Weihnachten bedeutet ihm nichts, Geld alles, dem Geschäftsmann Ebenezer Scrooge. Da können sich die fünf weiteren Mitwirkenden der American Drama Group Europe im Landsberger Stadttheater mit gefühlvollen Weisen zu Akkordeon- und Geigenklängen noch so sehr bemühen: Sein Herz bleibt zunächst kalt.
Den für einen Hungerlohn im eiskalten Büro schuftenden Angestellten entlässt er selbst am Weihnachtsabend erst spät nach Hause zur Frau und dem kranken Kind. Neffe Fred kommt gut gelaunt vorbei, um fröhliche Weihnachten zu wünschen und den Onkel für den nächsten Tag zum Weihnachtsessen einzuladen, was Scrooge unwirsch ablehnt. Auch die netten Damen, die tanzend und singend Spenden für wohltätige Zwecke sammeln, werden barsch abgewiesen. Lediglich der Angestellte, der selber kaum was hat, gibt eine Münze.
Drei Geister bringen die Wende
Paul Stebbings und Phil Smith haben die gesellschaftskritische Geschichte, die Charles Dickens 1843 veröffentlichte, unterhaltsam, mit viel Witz und englischem Humor inszeniert. Die Darsteller und Darstellerinnen um den Geizhals Scrooge besetzen mehrere unterschiedliche Rollen – und dies mit nonchalanter Leichtigkeit. Bei den ständigen Kostümwechseln passiert es schon mal, mit oder ohne Absicht, dass die Kopfbedeckung noch zum vorherigen Outfit gehört.
Ungerührt von der allgemeinen Weihnachtsstimmung geht Scrooge alleine nach Hause. Dort angekommen, sieht er plötzlich in der Tür das Antlitz seines vor sieben Jahren an Weihnachten verstorbenen Geschäftspartners Marley, der ihm um Mitternacht erneut erscheint. Schrecklich sieht der aus. Mit einem Geldschrank um den Kopf prophezeit er Scrooge, auch zu einer gequälten Seele verdammt zu sein, wenn er sein Leben nicht ändere. Dazu kündigt er ihm den Besuch von drei Geistern noch in derselben Nacht an.
Das muntere Ensemble bekommt viel Applaus
Eine turbulente Geisterstunde nimmt ihren Lauf. Mit dem „Geist der vergangenen Weihnacht“ lassen die Mitwirkenden berührende Szenen aus Scrooges Kindheit und Jugend wieder aufleben. Der „Geist der diesjährigen Weihnacht“ führt ihm das berührend gespielte, kleine Familienglück seines Angestellten vor, der Weihnachten zwar in Armut, aber freudvoll feiern kann. Vom „Geist der zukünftigen Weihnacht“ mit seiner Endlichkeit konfrontiert, sieht Scrooge seinen eigenen Grabstein. Doch es ist niemand da, der um ihn trauert. Schlimmer noch, die zerlumpten Menschen aus den düsteren Armenvierteln führen ihm in beeindruckenden Szenarien seine Unbeliebtheit vor Augen. Den Zukunftsgeist will Scrooge auf keinen Fall gewinnen lassen und eher der wunderschön geschmückten Weihnachtsfrau folgen, die für „Godness, Kindness und Happyness“ zuständig ist.
Er beschließt, sich und sein Leben zu ändern. Wie ausgewechselt erwacht er am nächsten Morgen, steigt lachend aus seinem Bett aus. Flugs lässt er den größten und teuersten Truthahn der Stadt besorgen und schenkt ihn mit den allerfreundlichsten Weihnachtsgrüßen der Familie seines Angestellten. Das Ungetüm, in Umfang und Material einem Kartoffelsack gleichend, sorgt für Lacher und Szenenapplaus. Die Einladung zum Weihnachtsessen seines Neffen nimmt er freundlich an und füllt die Büchsen der Spendensammlerinnen.
Weihnachten ist gerettet. „God bless us everyone“, lautet das Credo. Das überwiegend junge Publikum im vollbesetzten Stadttheater sparte nicht mit Beifallskundgebungen für ein munteres Ensemble, das ihnen mit einer der bekanntesten Weihnachtsgeschichten viel Freude bereitet hatte.
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