erscheinen, müssen oft lange warten. Und genau sie wurden nun ein Jahr lang befragt.
Denn, so sagt Schollenberger: „Pilotprojekte an anderen Kliniken haben gezeigt, dass bis zu 25 Prozent der Patienten niedriger Dringlichkeitsstufen die Ressource Notaufnahme nicht benötigen und diese teilweise aus Unkenntnis bestehender anderer Strukturen, aus Mangel an Facharztterminen oder um die 24-stündigen Ressourcen einer Klinik wissend, aufsuchen.“ Ein großes Problem: Bereits vorhandene weitere Strukturen wie Ärztliche Bereitschaftspraxen sind teilweise immer noch unbekannt.
Knapp ein Drittel kommt aus angrenzenden Landkreisen
Schollenberger hat besagte 1457 Fragebögen ausgewertet, was übrigens nur 10 Prozent der über den Zeitraum eines Jahres im Klinikum behandelten Patienten der niedrigen Dringlichkeitsstufen 4 und 5 entspricht. Die Auswertung hat ergeben, dass die richtige Patientengruppe befragt wurde, da 86 Prozent der Befragten unter 64 Jahre alt war, davon 61,5 Prozent zwischen 16 und 64 Jahren. In dieser Altersgruppe überwiegt statistisch die Zahl der Patienten niedriger Dringlichkeiten.
Es nahmen etwas mehr Männer als Frauen an der Umfrage teil. Knapp 32 Prozent der Patientinnen und Patienten kamen nicht aus dem Landkreis Landsberg, sondern aus angrenzenden Landkreisen mit eigenen Zentralen Notaufnahmen. 41 Prozent der befragten Personen sahen sich nicht oder „eher nicht“ als Notfall, bei 77 Prozent der Befragten bestand der Grund des Kommens weniger als 24 Stunden. Interessanterweise sahen sich weit über 90 Prozent der Befragten, deren Beschwerden länger als eine Woche bestanden, als Notfallpatient. Insgesamt war deren Anteil mit 5 Prozent aber gering, heißt es in der Pressemitteilung des Klinikums.
Nur jeder zehnte Befragte im Klinikum Landsberg nutzt „Dr. Google“
Keinerlei eigene Maßnahmen zur Linderung ihrer Beschwerden vor Aufsuchen der Notaufnahme trafen 22 Prozent der Befragten, und nur jeder zehnte Befragte benutzte im Vorfeld „Dr. Google“. 60 Prozent der Befragten versuchten im Vorfeld nicht, eine andere ärztliche Struktur als die Notaufnahme zu kontaktieren. Ebenso waren fast 40 Prozent der Patienten die Ärztliche Bereitschaftspraxis am Klinikum Landsberg und deren Öffnungszeiten unbekannt.
Knapp 67 Prozent aller befragten Patienten haben sich aus eigener Entscheidung in die Notaufnahme begeben. „Hier ist das hohe Potential an zu steuernden Patienten und der Entlastung der Notaufnahme versteckt“, sagt Andreas Schollenberger. Da die Zentrale Notaufnahme in Landsberg räumlich sehr beengt ist, gibt es momentan viele Überlegungen, Synergien zu schaffen, um Patienten effizienter zu steuern und in die geeignete Versorgungsstruktur zu bringen. „Letztendlich wird hier aber nur der geplante Neubau der Notaufnahme mit integrierter Bereitschaftspraxis und dem geplanten Facharztzentrum in Kombination mit digitalen Steuerungstools Abhilfe schaffen können“, so der pflegerische Leiter. „Auch muss man abwarten, wie die Notfallversorgung in Deutschland im Zuge der geplanten Krankenhausreform zukünftig strukturiert werden soll“. Immerhin sahen gut 75 Prozent der Befragten die Wartezeitinformationen in der Zentralen Notaufnahme als ausreichend an. (AZ)
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