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Landsberg: Vortrag: So gelingt das Autofahren im Alter und mit Demenz

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Vortrag: So gelingt das Autofahren im Alter und mit Demenz

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    Im höheren Alter bauen viele Menschen körperlich ab und darunter leidet mitunter auch die Fahrtüchtigkeit.
    Im höheren Alter bauen viele Menschen körperlich ab und darunter leidet mitunter auch die Fahrtüchtigkeit. Foto: Wolfram Kastl/dpa (Symbolbild)

    „Ab 30 geht’s bergab! Da muss man sich im Klaren sein“, erklärt Stefan Kandler, Fahrlehrer und Personal Coach für Auto- und Motorradfahrer. Die rund 50 Zuhörer im Raum lachen, denn sie sind im Durchschnitt alle über 60 Jahre alt. Im Frühjahr begleitete unsere Redaktion Kandler bereits bei einem Fahr-Fitness-Check. Diesmal hält der Fahrlehrer im Landsberger Landratsamt einen etwa einstündigen Vortrag über das Fahren im Alter und mit Demenz.

    Dabei beginnt Kandler mit Statistiken, Daten und Fakten. Für sicheres Autofahren sind sowohl mentale als auch körperliche Fähigkeiten notwendig. Mit dem Alter nehmen diese jedoch ab. „Wenn man glaubt, das geht irgendwas bei 60, 70, 80 los, dann täuscht man sich ganz gewaltig“, betont der Personal-Coach. Schon vor dem 30. Geburtstag verlängert sich die Reaktionszeit. Ab 40 Jahren verschlechtert sich zunehmend die Sehkraft und ab 50 die Hörkraft. Individuell entwickelt sich die körperliche Mobilität, die zum Beispiel für den Schulterblick benötigt wird, ebenso wie die geistige Fitness. Hier beginnt der Abbau ebenfalls mit zunehmendem Alter.

    Fast die Hälfte der Geisterfahrer ist älter als 65 Jahre

    „Wir werden immer älter, die älteren Verkehrsteilnehmer werden immer mehr und somit auch statistische öfter in Unfälle verwickelt und sind meist auch Hauptunfallverursacher“, erklärt der Experte. Auch bei den Geisterfahrern wird das Problem offensichtlich: Fast die Hälfte ist älter als 65 Jahre. Wichtig ist es dem Fahrlehrer hier hinzuzufügen, dass Seniorinnen und Senioren nicht das Hauptproblem im Straßenverkehr sind. Schwere Verkehrsunfälle werden primär von den unter 25-Jährigen verursacht. Das „rabiate Fahren“, wie das Nichteinhalten von Sicherheitsabständen und überhöhte Geschwindigkeiten, ist besonders häufig bei Menschen im mittleren Alter, also zwischen 40 und 60 Jahren, verbreitet.

    Der Fahrlehrer Stefan Kandler referierte im Landratsamt zum Thema Fahren im Alter und mit Demenz.
    Der Fahrlehrer Stefan Kandler referierte im Landratsamt zum Thema Fahren im Alter und mit Demenz. Foto: Sarah Schöniger

    Als Kandler die häufigsten Fahrfehler älterer Menschen aufzählt, könnten sich deshalb eigentlich alle Autofahrer angesprochen fühlen. Oft beobachte er Mängel in der Lenkradhaltung, insbesondere beim einhändigen Fahren, oder in der richtigen Spiegeleinstellung. Wer gewohnte Strecken fahre, habe meist einen zu „minimalistischen Blick“, um auf neue Situationen angemessen zu reagieren. Kurven werden geschnitten. Schulterblicke und das Blinken beim Abbiegen werden falsch ausgeführt oder ganz vergessen.

    Bei den auffälligen Verhaltensweisen könnten sich viele Autofahrer ebenfalls angesprochen fühlen. Dazu zählen übertriebene Hektik, abrupte Reaktionen, Unruhe und Ungeduld sowie das Fluchtverhalten, das Stefan Kandler zufolge im Alter zunimmt.  Dies zeige sich zum Beispiel, wenn ein Fahrradfahrer vor einem fährt: „Es gibt kaum Autofahrer, die gewillt sind, 20 Sekunden dahinter zu bleiben. Die müssen vorbei am Radfahrer, koste es, was es wolle.“ Als großes Problem benennt er auch eine Monotonie im Tempo. „Wo 100 erlaubt ist auf der Landstraße, da fährt man nur mit 70. Dann kommt das gelbe Ortsschild. Dann fährt man mit 70 in die Ortschaft rein“, beschreibt es der Fahrlehrer. „So ist man ein Verkehrshindernis und gegen die Straßenverkehrsordnung. Man muss mit dem Verkehr mitschwimmen können.“

    „Die Einschätzung des Arztes ist das A&O“

    Aber was rät er nun Seniorinnen und Senioren, um das Fehlerrisiko zu verringern? Einerseits sollten sie die Fahrbedingungen berücksichtigen. Wenn möglich, sollte man nicht zu Stoßzeiten, bei Dunkelheit oder schlechtem Wetter fahren. Andererseits sollte man auf das Fahrzeug selbst achten. Er empfiehlt Elektro- oder Automatikautos sowie moderne Autos mit Assistenzsystemen. Und auch auf sich selbst sollte man achten. Sehhilfen und Hörgeräte sind für eine sichere Fahrt entscheidend. Man sollte sich körperlich fit halten und regelmäßig mit dem Hausarzt oder dem Neurologen über die eigene Fahrtüchtigkeit sprechen. „Die Einschätzung des Arztes ist das A&O“ betont Kandler.

    Wichtig sei die Einsicht, dass es nicht darum gehe, älteren Fahrern den Führerschein zu entziehen, sondern ihre Mobilität so lange wie möglich zu erhalten. Denn trotz beginnender Demenz oder nach einem Herzinfarkt kann die Fahrtüchtigkeit durch die richtige Medikation und Betreuung bestehen bleiben. Zudem könne man einen ADAC-Fahr-Fitness-Check absolvieren. Hierbei erfolgt eine professionelle Einschätzung der persönlichen Fähigkeiten mit Tipps und Ratschlägen. „Ich bin immer für die Menschen eingestellt, dass die noch weiterfahren können, aber es muss natürlich im Rahmen des Vertretbaren sein“, erklärt Kandler. Verbindlich ist die Empfehlung des Prüfers nicht. Trotzdem rät er dazu, sich lieber früher als später mit geeigneten Alternativen für den Erhalt der Mobilität auseinanderzusetzen. Wenn man frühzeitig auf öffentliche Verkehrsmittel, (Senioren-)Taxis, Fahrgemeinschaften oder Seniorenmobile setzt, habe man bereits die richtigen Strategien parat, um auch ohne eigenes Auto von A nach B zu gelangen.

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