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Landsberg: Wie geht man im Landsberger Klinikum mit Demenzkranken um?

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Wie geht man im Landsberger Klinikum mit Demenzkranken um?

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    Ein anspruchsvoller Spagat: Im Klinikum Landsberg versucht man den Anforderungen an die Versorgung dementer Personen gerecht zu werden.
    Ein anspruchsvoller Spagat: Im Klinikum Landsberg versucht man den Anforderungen an die Versorgung dementer Personen gerecht zu werden. Foto: Christian Rudnik

    Eine Frau wird mit ihrer Mutter in der Notaufnahme vorstellig. Sie spricht von einer zunehmenden Verwahrlosung und Verwirrtheit der alten Frau, wahrscheinlich bedingt durch eine Demenz. Die Rentnerin ist anderer Meinung und entscheidet sich gegen die Hilfe. Dieses Szenario wurde bereits im ersten Teil der

    Die deutsche Bevölkerung wird zunehmend älter und die Fälle nehmen zu. Das kann man auch im Klinikum Landsberg bezeugen. Im Büro von Dr. med. Peter Landwehr, Chefarzt der Abteilung für Inneres, nehmen Maximilian Helber und Stefan Kozlik Platz. Helber ist Spezialist für Geriatrie und versorgt Patientinnen und Patienten, die meist älter als 65 Jahre sind und unter alterstypischen Erkrankungen leiden. Kozlik ist wie Helber Facharzt für Innere Medizin und zudem ärztlicher Leiter der Notaufnahme. 

    Das Persönlichkeitsrecht steht über allem

    Alzheimer und Demenz

    Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe "Alzheimer" und "Demenz" oft gleichbedeutend verwandt.

    Der Begriff Demenz stammt aus dem Lateinischen und bedeutet sinngemäß "ohne Geist". Über 50 verschiedene Störungen der Gehirnleistung werden darunter zusammengefasst. Demenz ist also ein Überbegriff und nicht gleichzusetzen mit der Alzheimer-Krankheit.

    Alzheimer ist mit rund zwei Drittel aller Fälle die häufigste Form der Demenz. Weitere Demenzformen sind beispielsweise die Vaskuläre Demenz, die Frontotemporale Demenz, die Lewy-Körperchen Demenz und die Demenz bei Parkinson.

    Obwohl Ursachen und Verlauf unterschiedlich sind, führen alle Demenzerkrankungen zum Abbau der geistigen Fähigkeiten. Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Typische Symptome einer Demenz sind Störungen des Gedächtnisses, der Sprache, des Denkens, der Wahrnehmung, der logischen Argumentation und des Verhaltens. (dpa/ots)

    "Solche Fälle nimmt man auch mit nach Hause", erzählt Landwehr aus der Praxis. Der Chefarzt bezeichnet die Situation als ein "riesiges und extrem schwieriges Spannungsfeld", dass viele Bereiche von der Medizin bis hin zur Pflege beinhalte. Über 40 Prozent der 80-Jährigen haben kognitive Einschränkungen, und davon 20 Prozent schwere Demenz. Ist es bloß ein verwirrter Zustand oder Alzheimer? "Das ist im Einsatz für einen Notfallarzt schwer einzuordnen."

    Maximilian Helber ist leitender Oberarzt für Geriatrie, am Klinikum Landsberg.
    Maximilian Helber ist leitender Oberarzt für Geriatrie, am Klinikum Landsberg. Foto: Robert Klinger

    Es handelt sich dann nur um eine Verdachtsdiagnose. Wenn der Patient oder die Patientin sagt, dass es ihr gut gehe und keine akute Erkrankung oder Selbstgefährdung vorliege, muss das Klinikpersonal die Person wieder entlassen. Denn oftmals fehlt bei den Betroffenen die Einsicht, dass Hilfe benötigt wird. "Es ist ein juristisches Problem", betont Helber. Denn das Persönlichkeitsrecht steht über allem. Im Notfall kann die Polizei handeln, wenn Eigengefahr besteht. Ohne Beschluss des Amtsgerichts ist eine Zwangseinweisung nicht möglich. Viele Angehörige fühlen sich ohnmächtig und müssen mit ansehen, wie die eigene Mutter oder der nette Nachbar zusehends verwahrlosen. 

