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Landsberg: Die Vespa-Fans pilgern nach Landsberg

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Die Vespa-Fans pilgern nach Landsberg

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    Beim Open Day im SIP Scootershop in Landsberg war eine Menge geboten.
    Beim Open Day im SIP Scootershop in Landsberg war eine Menge geboten. Foto: Thorsten Jordan

    Es knattert laut und raucht gewaltig. Beim "Duft" von frisch verbranntem Zweitakt-Öl kommen Vespa-Fans auf Touren. "Ein unbeschreibliches Gefühl, das riecht nach Sommer. Da werden Jugenderinnerungen wach", schwärmt Ralf Jodl, der den Open Day, also den Tag der offenen Tür, seines Landsberger Vespa-Bauteilevertriebs "SIP Scootershop" am Samstag organisierte. Es treffen sich Hunderte Liebhaberinnen und Liebhaber des italienischen Gefährts aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland auf dem Firmengelände. Und auch in der Stadt sind viele Rollerfahrer unterwegs.

    "Hardcore-Tuner" und Oldtimer-Freunde

    An zwei Ständen dreht sich alles um das Thema Tuning. Es gebe zwei Lager von Vespa-Fahrer, erläutert Jodl. Diejenigen, die die historischen Roller aus den 1950er- bis 1970er-Jahren fahren und bestenfalls nur mit Originalteilen aus der Zeit reparieren, und diejenigen, die ihre Kisten aufmotzen. Wobei Letztere "Hardcore-Tuner", wie Jodl diese nennt, nicht in der Mehrheit seien. "Da kommt es schon mal vor, dass jemand aus einer 3,5-PS-Vespa eine mit 90 PS macht. Die geht dann richtig ab." Für solche gebe es eigens von Tuning-Firmen entwickelte Motoren und Getriebe zu kaufen, sagt Jodl. "Aber meins sind die Tuning-Roller eher nicht. Ich mag es lieber klassisch." 

    Alexander Barth (links) und Ralf Jodl sind die Gründer des SIP Scootershops Landsberg.
    Alexander Barth (links) und Ralf Jodl sind die Gründer des SIP Scootershops Landsberg. Foto: Thorsten Jordan

    Der Trend gehe hin zu historischen Rollern, die auch mal Kratzer und Beulen haben dürfen, sagt Vespa-Fachmann Jodl. "Hochglanz ist nicht mehr in. Es geht so weit, dass die Leute mit Lösungsmitteln neue Lackschichten wegätzen, um den Originallack freizulegen. Das ist in manchen Fällen fast eine archäologische Arbeit." Eine gebrauchte, fahrtüchtige Vespa ohne viel Schnickschnack koste ungefähr ab 3.000 Euro. Aber je nach Modell und Baujahr könne der Preis schnell steigen. "Letztes Jahr wurde eine in einem Auktionshaus für über eine halbe Million versteigert."

    Lebensgefühl Vespa

    Vespa sei nicht nur ein Roller, sondern auch ein Lebensgefühl, sagt Jodl. "Das erste Mal, als ich mit 16 Jahren auf einer gesessen bin, habe ich pure Freiheit verspürt." Ein anderes Motorrad sei für ihn nie infrage gekommen. "Vespa ist mir sympathisch. Und es ist auch entschleunigend, weil man tendenziell langsamer unterwegs ist. In der Gruppe zu fahren macht am meisten Spaß." Das Besondere für ihn an der Vespa sei auch der Durchstieg in der Mitte. "Das erlaubt mir Beinfreiheit und es hat auch mal ein Bierkasten Platz."

    Das sieht auch Hans Appel, Präsident des Vespaclubs München, so. Seine Vereinsfreunde und er sind mit einem Infostand beim Tag der offenen Tür vertreten. Der Klub existierte seit 1951, wurde aber 2011 aufgelöst. Appel und Co. haben ihn 2012 wiederbelebt und feiern heuer ihr Zehnjähriges. 34 aktive Mitglieder hat der Verein mittlerweile, der sich immer wieder zu gemeinsamen Touren zum Ammersee oder Starnberger See verabredet. "Im Sommer brechen wir zur Tour nach Italien auf", berichtet Jodl. 

    Ein richtiges No-Go gibt es für Appel bei Vespas nicht - außer dass seiner Meinung nach eine Vespa ein Schaltgetriebe haben sollte. "Ansonsten ist es ein Hobby wie jedes andere. Jeder sollte mit seiner Vespa machen, was er möchte." Der Münchner Klub trifft sich auch mit anderen Vereinen und tauscht dann Stoffbanner mit Vereinslogo aus - so wie eine Fußballmannschaft vor dem Spiel Wimpel. 

    Der Münchener Vespa-Club war mit einem Stand in Landsberg vertreten.
    Der Münchener Vespa-Club war mit einem Stand in Landsberg vertreten. Foto: Thorsten Jordan

    Auch wenn Vespas mit ihren Abgasen viel "Dreck" machen - in gewisser Weise sind sie dennoch nachhaltig. Ralf Jodl erklärt: "Man muss das ganzheitlich sehen, das meiste CO₂ entsteht ja bei der Produktion." Viele Vespas seien 70 Jahre alt und mehr. Und einige von ihnen würden vielleicht noch mal so lange halten." Die Italiener bauen sehr wertige Roller, nichts aus Plastik. Das ist meiner Meinung nach schon nachhaltig." 

    Alte Vespas werden zum E-Roller umgebaut

    Lorenz Fischer hat für sein Start-up MEM Motors aus Sinzing bei Regensburg beim Open Day einen Infostand aufgebaut. Fischer baut Vespas zu E-Rollern um. "Uns gibt es erst seit drei Monaten und die Nachfrage ist riesig." Derzeit gebe es zwei Ausführungen, die eine Reichweite von 50 beziehungsweise 75 Kilometern erlaubten, sagt Fischer. "Im Normalfall braucht man ja im Alltag auch nicht mehr. Nicht jeder will mit einer Vespa eine Weltreise machen." 

    Vespas und Vespa-Fans aus ganz Europa kamen nach Landsberg.
    Vespas und Vespa-Fans aus ganz Europa kamen nach Landsberg. Foto: Thorsten Jordan

    Grundsätzlich könne so gut wie jede alte Vespa zu einem E-Roller umfunktioniert werden. Fischer hat mit seinen Kollegen ein Umrüst-Kit entwickelt, welches ungefähr 5000 Euro kostet. Unter dem Sitz, dort ,wo normalerweise der Tank ist, hat der Akku Platz. Diesen kann man auch herausnehmen und zum Beispiel im Wohnzimmer laden. Und am Rad selbst ist ein Elektroantrieb in der Speiche verbaut. "Optisch sieht man kaum einen Unterschied zu einer Vespa mit Verbrenner. Aber das Fahrgefühl ist ganz anders." Man fliege wegen der direkten Beschleunigung fast über den Asphalt. Ein Besucher, der von einer Probefahrt auf einem umgebauten Flitzer zurückkommt, legt seinen Helm ab und ruft: "Einfach nur geil!"

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