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Landsberg: Quartier-Pflege in Erpfting: Werden die anderen Stadtteile übergangen?

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Quartier-Pflege in Erpfting: Werden die anderen Stadtteile übergangen?

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    Insbesondere Senioren sollen von der "Quartier-Pflege" profitieren. Das Konzept wird im Landkreis Landsberg in Erpfting und Geltendorf erprobt.
    Insbesondere Senioren sollen von der "Quartier-Pflege" profitieren. Das Konzept wird im Landkreis Landsberg in Erpfting und Geltendorf erprobt. Foto: Sven Hoppe/dpa

    Der Landkreis Landsberg möchte dem Pflegenotstand mit dem Konzept "Quartier-Pflege" begegnen. Dabei sollen haupt- und ehrenamtlich tätige Personen aus der Nachbarschaft insbesondere ältere Menschen unterstützen. Erprobt werden soll das ganze unter anderem im Landsberger Ortsteil Erpfting. Bedenken kommen aus der CSU-Fraktion im Stadtrat.

    Das vom gemeinnützigen Verein „Gesellschaft für Gemeinsinn“ (Sitz in Leipzig) entwickelte Modell wurde bereits im Sozialausschuss vorgestellt. Pro Pflegefall müssten sich demnach drei bis sechs Nachbarinnen und Nachbarn engagieren. Die Koordination und fachliche Begleitung erfolgt durch hauptamtliches Personal. Um anspruchsvolle pflegerische Tätigkeiten würden sich professionelle Pflegekräfte kümmern. Nachbarinnen und Nachbarn könnten sich je nach Wunsch und Tätigkeiten ehrenamtlich, in Teilzeit oder in Vollzeit engagieren, angestellt oder freiberuflich. Den Haushalt der Stadt würde es für die Jahre 2024 und 2025 mit 36.000 Euro und für das Jahr 2026 mit 48.000 Euro belasten. Auch Geltendorf ist im Kreis Landsberg Pilot-Gemeinde.

    Hettmer vermisst die Abstimmung unter den Landsberger Ortsteilen

    CSU-Rat und Haushaltsreferent Christian Hettmer sagte angesichts des Pflegenotstands: "Dass wir mit voller Wucht auf ein Problem zu rauschen, ist bekannt." Dennoch wolle er eine Diskussion anstoßen. Grundsätzlich hält er die Idee hinter der "Quartier-Pflege" für begrüßenswert. Allerdings seien generell nicht die Kommunen in der finanziellen Pflicht, sondern Bund und Länder. 

    Hettmer bezog sich auf die Sitzungsunterlagen, als er seine eigene Berechnung vorstellte: Demnach könnten - bei einer entsprechenden Ausweitung - bis zu 400.000 Euro in den ersten fünf Jahren fällig werden, und zwar für eine freiwillige Leistung. Dabei habe die Stadt schon jetzt große Nöte, ihre laufenden Ausgaben durch laufende Einnahmen zu decken, und die Hilfestellung bewege sich in einem "überschaubaren Rahmen". Seniorenmanagerin Irene Bleicher berichtete im Sozialausschuss von drei Personen in Erpfting, die aktuell dringend Hilfe bräuchten, aber von ambulanten Pflegediensten abgelehnt würden, weil Personal fehlt. 

    Laut Dr. Florian Kiel, Vorsitzender des Vereins „Gesellschaft für Gemeinsinn“, spiegeln die im Haushalt veranschlagten Summen auch die tatsächlichen Kosten für die Stadt wider. Bei einer Berechnung von 400.000 Euro über fünf Jahre werde die Einnahmenseite komplett vernachlässigt, sagt er. Die Einnahmeseite umfasse etwa die Akquise von Fördermitteln sowie die Abrechnung der erbrachten Leistungen über die Pflegeversicherung. Das Konzept "Quartier-Pflege" ermögliche Kommunen, sich in der Pflege zu engagieren, "ohne fürchten zu müssen, auf den Kosten sitzenzubleiben", so Kiel.

    Verstimmt zeigte sich der Reischer Ortssprecher Hettmer darüber, dass die anderen Stadtteile nicht gefragt worden seien, ob entsprechende Strukturen aufgebaut werden sollen. "Früher haben wir uns unter den Ortsteilen eng abgestimmt, das ist aber zum Erliegen gekommen." Er frage sich, ob die vierfachen Kosten in Kauf genommen würden, wenn auch in Ellighofen, Pitzling und Reisch Interesse an dem Konzept bestünde.

    In Erpfting gibt es bereits eine Seniorenmanagerin

    Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl (UBV) verwies auf die bestehenden Strukturen in Erpfting, wo es eine Seniorenmanagerin gibt. "Irgendwo müssen wir starten", sagte sie. Für Dieter Völkel (SPD) wäre es ein "Schlag gegen den Gemeinschaftssinn und die Nachbarschaftshilfe in Erpfting", sollte das Projekt nicht umgesetzt werden. In den Augen von Hans-Jürgen Schulmeister (Landsberger Mitte) wäre die einzige Alternative, nichts zu tun - und das wäre fatal. Wenn der Versuch funktioniere, sollte er in den anderen Ortsteilen und in der Stadt weitergeführt werden.

    Dass die Durchführung des Pilotprojekts zu kostspielig sein könnte, wollte Jonas Pioch (SPD) nicht gelten lassen. Über Jahre sei die Pflege schlecht bezahlt worden, was zum jetzigen Dilemma geführt habe. "Nichts Neues ausprobieren zu wollen, finde ich schade", sagte Christoph Jell (UBV). Die Sozialstationen hätten sehr wenig Personal. Nachbarinnen und Nachbarn könnten etwa Menschen helfen, die nur zwei bis fünf Stunden Unterstützung in der Woche bräuchten. 

    Petra Ruffing (CSU) befürchtete bereits im Sozialausschuss, dass sich nicht genügend Ehrenamtliche finden werden. Überdies beschäftigten sie auch einige rechtliche Fragen, sagte sie nun. Dem entgegnete Stadtjuristin Petra Mayr-Endhart: "Ich gehe davon aus, dass der Verein sich an die Gesetze hält." Letztlich sprach sich der Stadtrat bei vier Gegenstimmen dafür aus, das Konzept "Quartier-Pflege" in Erpfting umzusetzen. 

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