    Die Atmosphäre einer Notaufnahme ist für demente Menschen herausfordernd

    Die Notaufnahme ist wohl für niemanden ein angenehmer Ort. Doch für Demenzerkrankte sei die hektische, anonyme Umgebung besonders problematisch, weiß Kozlik als ärztlicher Leiter der Landsberger Notaufnahme. "Wir sind rein somatisch ausgerichtet", also auf körperliche Beschwerden fokussiert. Verwirrte Menschen benötigen einen besonders ruhigen und einfühlsamen Umgang. "Wir versuchen, solche Menschen auf Watte zu tragen", veranschaulicht Helber. Vor Ort folgt eine erste Einstufung durch ein Scoring-System. Ein Fragenkatalog reicht von einfachen Fragen "Wie heißen Sie?" bis zu Gedächtnistests, um das Krankheitsbild einzuordnen.

    Für das Klinikpersonal sind solche Fälle ebenfalls herausfordernd im ohnehin schon eng getakteten Arbeitsablauf. "Für einen Demenzerkrankten benötigen so viel Zeit wie für mindestens drei Patienten zusammen", betont Kozlik. "Es ist ein Vertrauensthema und damit ein Zeitthema", betont Landwehr. Zeit, die die Mediziner nicht haben. Und Beruhigungsmittel sind für demente Personen alles andere als förderlich. Sie können sogar die Sterblichkeit erhöhen.

    Dr. Peter Landwehr ist Chefarzt der Abteilung für Inneres im Klinikum Landsberg.
    Dr. Peter Landwehr ist Chefarzt der Abteilung für Inneres im Klinikum Landsberg. Foto: Robert Klinger

    Ist es eine sich verstärkende Demenz? Ist es Delir, also ein Zustand der Verwirrung, der plötzlich auftritt und Stunden oder Wochen andauert? Oder zeigt der Mensch Symptome einer Altersdepression? Je mehr über die Vorgeschichte des Patienten bekannt ist, umso besser lässt sich der medizinische Zustand im Krankenhaus einschätzen. Hausärzte, die bereits seit Jahren oder Jahrzehnten mit dem Patienten zu tun haben, können eine Wesensveränderung viel besser einschätzen, als ein Notarzt, der die Person das erste Mal untersucht. Eine ambulante Abklärung und die Einweisung durch den Hausarzt oder Neurologen seien sowohl für Patienten und Patientinnen als auch das Klinikpersonal eine immense Erleichterung. 

    Die Mediziner haben eine weitere Bitte: "Frühzeitig eine Vorsorgevollmacht ausfüllen." Die Aufklärung über vorgesehene ärztliche Maßnahmen in verwirrten Zustand gestalte sich schließlich schwierig. Positiv wirkt sich auch ein geplanter Besuch aus, falls möglich. So ist die Notaufnahme am Vormittag weniger hektisch als am Nachmittag. Ein Familienmitglied kann zudem über die Vorgeschichte berichten und eine beruhigende Wirkung haben. 

    Klinikum Landsberg plant eine Station für Akutgeriatrie

    Die Ärzteschaft ist also für das Problem sensibilisiert. Doch wie will man im Krankenhaus in Zukunft mit der steigenden Anzahl an dementen Menschen umgehen? "Wir müssen realistisch bleiben", sagt Peter Landwehr. Es gebe deutschlandweit nur wenige Betten speziell für Demenzfälle.

    Stefan Kozlik ist Facharzt für Innere Medizin und ärztlicher Leiter Zentrale Notaufnahme in Landsberg.
    Stefan Kozlik ist Facharzt für Innere Medizin und ärztlicher Leiter Zentrale Notaufnahme in Landsberg. Foto: Robert Klinger, Klinikum Landsberg

    Einen kleinen Lichtblick gibt es dennoch. Bereits im Frühjahr 2023 soll eine Station für Akutgeriatrie unter Leitung von Maximilian Helber einen Unterschied machen. 20 Betten wurden bewilligt, um eine ganzheitliche medizinische und pflegerische Versorgung von älteren und sehr alten Menschen mit plötzlich auftretenden Erkrankungen oder Verletzungen zu gewährleisten. Die Patienten werden von einem Team aus verschiedenen Disziplinen und in enger Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst stationär behandelt und betreut. Ziel ist die Linderung der akuten Symptome, eine größtmögliche Wiederherstellung der Selbstständigkeit und die Rückkehr der Betroffenen in ihre vertraute Umgebung. "Der Landkreis hat in diesem Fall die demografische Entwicklung richtig eingeschätzt. Es ist notwendig, jetzt damit zu starten", sagt Landwehr. Weitere Betten für die Geriatrie könnten mit dem Aufbau des neuen Gesundheitscampus entstehen, dessen Fertigstellung für 2026 bis 2027 geplant ist. 

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